Ruhrgebiet. Beim Ruhr Cleanup sammeln Samstag Freiwillige x Tonnen Abfall an der Ruhr. Vom Wohnwagen-Wrack bis zur Kippe. „Müll gibt es leider immer genug.“
Das war mal ein Wohnwagen, aber jetzt verteilen sich seine Wrackteile über mehrere 100 Meter an und in der Ruhr. Ein Teil haben sie mit dem Rettungsboot aus dem Wasser geholt, andere schleppen sie zum Container oder fahren sie mit der Schubkarre hin. Die Lebensretter von Linden-Dahlhausen, heute sind sie Saubermacher. Auch richtig.
Überall an der Ruhr, am Rhein und weiteren seiner Nebenflüsse läuft an diesem Samstag der „Rhine cleanup“ - sozusagen die Rheinigung der Wasserläufe und der Ufer von Müll. 2019 hat die Aktion mit tausenden freiwilligen Helfern zum ersten Mal stattgefunden, ist seitdem ständig noch gewachsen. Man wolle, sagen die Organisatoren, „das Bewusstsein schaffen, dass Müll nicht achtlos weggeworfen, oder besser noch, von vorne herein vermieden wird“.
„Wo kann ich denn hier das alte Kissen entsorgen?“
So kommt es also, dass beispielsweise bei der DLRG Linden-Dahlhausen 53 Frauen, Männer und Kinder anpacken, die Kanuten von nebenan sind ebenso dabei wie Anwohner. Im Mittelpunkt des Geschehens: ein Container, der sich zügig füllt. „Wo kann ich denn hier das alte Kissen entsorgen?“ Es trieft noch. „Am meisten sind da Zigarettenkippen“ Guckt man sich an der Sitzbank um, liegen da tatsächlich 20, vielleicht auch 25 Kippen. Im engsten Umkreis. Aber der fest installierte Abfalleimer ist auch mindestens zwei Meter entfernt.
In Bochum sammeln sie ebenso wie in Essen, in Witten, Mülheim, Oberhausen, in Wetter und in Duisburg natürlich, durch das beide Flüsse fließen. 43 Gruppen sind angemeldet an der Ruhr. In der einen Stadt ist es die Ehrenamtsagentur, in der anderen Fridays for Future, in einer dritten vielleicht die SPD und ein Schwimmverein in der vierten. „Müll gibt es leider immer genug“, sagt Eva Winkler vom „Centrum für bürgerschaftliches Engagement“ in Mülheim.
Container füllen sich mit Alltagsabfall und mit Treibgut aus dem Hochwasser
Oder auch der Polizeisportverein, der PSV Ruhr am Kemnader See. „Das ist ein sehr schönes Naturgebiet, und wir wollen unseren Wassersport in einem sauberen Gebiet betreiben. Das ist die Polizei in uns“, sagt der Vorsitzende und Kriminalhauptkommissar Franz Plewka (59).
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Auch hier füllt sich der Container im Lauf der Stunden mit Alltagsabfall und mit Treibgut, das noch aus dem Hochwasser stammt. Weggeworfen, fallengelassen, liegengelassen das eine; fortgerissen, angeschwemmt, hängengeblieben das andere. Kopfkissen und Korbstuhl, Glas- und Plastikflaschen, Bonbonpapier, Kronkorken, Radkappen, Obstschalen. Masken natürlich.
„Man entwickelt schnell einen gewissen Ehrgeiz“
Christina Scholten, ihr Mann und ihr Sohn (3) sind keine Polizeisportler, haben sich aber dem Ruhrputz heute freiwillig angeschlossen. Ihnen geht es um den Schutz der Umwelt. „Es ist schön, in der Natur zu sein, und man entwickelt schnell einen gewissen Ehrgeiz“, sagt die Öffentlichkeitsarbeiterin aus der IT-Sicherheit. Frau Scholten, was sagen Sie denn zu dem Argument, dass man nicht anderen Leuten den Müll wegräumen soll? „Kann man so sehen“, sagt sie, „aber der Müll ist ja trotzdem da.“
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Am Sonntag wollen die Organisatoren Bilanz ziehen. Sie hieß im letzten Jahr: 320 Tonnen Müll gesammelt. „Die Menschen haben es begriffen“, sagt der Initiator Joachim Umbach mit der Fabulierkunst des langjährigen Journalisten: „Das ist zwar nicht ihr Müll, aber unser Planet.“