Essen. Psychisch krank ist er, hört Stimmen. Jetzt steht der Essener wegen dreifachen Mordversuchs vor dem Landgericht.

Ein schmächtiger Mann sitzt am Freitag vor dem Essener Schwurgericht. Den Richtern kann er nicht in die Augen schauen, aber das liegt an seinem Krankheitsbild. Dreifachen Mordversuch wirft die Staatsanwaltschaft dem 36 Jahre alten Essener vor. Aber auch sie stuft Björn J. als schuldunfähig ein, weil er seit etwa 15 Jahren an einer paranoiden Schizophrenie leide. Sie will, dass er wegen der von ihm ausgehenden Gefahr auf nicht absehbare Zeit in eine geschlossene psychiatrische Klinik kommt.

Seit mehreren Jahren wohnt er im Essener Stadtteil Frohnhausen im Markus-Haus, einem Heim der Diakonie für psychisch Kranke. Rund 50 Menschen leben in der Einrichtung. Dort kommt es am 21. Januar zu den Taten.

Innere Stimmen gehört

Es ist für alle eine Entladung aus heiterem Himmel, weil Björn J. bislang keinesfalls als aggressiv galt. Oft geht er in gebeugter Haltung über die Flure. Die Mitarbeiter wissen, dass er dann wieder mit seinen inneren Stimmen kämpfen dürfte, die er seit Jahren hört. Und er ist bekannt dafür, dass es ihm nicht möglich ist, einem anderen Menschen in die Augen zu schauen.

Das ändert sich am Nachmittag des 21. Januar schlagartig. Um 16.30 Uhr steht er in der Tür des Büros einer Sozialarbeiterin, blickt ihr in die Augen. Sie war gerade dabei, den Raum zu verlassen, registriert diese Änderung sofort. "Du kannst ja gucken", ruft sie überrascht. Da hebt er seine Hand mit dem Messer, heißt es in der Antragsschrift, drei Schnittverletzungen versetzt er ihr. Als sie an ihm vorbei aus dem Büro flüchtet, verletzt er sie auch noch am Rücken.

Sozialarbeiterin stürzt Treppe hinunter

Die Sozialarbeiterin stürzt die Treppe hinunter in den Eingangsbereich und ruft dem Pförtner zu, er solle die Polizei rufen. Dann rettet sie sich in einen anderen Raum.

In diesem Moment kommt ein anderer Mitarbeiter in die Nähe des Beschuldigten. Er geht an ihm vorbei, bekommt laut Staatsanwaltschaft drei Stiche von hinten in Hals und Schläfe. Er ist lebensgefährlich verletzt, schafft es aber noch zu fliehen.

Opfer nach Stich in den Hals querschnittsgelähmt

Es sind dramatische Szenen, die sich in dem Diakonie-Heim abspielen. Zwei Mitarbeiter kommen hinzu, einer bewaffnet mit einem Tischbein. Doch sie können nicht verhindern, dass Björn J. einen Mitbewohner des Hauses, der wegen des Lärms aus seinem Zimmer kommt, ebenfalls lebensgefährlich verletzt. Von hinten soll er ihm das Messer in den Hals gestochen und dabei die Wirbelsäule fast durchtrennt haben. Heute sitzt der Mann im Rollstuhl, querschnittsgelähmt.

Mittlerweile ist die Polizei eingetroffen. Mit gezogenen Pistolen drängen die Beamten Björn J., das Messer aus der Hand zu legen und sich zu ergeben. Er folgt der Aufforderung.

Mit Aids vergiftet

Bei der Vorführung zum Haftbefehl erklärt er nachher sein Motiv. Die Mitarbeiter dort hätten ihn mit Aids vergiftet, ist er sich sicher. Er habe sie angegriffen, damit sie ihn zurück ermorden, so drückt er das aus. Und er erläutert noch, was ihm alles fehle: Geist, Seele, Psyche.

Was also tun mit dem Mann, der sonst in seinem Heimzimmer so gerne das Aquarium mit den Piranhas betrachtet hatte? In einem vorläufigen Gutachten ist der psychiatrische Sachverständige Sven Kutscher zu der Einschätzung gekommen, dass Björn J. an einer dauerhaften paranoiden Schizophrenie leide. Er spricht von einem ausgeprägten Vergiftungs- und Verfolgungswahn, von inneren Stimmen. Künftiges aggressives Verhalten sieht der Gutachter als wahrscheinlich an.

Ein wenig Einsicht zeigt der Beschuldigte immerhin. Nach der Aussage der Sozialarbeiterin vor Gericht entschuldigt er sich am Freitag bei ihr: "Ich habe Mist gebaut. Das ist schiefgelaufen. Es tut mir leid." Fünf Prozesstage hat die Kammer angesetzt.