Ruhrgebiet. Ab Montag soll der digitale Impfpass in Apotheken erhältlich sein. Den Apothekern im Ruhrgebiet bereitet vor allem die Technik Sorgen.
Ab Montag ist der digitale Impfpass bundesweit in Apotheken erhältlich. Menschen, die vollständig gegen Corona geimpft sind, können ihren Impfschutz dann auch per Smartphone nachweisen. Den Apothekern im Ruhrgebiet bereitet der unvorbereitete Start jedoch Sorge. So hätten sie bislang keine Möglichkeit gehabt, das System zu testen. „Wir hoffen, dass die Menschen nicht alle direkt am ersten Tag kommen“, sagt Robert Sibbel, Sprecher der Apotheken in Herne.
Digitaler Impfpass: Ausstellung bedeutet „hohen zusätzlichen Aufwand“
„Etwa jede vierte Apotheke“, schätzt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, werde ab Montag den digitalen Impfpass ausstellen. Das heißt: ungefähr genauso viele, wie sich an der Durchführung der Bürgertests beteiligt hätten. „Die Ausstellung des Impfpasses bedeutet einen hohen zusätzlichen Aufwand, personell wie technisch“, gibt Preis zu bedenken.
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Unter anderem müssten die Daten des Geimpften manuell eingegeben werden, was einen nicht unerheblichen Zeitaufwand bedeute. „Viele Apotheken werden wahrscheinlich, wie bei den Schnelltests, ein Online-Terminbuchungssystem einrichten“, so Preis. Gerade für den Beginn der Aktion bittet er daher um Geduld: „Es ist gut möglich, dass einige Apotheken erst zu einem späteren Zeitpunkt einsteigen können.“
Dass es den digitalen Impfpass „nicht nur am Montag“ gibt, darauf weist auch Apotheker Robert Sibbel hin. Der gelbe Pass aus Papier sei zudem weiterhin „eine Eintrittskarte zu vielen Freiheiten“. Und dennoch rechne er am Montag mit einem Ansturm. Zwar bekämen den digitalen Impfpass bisher nur Menschen mit vollständigem Schutz, also Personen, deren zweite Corona-Impfung mindestens 14 Tage her ist. Aber: Allein in Nordrhein-Westfalen haben mehr als 4,4 Millionen Menschen (Stand Donnerstag) die zweite Impfung schon erhalten.
Start am Montag: Technik-Probleme bereiten Apothekern Sorgen
Damit Apotheker den digitalen Impfpass ausstellen können, müssen sie sich auf einer Plattform registrieren, erklärt Sibbel. Daten wie Name, Geburtsdatum, der Impfstoff sowie die Termine der Erst- und Zweitimpfung würden händisch in eine Maske eingetragen und anschließend an das Robert-Koch-Institut (RKI) übermittelt. Im Anschluss erhalte der Apotheker vom RKI den für den digitalen Impfpass benötigten QR-Code.
Das Problem: „Wir wissen nicht, wie lange es dauert, bis das RKI den Code übermittelt“, sagt Robert Sibbel, der für den Start am Montag in seiner Apotheke in Herne extra einen Schalter eingerichtet hat. Auch etwaige Serverprobleme bereiten dem Pharmazeuten Sorgen. „Wenn jeder Vorgang 15 Minuten dauert, dann weiß ich nicht, wie wir das abgearbeitet kriegen sollen. Der normale Betrieb muss ja weiterlaufen.“
Von einer „riesigen Herausforderung“ spricht daher auch der Sprecher der Duisburger Apotheken, Christoph Herrmann – und bittet um Nachsicht, „wenn technisch nicht alles sofort klappt“. So bleibe bis Montag viel zu wenig Zeit, um das „hochkomplexe System“ zu testen.
Impfpass: Apotheken können Zeitaufwand kaum einschätzen
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Rolf-Günther Westhaus, Sprecher des Apothekerverbands in Essen, Mülheim und Oberhausen, bereitet sich ebenfalls auf einen möglichen Ansturm vor. Das Interesse, so Westhaus, sei in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. Der Apotheker aus Essen geht daher davon aus, die Impfpässe nicht sofort ausstellen zu können: „Vermutlich werden wir die Daten sammeln und am Abend nach Dienstschluss einpflegen müssen.“
Für den Altkreis Moers prognostiziert Peter Vogt von der Atrium-Apotheke in Duisburg-Hochheide: „Ich denke, dass jeder Zweite mitmacht.“ Die Flora-Apotheke in Kleve ist dabei. „Ich sehe vor allem Fragezeichen“, sagt Martin Messerich. Es habe keinen Probelauf gegeben, er könne den Zeitaufwand kaum abschätzen: Ausweis und Impfdokumente müssen geprüft, die Daten ans Robert-Koch-Institut gemeldet werden – und das Ergebnis in Form eines QR-Codes zurückkommen. Wenn die digitale Infrastruktur hält.
Arztpraxen und Impfzentren stellen vorerst keine digitalen Impfpässe aus
In den Arztpraxen sowie in den Impfzentren können derzeit noch keine digitalen Impfpässe ausgestellt werden. „Viele Softwarehersteller befinden sich derzeit noch in der technischen Entwicklung und Erprobung der Verfahren“, teilt die Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe am Donnerstag mit. Auch müssten noch verschiedene Datenschutzaspekte geklärt werden.
„Die Hausärzte sind offen für den Einsatz, aber eine unbürokratische und technisch einfache Lösung ist zwingend notwendig“, sagt eine Sprecherin des Hausärzteverbandes Nordrhein. Der Aufwand für die Praxen müsse möglichst gering sein. Bis Mitte Juli soll eine technische Lösung bereitstehen, die das Ausstellen der Impfzertifikate direkt aus dem Praxisverwaltungssystem ermöglicht. „Vorher werden die nordrheinischen Hausarztpraxen keine Zertifikate mit QR-Code ausstellen“, erklärte die Sprecherin.
Menschen, die im Impfzentrum ihre zweite Corona-Impfung erhalten haben, sollen nach Planung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein ihren digitalen Impfpass per Post erhalten. Über den darin stehenden QR-Code könnten die Daten in die dafür vorgesehenen Apps, die Corona-Warn-App oder die CovPass-App, hochgeladen werden. (mit she)