Essen. Ein Essener, der privat in eine Schlägerei mit einem betrunkenen Polizisten verwickelt war, ist vom Amtsgericht freigesprochen worden.
Zum Schluss blieb nicht mehr viel übrig von der Anklage gegen einen 40 Jahre alten Essener, der laut Anklage einen Polizisten geschlagen haben soll. Der Essener Amtsrichter Christian Wittke sprach ihn frei, weil die Beweise nicht ausreichten.
Es war eine feuchtfröhliche Nacht für alle Beteiligten. Der 30 Jahre alte Polizist hatte privat in Rüttenscheid gefeiert und nach Mitternacht am 11. Juni vergangenen Jahres in einer Kneipe ein paar Leute kennengelernt. Gemeinsam standen sie am frühen Morgen noch an einer Tankstelle an der Alfredstraße, tranken einen Absacker.
Gemeinsam Absacker getrunken
Gegen fünf Uhr kam der spätere Angeklagte, ein in Essen geborener Mann mit Migrationshintergrund, vorbei. Auch er hatte getrunken - bei seinem in einer benachbarten Straße wohnenden Bruder. Er war auf dem Weg zum Bahnhof, hörte Musik. Da sprach der Polizist ihn an, ob er mit ihnen nicht ein Bier trinken wolle.
Der Angeklagte willigte ein, bot selbst Bier an. Sie plauderten nett, aber irgendwann kippte die Stimmung. Wer dafür verantwortlich war, wer wen zuerst geschlagen hatte, das ließ sich nicht feststellen.
Blutergüsse und abgestorbener Schneidezahn
Für die Staatsanwaltschaft war der Fall zunächst klar. Laut Anklage hatte der 40-Jährige den Polizisten plötzlich und ohne erkennbaren Anlass bedroht. Er werde gleich mit mehreren Leuten zurückkommen: "Du weißt ja nicht, mit wem du dich angelegt hast." Kurz danach sei er mit seinem Bruder und einem Unbekannten zurückgekehrt. Er habe den Polizisten, der sich nur verteidigt haben soll, mehrfach mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen. Ein abgestorbener Schneidezahn und Blutergüsse im Gesicht waren die Folge.
Vor Gericht wehrte der Angeklagte sich. Nicht er habe angefangen, sondern der Polizist. Mit ausländerfeindlichen Sprüchen habe dieser ihn beleidigt und provozieren wollen. Weil er auf seinem geplanten Weg zum Bahnhof weitere Angriffe befürchtet hätte, sei er zurück und habe seinen Bruder geholt. In dessen Begleitung seien sie von dem Polizisten angegriffen worden. Sein Bruder habe dem Mann dann einen Schlag verpasst. Kurz danach sei auch die Polizei gekommen.
Handgelenk gebrochen
Vor Gericht räumte der 44 Jahre alte Bruder den Schlag zur Abwehr ein. Er habe sich dabei sogar das Handgelenk gebrochen. Der Angeklagte hatte demnach mit der Verletzung des Polizisten nichts zu tun.
Was wirklich stimmt, ließ sich nicht mehr rekonstruieren. Der Alkohol trübte das Gedächtnis. Die Begleiter des Polizisten, die damals Abstand gewahrt hatten, offenbarten deutliche Erinnerungslücken. Auch der Polizist hatte nicht alle Einzelheiten parat.
Polizist Falschaussage unterstellt
Schroff reagierte der Beamte als Zeuge auf Versuche von Verteidiger Volker Schröder, ihn in eine ausländerfeindliche Ecke zu stellen. Der Anwalt hatte aus einem Pressebericht zitiert. Danach hatte eine Essener Amtsrichterin Anfang des Jahres dem Polizisten eine Falschaussage unterstellt. In dem Verfahren hatte der 30-Jährige einem dunkelhäutigen Bundeswehrsoldaten Widerstandshandlungen bei einer Kontrolle vorgeworfen. Der Mann wurde aber freigesprochen.
Amtsrichter Christian Wittke ließ sich darauf nicht ein: "Ich beurteile die Glaubwürdigkeit meiner Zeugen selbst, nicht durch andere Verfahren." Allerdings sei auch ihm dieses frühere Verfahren bekannt.
Im Ergebnis hielt er die Aussage des Polizisten im aktuellen Fall nicht für tiefgehend und belastbar. Die Aussage des Angeklagten dagegen sei in sich schlüssig und nicht zu widerlegen: Freispruch.