Ruhrgebiet. Wer Glück hatte und früh aufgestanden ist, hat einen Corona-Selbsttest ergattert, noch bevor die Städte kostenlos testen. Und so geht’s.

Es kann ja nichts sein, so vorsichtig und immer nur zuhause. Und plötzlich zittern doch die Finger mit dem langen, dünnen Stäbchen in der Hand. Der erste Corona-Selbsttest, man will ja alles richtig machen.

„Bitte nehmen Sie sich beim ersten Lesen der Anleitung (...) etwa 30 Minuten Zeit!“ So steht es in der Packungsbeilage, und die ist zwei Din-A-4-Seiten lang. Text auf der einen, Bildchen auf der anderen Seite. Was zuerst? Erstmal wissen, was das hier eigentlich ist: ein „immunologisches Verfahren zum qualitativen Nachweis von Corona-Virusbestandteilen in menschlichen Nasenabstrich-Proben“. Zu 98 Prozent sicher, wirbt der Hersteller, bewertet in einer Studie mit 157 positiven und 222 negativen Proben.

Zwei Seiten Anleitung für einen Corona-Test

Bei Aldi gab es am Dienstag wieder Selbsttests zu kaufen. Erwartet werden jetzt täglich neue Lieferungen.
Bei Aldi gab es am Dienstag wieder Selbsttests zu kaufen. Erwartet werden jetzt täglich neue Lieferungen. © AFP | LEON KUEGELER

Also dann, auspacken! „Bevor Sie anfangen, schnäuzen Sie bitte die Nase und waschen Sie Ihre Hände!“ Erledigt. Vorsichtshalber machen wir das mit dem Händewaschen nach dem Auspacken noch mal, da ist nämlich viel zu packen. Das Stäbchen in fester Metallhülle, der Test (zuerst bereitlegen!) ebenso. Das Probenröhrchen mit einem winzigen Bisschen klarer Flüssigkeit darin, ein roter Deckel drauf. Und ein Teil der Pappverpackung dient als „Halterung“, man muss ihn nur erst falten. Das wird jetzt ein bisschen Origami.

Ist aber praktisch, wenn das Röhrchen erst geöffnet ist: wohin sonst damit, während das Stäbchen sich auf die Nase konzentriert? Zumal auch das erst aus der Plastikhülle geschält werden will, öffnen nur an einer Seite! An der anderen ist die Watte, und die muss jetzt in die frisch geputzte Nase. „Eine vollständige und bebilderte Durchführung“ steht auf der Rückseite.

Von dort schauen zwei grafische Gesichter nebst Nasen- und Rachenraum in Rosa. Erst links, dann rechts, aber wahrscheinlich ist die Reihenfolge egal. Also erst das große Nasenloch, die Scheidewand ist schief. Zweieinhalb Zentimeter soll das Teststäbchen in die Nase, wie weit ist das? Man hat ja keinen Zollstock im Gesicht. Also rein damit, bis die Augen tränen und fünfmal „an der Nasenschleimhaut entlang rollen“. „Nur noch zweieinhalb Zentimeter“ haben sie in der Werbung gesagt. Das ist bei kleinen Nasen ganz schön viel.

Bewegen, mischen, träufeln

Das Equipment: Stäbchen, Test, Röhrchen und viel Lesestoff.
Das Equipment: Stäbchen, Test, Röhrchen und viel Lesestoff. © privat | Annika Fischer

Nun wird’s technisch. Der Stab kommt ins Röhrchen, natürlich mit der Watte nach unten. Eintunken in die Flüssigkeit, das Köpfchen geht darin nicht mal ganz unter. Mindestens 30 bis maximal 45 Sekunden vorsichtig auf und ab bewegen – für die Stoppuhr ist keine Hand mehr frei, also zählen. Dann Mischen: mehrmals im Kreis rühren, das sollte es gewesen sein.

Das Stäbchen soll jetzt entsorgt werden, bloß wohin? Es findet einen Platz auf seiner alten Hülle, wir sind ja unter uns. Beim Herausziehen wird das Plastik-Reagenzchen zusammengedrückt. Das geht gut, es ist ziemlich weich. Am Röhrchen hängt seitlich eine Art Deckel, der kommt mit leichtem Druck nun obendrauf – plöpp und siehe: Er ist gar kein Deckel, sondern eine offene Pipette. Tiefer Seufzer der Erleichterung, wir haben’s gleich.

Roter Streifen mahnt zur Geduld, roter Streifen zeigt das Ergebnis

Maximal 45 Sekunden auf und ab bewegen, danach zum Mischen im Kreis bewegen: das Teststäbchen.
Maximal 45 Sekunden auf und ab bewegen, danach zum Mischen im Kreis bewegen: das Teststäbchen. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Liebevoll wird das Röhrchen gestürzt, drei Tropfen fallen mit leichtem Druck in eine runde Öffnung in der zentimeterkleinen „Testkassette“. Und jetzt: Warten. Ein dicker roter Streifen in der Anleitung mahnt zu 15 Minuten Geduld. Ein dünner roter Streifen erscheint sofort auf dem weißen Kunststofftest. Noch nicht gucken! Aber er leuchtet dort, wo der Hersteller „negativ“ vorsieht: oben.

„Wenn Ihr Testergebnis positiv ist...“

Eine Viertelstunde und einen halben Milchkaffee später immer noch. Die Nase kribbelt, die Hand hat sich beruhigt. Fünf weitere Minuten soll man noch draufschauen, aber es verändert sich nichts. Zwei Streifen wären positiv, es bleibt einer. Puh. „Wenn Ihr Testergebnis ungültig ist“ (kein roter Streifen oder an der falschen Stelle), ist der Test zu wiederholen. „Wenn Ihr Testergebnis positiv ist“, dem Gesundheitsamt melden, einen PCR-Test machen lassen und die ganze Familie isolieren.

„Wenn Ihr Testergebnis negativ ist“ – gibt es nicht. Vom Hersteller nicht vorgesehen. Wir empfehlen: freuen. Aber nicht zu lang. Mindestens sechs Stunden sind Sie jetzt auf der sicheren Seite, vielleicht den ganzen Tag. Aber vielleicht haben Sie sich schon heute Morgen angesteckt, als sie den Test gekauft haben...

Der Beweis: roter Streifen oben bedeutet Negativ.
Der Beweis: roter Streifen oben bedeutet Negativ. © privat | Annika Fischer

>>INFO: HIER BEKOMMEN SIE DIE SELBSTTESTS

Fünf Schnelltests für knapp 25 Euro – bei Aldi waren sie am Dienstagmorgen wieder zu bekommen. Man werde „kontinuierlich“ nachliefern“, sagte eine Sprecherin, im Laufe der Woche wahrscheinlich täglich. Die Drogerien dm und Rossmann konnten den angedachten Verkaufsstart indes nicht einhalten.

Die Drogerieketten hatten zwar in der Vorwoche ebenfalls den Verkauf von Schnelltests angekündigt, wahrscheinlicher Termin: ab Dienstag. Nach Lieferverzögerungen sollen die Kits zum Preis von unter fünf Euro nun „voraussichtlich ab Freitag, 12. März, verfügbar“ sein.