Essen. Laut Anklage hat ein 51-Jähriger ein Zimmer seiner Essener Wohnung für Sex mit Jugendlichen vermietet. Vor Gericht bestreitet er.
Mit drogenabhängigen Jugendlichen soll ein ehemaliger Sozialarbeiter eine Art Bordell im Essener Stadtteil Frohnhausen aufgebaut haben. Der 51-Jährige soll im Internet vor allem 16-, 17-jährige Jungen angeboten haben. In mehreren Fällen habe es aber auch Sex mit einem 13-Jährigen gegeben, heißt es in der Anklage. Zum Auftakt des mit vier Tagen eingeplanten Prozesses bestritt er die Vorwürfe am Montag vor dem Landgericht Essen.
22 Punkte umfasst die Anklage. Von Frühjahr bis zum 4. September 2020 soll der Frührentner Kinder und Jugendliche missbraucht sowie deren Prostitution gefördert haben. Ein Zimmer seiner Wohnung habe er mit einer Massageliege ausgestattet und die Jungen im Internet unter den Stichworten "Massagedienst" oder "Taschengeld" angeboten. Dort habe regelmäßig der sexuelle Kontakt zwischen Kunden und den Jungen gegen Entgelt stattgefunden. Er selbst soll auch Sex mit ihnen gehabt haben.
13-Jährigen "besonders angepriesen"
Einen 13-Jährigen, so heißt es, habe er im Internet "besonders angepriesen". Der Junge hatte bei Pflegeeltern gelebt, hatte diese aber oft für einige Tage verlassen. Schon mit 13 habe er Drogen konsumiert. Wenn der Junge mal wieder ausgerissen war, habe der Angeklagte ihm einen Schlafplatz gewährt. Gegenleistung: Er habe sich prostituieren müssen.
50 bis 70 Euro mussten die Freier im Schnitt für die sexuellen Dienstleistungen zahlen, sagt die Anklage. Manchmal hätten die älteren Jugendlichen direkt mit den Kunden abgerechnet, dann aber 25 Prozent an den Angeklagten zahlen müssen.
Anonyme Anzeige bringt Ermittlung in Gang
Herausgekommen waren die Vorwürfe der Anklage durch eine anonyme Anzeige. Bei einer Hausdurchsuchung danach entdeckte die Polizei das Foto eines Kindes. Sie ermittelten dann, wer fotografiert worden war, und kam so auf den 13-Jährigen. In der Vernehmung bestritt dieser aber alles. Er sei nicht der Junge auf dem Foto.
Offenbar gibt es ein Gutachten, das Ähnlichkeiten zwischen diesem Jungen und dem auf dem Foto untersuchen soll. Wie im Vorfeld zu hören ist, kann es nicht sicher feststellen, dass eine Identität besteht.
Zeit zu reden
Nachdem Verteidiger Marc Grünebaum noch eine etwas längere Erklärung abgibt, erteilt Richter Markus Dörlemann dem Angeklagten das Wort. "Das wird auch Zeit", kommentiert dieser. Er hat sich vorbereitet und seine Gedanken schriftlich fixiert. Im Kern weist er die gesamten Vorwürfe der Anklage zurück. Bereitwillig erzählt er, dass er Sozialarbeit studiert habe. 1999 sei er dann wegen Missbrauch vom Landgericht Bochum zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Danach habe er bei einer sozialen Einrichtung in Essen gearbeitet. Den Job habe er aber 2015 aufgegeben: Burn out, Depressionen. Seitdem sei er Frührentner. Wegen der kleinen Rente vermiete er tatsächlich ein Zimmer an Studenten. Das sei alles.
Den 13-Jährigen will er nicht kennen
Er lässt keinen Zweifel, dass er nicht auf die Anklagebank gehöre: "Ich habe keinen zu irgendwas gezwungen. Ich habe auch keinen vermarktet. Schon gar nicht habe ich als Zuhälter fungiert."
Und zum 13-Jährigen: "Ich kenne ihn nicht. Es gibt keinen 13-Jährigen." Das Foto habe er nicht gemacht. Das sei ihm wohl mal weitergeleitet worden.
Die älteren Jungen, die in der Anklage genannt werden, kenne er aus einer Schwulenkneipe in der Essener City. Mit denen habe er sich angefreundet, in einen sei er auch "etwas verliebt" gewesen. Sex habe es gegeben, und dafür habe er auch mal "Taschengeld" bezahlt. Er habe immer gedacht, die seien über 18 Jahre alt gewesen: "Einer kam mit einem 5er-BMW, ein anderer zeigte mir ein Video, wo er am Steuer eines Autos zu sehen war."