Essen. . Hochkarätige Runde erklärt, warum der Zero-Covid-Ansatz in der EU nicht funktioniert und wann der nächste deutsche Impstoff an den Start geht.

Viele Menschen, die mit dem Start der Impfungen im Dezember große Hoffnungen verbunden hatten, sind mittlerweile wütend und enttäuscht über die verstolperte Umsetzung. Wir hatten unsere Nutzer geben, ihre Fragen zu dem Thema einzusenden.

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In einer Live-Sendung wurden sie von hochkrarätigen Experten beantwortet. Mit dabei: Prof. Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie in Essen, Dr. Friedrich von Bohlen vom Aufsichtsrat des Impstoff-Herstellers Curevac, Dr. Carola Holzner (Doc Caro) Leitende Oberärztin für Notfall-Medizin an der Uniklinik und Impfbotschafterin des Landes NRW sowie Dr. Stefan Steinmetz, Leitender Impfarzt in Essen

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Moderiert wurde die Sendung von Jens de Buhr, Verleger der Deutschen Unternehmer-Börse und Prof. Dr. Jochen Werner, Chef der Uniklinik Essen.

Die wichtigsten Fragen und Antworten aus der Runde:

Hat die EU beim Einkauf des Impfstoffs versagt - oder wer hat Schuld an der jetzigen Situation?

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Der Aufsichtsrat des Impfstoffentwicklers CureVac, Dr. Friedrich von Bohlen, verteidigt den Kurs der Europäischen Union bei der Anschaffung von Impfstoffen: „Die EU hat meines Erachtens alles getan, um genügend Impfstoff zu beschaffen“, sagt von Bohlen beim Impf-Spezial von „19 – die DUB Chefvisite“. „Ich erkenne auch kein Versäumnis Deutschlands, da geschlafen zu haben“, betont er.

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Von Bohlen fordert „Fairness“ bei der Verteilung des Impfstoffs. „Die perfekte Lösung gibt es nicht. Man muss Augenmaß bewahren und an andere Menschen denken“, so von Bohlen mit Blick auch auf afrikanische Länder.

Was bringt eine Zero-Covid-Strategie?

„Die können wir im Sommer wieder aus der Schublade holen“: Der Chefvirologe der Essener Uniklinik, Professor Ulf Dittmer, hält wenig vom Versuch, die Ausbreitung des Coronavirus im Winter komplett zu stoppen. „Das kriegt noch nicht einmal China hin – mit Methoden, die wir hier nicht haben wollen“, sagt er in der Sendung. Gelingen könne es vielleicht in Australien oder Neuseeland, wo gerade Sommer ist.

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Auch Friedrich von Bohlen hält die Strategie für unrealistisch: Dazu bräuchte es „weltweit vier Wochen Shutdown, keiner trifft niemanden“. Das Virus sei zudem wahrscheinlich von Fledermäusen ausgegangen – „und denen können sie das Treffen gar nicht verbieten“. Das Coronavirus „wird nicht wieder weggehen“, so von Bohlen – daher „brauchen wir Medikamente und Therapien“.

Schützen FFP2-Maske und Abstand auch vor mutierten Coronavarianten?

NRW-Impfbotschafterin Dr. Carola Holzner sieht die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske kritisch – diese sei „eigentlich für medizinisches Personal konzipiert, zum Schutz vor Aerosolen“. Wer sie im Alltag trägt sollte vor allem darauf achten, dass sie kein Ventil hat, betont die leitende Oberärtztin der Zentralen Notaufnahme Nord in Essen – und dass die Maske richtig genutzt wird. Brillenträger könnten die Wirksamkeit der Maske leicht überprüfen: „Wenn die Gläser beschlagen, sitzt sie falsch.“

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Ab Montag, 25. Januar, müssen in NRW in Bussen und Bahnen, in Geschäften und in Arztpraxen medizinischer Masken oder FFP2-Masken getragen werden.
Von Matthias Korfmann, Verena Lörsch und Stephanie Weltmann

Virologe Dittmer hält den FFP2-Standard bei Risikopatienten als Eigenschutz für geeignet, eine allgemeine Pflicht aber für „übers Ziel hinausgeschossen“. Der empfohlene Abstand zu anderen sei auch für Mutationen ausreichend: „Bei zwei Metern ist man ziemlich auf der sicheren Seite“, so Dittmer.

Wann kommt die Impfstoffproduktion in Gang?

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CureVac-Aufsichtsrat von Bohlen verweist darauf, dass alle Hersteller zugelassener Impfstoffe „mit Hochdruck arbeiten“, um die Produktion hochzufahren. Die verwendete mRNA sei zwar „deutlich einfacher zu produzieren als Antikörper“, die für herkömmliche Impfstoffen genutzt werden. Aber: Bei den nötigen Zusatzstoffen für das mRNA-Serum wie beispielsweise Nano-Partikeln komme es zu Lieferengpässen „wegen der weltweit hohen Nachfrage“. Wichtig sei, dass die gelieferten Impfstoffe „qualitativ hochwertig seien“, betont er.

In Deutschland ruhen viele Hoffnungen auf dem Curevac-Impfstoff, der Bund war im vergangenen Jahr mit 300 Millionen Euro beim Tübinger Unternehmen eingestiegen. Aber wann kommt das ebenfalls auf der mRNA-Technologie basierende Serum?

Curevac-Aufsichtsrat von Bohlen geht aktuell davon aus, dass für den Impfstoff bis März oder April alle zulassungsrelevanten Daten vorliegen – eine Zulassung wäre dann für April oder Mai möglich.

Und wie wird die Impfkampagne in den Impfzentren nun Fahrt aufnehmen?

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Der Essener Impfarzt Stefan Steinmetz bleibt optimistisch – sagt aber natürlich auch: Wir brauchen mehr Impfstoff. „Mein Team und ich stehen bereit.“ Man werde auch sicherstellen, dass wirklich am Ende jeden Tages alle angefangenen Impfampullen verimpft werden.

So wirkt der Impfstoff von Astrazeneca

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    Wer erforscht, ob Geimpfte das Virus nicht mehr weiterverbreiten?

    „Das wird gerade in Israel geklärt“, sagt Dittmer. Der Entwickler Biontech habe entsprechende Verträge abgeschlossen und erhebe Daten bei der in dem Land rasch fortschreitenden Impfkampagne. Die vielen behandelten Menschen ergäben eine große Datenmenge, die analysiert werden müsse, so Dittmer. Bis ein Ergebnis vorliege, „kann es noch ein bisschen dauern“, so der Virologe.

    Wann können wir uns endlich wieder treffen und umarmen?

    Mit einer konkreten Prognose tun sich die Experten schwer. Impfbotschafterin Holzner setzt vor allem darauf, dass die Impfkampagne „nach dem holprigen Start jetzt Fahrt aufnimmt“. Ihr Wunsch: „Möglichst bald Sonnenschein“, der die Ausbreitung des Coronavirus hemmt – und: „keine Mutationen!“ Stefan Steinmetz, der die Impfkampagne in Essen leitet und dort bereits die Bewohner in 70 von 74 Pflegeheimen mindestens einmal geimpft hat, ist optimistischer. „Ich habe für Mai einen Flug in die USA gebucht“, sagt er. Dort wolle er seinen Enkel besuchen, der drei Jahre alt wird. „Ich hoffe, das klappt“, so Steinmetz.

    Die Sondersendung ist Teil unserer täglichen Videocasts zum Thema Corona: "19 - die DUB Chefvisite".

    Bei „19 – die DUB Chefvisite“ werden von Montag bis Freitag die aktuell wichtigsten Entwicklungen der Corona-Krise in ihren medizinischen und wirtschaftlichen Aspekten diskutiert und eingeordnet – in nur 19 Minuten. Talk-Gast am Montag, den 1. Februar: Fabian Kienbaum, Chef des Bratungsunternehmens Kienbaum International. Die Sendung startet live wie immer um 10 Uhr, via Zoom kann jeder dabei sein:

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