Ruhrgebiet. Wie erlebten Intensivkräfte, Messebauer, Singles, Schüler, eine 99-Jährige und Alleinerziehende das Corona-Jahr? Elf persönliche Geschichten.

Kita-Kind Greta (6) bringt es wohl am besten auf den Punkt: „Ich finde Corona blöd und der Test war bäh!“, sagt das Mädchen im Rückblick auf das Corona-Jahr. Die Pandemie betrifft alle, manche Menschen aber besonders hart. Hier erzählen wir ihre Geschichten.

Intensivschwester: „Jetzt bringst du uns die Seuche nach Hause“

Intensivschwester Beate Gulanowski ist am Ende des Corona-Jahres eigentlich nur noch „kaputt“.
Intensivschwester Beate Gulanowski ist am Ende des Corona-Jahres eigentlich nur noch „kaputt“. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Jeden dritten Tag in diesem Dezember stirbt ihr ein Patient. Jeden dritten Tag sieht Beate Gulanowski, wie ein schwarzer Leichensack durch den langen Flur der Intensivstation getragen wird. Und jeden Abend nimmt die Krankenschwester diesen Anblick mit heim. Seit 20 Jahren arbeitet sie in ihrem Beruf, aber „sowas kann man nicht verdrängen“, erklärt sie. Die 44-Jährige ist stellvertretende Pflege-Leiterin einer Intensivstation im Universitätsklinikum Essen, auf der inzwischen ausschließlich Corona-Patienten versorgt werden.

Anfang des Jahres freute sich die Mülheimerin auf das, was 2020 bringen würde: die lange geplante Rundreise durch Italien mit Mann und Kindern, die große Party mit vielen Freunden zum 10. Hochzeitstag. Dann kam Corona. Die Party wurde abgesagt, die Reise verschoben. Stattdessen ging es im Sommer mit der Familie „sehr spontan“ an die Ostsee. „War auch schön“, sagt Gulanoswki.

Nun, am Ende des Jahres, mitten in der zweiten Welle der Pandemie, ist sie eigentlich nur noch „kaputt“. An die 60 Überstunden stünden auf dem Konto, „und dem Körper merkt man die Strapazen langsam an“ – das Tragen der Schutzkleidung bei der Pflege sei extrem belastend: „Wir alle leiden“, sagt Gulanowski, „sind nach der Schicht total ausgelaugt.“ Wer je acht Stunden lang eine FFP 2-Maske getragen hat, weiß, wovon sie spricht.

Angst, sich bei einem Patienten anzustecken, hat die zweifache Mutter nicht. „Meine Angst beim Einkaufen ist größer“, erzählt sie. Nicht erst, seit ihr jemand bei einem Kurzbesuch vorwarf „Jetzt bringst du uns die Seuche nach Hause“, isolierte sie sich und ihre Familie freiwillig – auch um gesund zu bleiben für den Job.

Schwierig zuweilen für Jan (16) und Julia (11), ihre Kinder, räumt sie ein: „Mein Sohn ist in der Pubertät, der will sich mit Freunden treffen, Party machen...“. Aber schwierig auch für sie selbst: „Das Schlimmste im ganzen Jahr war, dass ich meine Mama so wenig gesehen habe.“

Gab es einen schönsten Moment in den vergangenen schwierigen Monaten? Gab es. In der Klinik, erzählt Beate Gulanowski. „Als wir die vier infizierten Franzosen, die in sehr schlechtem Zustand zu uns gekommen waren, bei vollem Bewusstsein nach Hause schicken durften. Das war mein Lichtblick des Jahres.“

Messebauer: „Jede halbe Stunde eine Absage“

Andreas Berning, einer der drei Geschäftsführer der Display GmbH, einem Messebauer aus Essen.
Andreas Berning, einer der drei Geschäftsführer der Display GmbH, einem Messebauer aus Essen. © Display GmbH | Display GmbH

Andreas Berning hat den 28. Februar noch schmerzlich im Gedächtnis: „An dem Tag flatterte jede halbe Stunde eine Absage rein, das Telefon stand gar nicht still“, erinnert sich einer der drei Geschäftsführer der Display GmbH: ein Essener Messebauer mit 50 Mitarbeitern.

„Danach“, sagt Berning ein Dreivierteljahr später, „hatten wir keine Aufträge mehr.“ Der Umsatz sei seither um 86 Prozent eingebrochen. Von der Bau in München bis zur Spiel in Essen – die Corona-Pandemie hat der gesamten Messebranche ihre Geschäftsgrundlage entrissen.

Berning gehört zu den wenigen, die überhaupt noch regelmäßig in die Firma an der Hafenstraße kommen, fast alle Mitarbeiter sind seit März in Kurzarbeit: Elektriker, Grafiker, Lagerarbeiter, Architekten. „Die Leute sind zu Hause und drehen sich da irgendwann im Kreis“, weiß Berning. Er habe in den vergangenen Monaten immer versucht, Mitarbeiter befristet aus der Kurzarbeit zu holen. Im Sommer stellte das Unternehmen Schutzwände aus Plexiglas in Amts- und Landgerichten auf. Neulich half die Essener Firma beim Aufbau des Impfzentrum in Neuss mit. Um solide zu wirtschaften, reiche das aber bei Weitem nicht aus.

Schon seit September ist freitags immer geschlossen. Die Fahrzeuge des Unternehmens wurden abgemeldet, die Miete halbiert, die Auszahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Wann dieser Tag kommt, weiß Berning nicht: „Wir rechnen damit, frühestens im Herbst nächsten Jahres wieder loszulegen“, schätzt er.

Corona aber werde in der gesamten Branche noch lange nachhallen, ist sich der 56-Jährige sicher: „Viele Subunternehmer und Monteure werden dann fehlen – die haben sich alle längst anderweitig orientiert und werden sicher nicht zurück kehren in einen Job, in dem man sehr viel reist und am Wochenende arbeitet.“

Berning selbst will dennoch „so lange durchhalten, wie es geht. Ich bin ein optimistischer Mensch und blicke zuversichtlich ins neue Jahr“. Die bevorstehenden Impfungen machten ihm und seinem Team Hoffnung. Ohne die staatliche Hilfe aber würde es das Unternehmen, das seit 1979 besteht, nicht mehr geben.

Berufskolleg-Schülerin: „Bin enttäuscht von den Politikern“

Berufskollegschülein Jana aus Witten organisierte mit ihrer Klasse einen Streik, um Unterricht auf Distanz durchzusetzen.
Berufskollegschülein Jana aus Witten organisierte mit ihrer Klasse einen Streik, um Unterricht auf Distanz durchzusetzen. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Jana (22), Berufskolleg-Schülerin aus Witten: „Ich habe mit meiner Klasse einen Streik organisiert. Wir sind 20 Leute in der Klasse und wollten, dass ein Teil zu Hause und ein Teil in der Schule ist. Wir wollten, dass das rechtzeitig passiert, um Infektionen vorzubeugen. Mir ging es vor allem um den Schulweg. In den Bussen habe ich mich unsicher gefühlt. Jetzt sind wir alle wieder im Distanzunterricht, genau das, was wir nicht wollten. Ich bin enttäuscht von den Politikern. Sie hätten härter durchgreifen und die früheren Einschränkungen beibehalten sollen.

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Ich geh nicht viel feiern oder in Kneipen, aber mir fehlen meine Freunde. Soziale Kontakte habe ich fast abgebrochen und draußen bin ich beim Abstand total pingelig. Die ganze Situation macht mir Angst und ich bin oft traurig. Mir fehlt oft einfach mal eine Umarmung. Zum Glück bin ich mit meiner Zwillingsschwester zusammengezogen. Das war toll in diesem Jahr. Genauso wie der Streik, bei dem wir als Klasse richtig zusammengewachsen sind.

Uns Schülern ging es allen gleich, wir haben die letzten Monate zusammen durchstehen müssen. Es war kein ganz verlorenes Jahr, aber irgendwie schon. Dazu passt, dass es kein großes Weihnachtsfest gibt. Das Jahr hört halt einfach auf. Und ich glaube, dass das nächste erst mal so weiter gehen wird. Ich mache meinen Abschluss und möchte studieren. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, wie es anders als jetzt gerade weitergeht.“

Single-Frau (39): „Alles ist grau“

Kreativ wollte sie werden, neue Sachen ausprobieren, sich selbst motivieren, den Lockdown als Chance nutzen! Das war im Frühjahr. Doch die 39-Jährige lernte schnell: Sie ist sich selbst nicht genug. Hockte von morgens bis abends in der Bude, Homeoffice im günstigsten Fall, aber das kostet Kraft, denn es fehlen ihr die Menschen. Sie lebt allein, aber sie ist kein Einzelgänger, sie hat es am liebsten, „wenn 30 Leute um mich sind“. So feiert sie auch gern, ihre Küchenpartys sind legendär.

Nun aber bleibt die Küche leer, das Wohnzimmer still, und Zoom-Meetings „sind nicht das Gleiche“. Ja, sie sieht ihre Freunde, die engsten, draußen und immer nur einzeln, aber sie hat ein schlechtes Gewissen dabei. Die Kontakte zu wechseln, „welcher darf es denn heute sein“, ist ja nicht sinnvoll, und dann müsste sie den anderen Single-Frauen auch beibringen, dass sie diese Woche die andere trifft. Wie entscheidet man da? Sie erzählt besser gar nichts und stellt auch keine Fragen.

Wenn der Job erledigt ist, ist keiner da, der ihr Ventil sein könnte, dabei ist ihre Zündschnur kürzer geworden. „Ein Austausch findet nicht mehr statt“ und auch nichts, woraus sie sonst Energie ziehen könnte, „wovon ich zehren kann“. Sie erzählt das durchaus fröhlich, aber dann sagt sie Sätze wie: „Alles ist grau.“ Und: „Man muss es auch aushalten können.“

Sie beobachtet sich selbst, jemand anders ist ja nicht da: Noch findet sie es nur „interessant“, was die Situation mit ihr macht. Sie hatte sich für psychisch stabil gehalten, nun entdeckt sie, wie Corona sie belastet. Dass sie lethargisch wird, früh ins Bett geht, weil es egal ist. „Wenn der Fernseher der beste Freund wird, ist das nicht so toll.“

Ob sie einsam ist? Das Wort will sie nicht benutzen, obwohl, doch, ja. Jetzt, wo es auch noch dunkel ist draußen und nass, wo wieder ein Lockdown da ist, was sie richtig findet, aber gefürchtet hatte. Nun bloß nicht auch noch in Quarantäne! „Dann wird es zappenduster.“

Seniorin (99): „Viel Zeit zum Gucken“

Marie Marta Fritzenkötter befürchtet, dass sie ihren 100. Geburtstag wohl nicht feiern werden kann.
Marie Marta Fritzenkötter befürchtet, dass sie ihren 100. Geburtstag wohl nicht feiern werden kann. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Ein paar Telefonate, gut, aber kein Tag mit den zwei Töchtern, kein Kuss der drei Enkel und sieben Urenkel und auch keine Torte: Ihren 99. Geburtstag hat Marie Martha Fritzenkötter in Quarantäne verbracht. Im März war das, als es losging mit Corona und die Heime ihre Bewohner mit Besuchssperren schützen wollten, so auch das AWO-Seniorenzentrum „Auf dem Kolven“ in Oer-Erkenschwick.

„Unten am Fenster konnte ich mal winken, fast drei Wochen lang. Das wünsche ich keinem Menschen, wenn keiner mit ihnen spricht und sie wissen nicht, was sie machen sollen.“ Und dennoch wurde Marie Martha Fritzenkötter kurz darauf positiv getestet. „Kein Husten, kein Fieber, ich hatte gar nichts.“ Aber drei weitere Wochen verbrachte sie zur Sicherheit im Krankenhaus, in relativer Isolation. Als sie entlassen wurde, wurde gerade eine Nachbarin eingeliefert. „Sie ist nicht mehr zurückgekommen. Wir waren sehr traurig.“ Zwei Bewohner des Heims sind sicher an Covid-19 gestorben, bei anderen könnte das Virus eine Rolle gespielt haben. Es hat auf jeden Fall das Leben im Heim verändert. „Sonst haben wir keine Langeweile“, sagt Fritzenkötter.

Aber nun? „Die Pflegekräfte haben wenig Zeit sich zu unterhalten, verschiedene Leute sind dement, andere liegen im Bett.“ Auch sollen sich die Bewohner der verschiedenen Etagen nicht mischen. Eine ist ohnehin Isolierstation. Darum läuft auch Bingo auf Sparflamme, was Maria, wie sie genannt wird, ganz gern spielt. Mal darf die eine Etage, mal die andere hin. Und so ist es mit allen Beschäftigungsangeboten. Die Kita-Kinder, die manchmal etwas vorbereiten, dürfen gar nicht mehr rein und die Musiker auch nicht. Einige Außenkonzerte gab und gibt es immerhin, denen man am Fenster zuhören kann. Aber es ist im Moment nicht einmal ihr eigenes, denn ihre Nachbarn sind erkrankt, darum hat sie das Zimmer wechseln müssen. „Jetzt sitz ich wieder hier und muss warten.“

Immerhin können ihre Töchter sie weiter täglich besuchen, seit Mittwoch zeitlich eingeschränkt und nur mit Maske, auch auf dem Zimmer. Und sonst? Fußball schauen, BVB, na klar. Zeitung lesen auch, selbst wenn die Augen es kaum noch zulassen. Aber dann, viel Zeit zum „aus dem Fenster gucken, die Autos zählen“ in einem fremden Zimmer. Ihr Mann ist seit 24 Jahren tot, sie ist es gewohnt allein zu leben, aber diese Form der Einsamkeit ist doch noch einmal eine neue Erfahrung. Wie sie Weihnachten verbringen wird, weiß Maria Fritzenkötter noch nicht. Vielleicht ist sie immun durch ihre Corona-Erkrankung, dann könnte sie ja zu ihrer Familie, aber genau weiß man es eben nicht. Vielleicht bleibt sie also auch im Heim – „ist ja ganz schön hier. Aber wenn das so weiter geht mit den Ansteckungen, dann werde ich wohl meinen hundertsten Geburtstag auch nicht feiern können… Dass so viele Menschen so unvernünftig sind! Die sollen eine Maske tragen, dann passiert auch nichts.“

Alleinerziehende (39): „Es schlägt auf den Geist“

Suzanne Q. (39, Name geändert), alleinerziehende Mutter: „Die erste Woche ging es mir sehr schlecht. Da hätte man mich den Querdenkern zuordnen können.“ Ihr Bandscheibenvorfall klang gerade ab, die alleinerziehende Mutter hatte gerade wieder angefangen, als Köchin zu arbeiten, hatte sich auf die Fortbildung gefreut – da kam der erste Lockdown.

„Immer wenn wir an einem Spielplatz vorbeikamen, habe ich Karl gesagt: Die tauschen nur den Sand aus. Wie will man es einem Dreijährigen sonst erklären?“ Mit Hilfe von Freunden hat die 39-Jährige dann einen Sandkasten im Garten des Mehrfamilienhauses angelegt. „Aber Karl war einfach nicht ausgelastet.“ Die Lehrer ihrer elfjährigen Tochter hätten nicht einmal angerufen sagt sie. „Die haben einfach ein Blatt geschickt – macht mal... Selbst bin ich offenbar kein guter Lehrer. Ich habe mein Bestes gegeben, es war für uns alle nicht genug. Zum Glück hat der Vater einen Laptop besorgt und die Betreuung übernommen.

Und bei dem Kleinen hat ein befreundetes Paar unter die Arme gegriffen, denn die Tagesmutter durfte ihn nicht mehr betreuen – „auch wenn sie eine recht große Notgruppe hatte“. Natürlich ist auch das Geld knapp, aber darüber klagt Suzanne Q. nicht. Sie stockt auf, und Hartz IV reicht zum Leben, findet sie. Trotzdem war die Kurzarbeit so nicht geplant, fehlt das Trinkgeld, „und ich habe dort oft gegessen zu günstigen Kursen“. Das Bistro ist nun natürlich geschlossen.

„Ich habe nun dank Lockdown sogar mehr Zeit zum Lernen, aber es schlägt auf den Geist. Das merke ich auch bei meiner Tochter, so langsam. Abends sagt sie manchmal, dass sie traurig ist. Sie zieht sich viel mit dem Handy zurück. Eigentlich müsste ich ihr Angebote machen, aber das ist schwierig mit einem energiegeladenen Dreijährigen am Bein. Im Winter nun sind die Möglichkeiten mit Kindern noch eingeschränkter als im Frühjahr. Ich spüre besonders bei der Älteren eine innere Unzufriedenheit, die man nicht so einordnen kann. Vielleicht schwappt auch meine Stimmung über.“

Vorschulkind Klara (6): „Ich finde Corona blöd und der Test war bäh!“

Hat von Corona genug: Klara (6) auf einem Spielplatz in Mülheim.
Hat von Corona genug: Klara (6) auf einem Spielplatz in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Klara (6), Vorschulkind aus Mülheim: „Ich war zwei Wochen in Quarantäne, meine Schwester und mein Freund Theo. Ein Kind in einer anderen Gruppe hatte Corona. Um 11 Uhr hat die Kita zu Hause angerufen, um 12 Uhr war meine Mama da. Ich musste einen Test machen. Das war bäh. Ich habe kein Corona, musste aber zu Hause bleiben. Wir haben jeden Abend Uno gespielt, aber manchmal war mir langweilig, weil wir gar nicht raus sollten. Nicht mal auf den Spielplatz.

Einmal haben wir uns rausgeschlichen und sind in den Wald gegangen. Papa hat gesagt, dass das okay ist, Mama fand das nicht so gut. Ich finde Corona blöd. Ich kann nicht zum Ballett. Meine Oma und mein Opa kommen uns nicht mehr so oft besuchen. Und meine Mama hat gerade wieder angefangen zu arbeiten. Sie kann nicht einfach zu Hause bei uns sein, wenn wir nicht in die Kita dürfen.“

Realschülerin (14): „Bessere Noten – aber trotzdem nervt das alles“

Melissa (14), Realschülerin aus Gelsenkirchen: „Ich wohne in einer Wohngruppe mit Kindern zwischen 13 und 19 Jahren. Jeder von uns hat sein eigenes Zimmer. Vor Corona bin ich nach der Schule voll oft mit Freunden rausgegangen, wir haben uns irgendwo getroffen, haben gechillt oder ich bin schwimmen gegangen. Jetzt darf ich mich mit einer Freundin treffen. Ich muss dann einen Corona-Bogen ausfüllen, mit meinen und ihren Daten, wir müssen beide unterschreiben, dann wird das abgeheftet. Am Anfang war das noch strenger, da sollten wir nur zum Einkaufen raus. Ich hab mich trotzdem mit einer Freundin getroffen und als das aufgefallen ist, musste ich zwei Wochen lang ein Symptomtagebuch schreiben und dreimal täglich Fieber messen. Fand ich aber okay, ich hab mich ja nicht an die Regeln gehalten.

Meine Noten sind durch das Onlinelernen besser geworden. Trotzdem nervt das alles manchmal, dass man kaum noch was machen kann. Und die Erwachsenen nerven auch, wenn sie im Bus mit verrutschter Maske sitzen. Das weiß doch mittlerweile jedes Kleinkind, wie man die trägt. Ich habe eigentlich immer eine auf, wenn ich draußen bin. Es gab am Anfang Momente, da hab ich mir gedacht, mach die Maske ab. Jetzt mache ich das nicht mehr. Ist ja ein Schutz für mich und die anderen. Ich hoffe, dass es bald wieder so wird wie vorher. Dass der Impfstoff schnell zum Einsatz kommt und nicht nur die wichtigen Menschen geimpft werden, sondern wir alle.“

Schüler (16): „Wenn Corona vorbei ist, will ich nach Spanien reisen“

Jean-Pierre (16) aus Düsseldorf: „Eigentlich sollte ich in dieser Woche ein Praktikum machen, bei der AWO. Berufserkundung heißt das, man kann in alle Bereiche gucken. Das ist abgesagt worden. Ich weiß nicht, ob ich das später machen kann. Das Praktikum war wichtig. Ich bin jetzt in der Oberstufe und soll gucken, was mir gefällt. Damit ich später einen Job finde.

Jetzt bin ich wieder zu Hause, wie im Frühjahr. Von der Schule bekomme ich Arbeitsblätter. Das ist aber nicht das Gleiche. In Deutsch brauche ich viel Hilfe, da fehlt mir ein Lehrer. Im Frühjahr war ich oft unterfordert, weil ich mich so wenig bewegen konnte. Sonst gehe ich viermal die Woche zum Sport, ich spiele Fußball und Basketball. 2020 war kein schönes Jahr.

Ich habe Angst um meine Oma. Die wohnt nebenan, aber ich gehe bei ihr nur noch ans Fenster. Früher haben wir immer was unternommen, jetzt ist sie viel allein. Meine Mutter sagt, dass ich vorsichtiger geworden bin, mir mehr Gedanken mache. Ich rege mich auf jeden Fall oft auf über Leute, die sich nicht an die Regeln halten. Ich will mich ja nicht anstecken. Wenn Corona vorbei ist, will ich wieder reisen. Nach Spanien.“

Gymnasiastin (11): „Mir fehlt es, mit anderen zu tanzen“

Vicky (11) fehlt ihr liebstes Hobby, das Tanzen.
Vicky (11) fehlt ihr liebstes Hobby, das Tanzen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Vicy (11), Gymnasiastin aus Oberhausen: „Mir fehlt es, mit anderen zu tanzen. Ich tanze, seit ich drei Jahre alt bin. Ich habe schon an Wettkämpfen teilgenommen, tanze solo und in einer Gruppe. Jetzt natürlich nicht. Jetzt machen wir in meiner Tanzschule Video-Unterricht. Ich tanze im Wohnzimmer vor dem Handy. Meine Mutter ist Altenpflegerin, sie hat mir alles über Corona erklärt. Auch dass ich niemanden umarmen sollte, weil meine Uroma und mein Uropa im Haus leben und ich sie mich schützen muss. Das war ein ganz schöner Schock, weil ich meine Freunde nicht mehr treffen sollte.

Ich mache mir Sorgen um meine Uroma. Ich weiß, wenn sie Corona bekommt, kann sie daran sterben. Ich vermisse es, ins Kino zu gehen. Trotzdem machen wir ja auch was. Wir haben einen Familientag mit meinem Bruder, dann spielen wir was zusammen. Ich habe angefangen zu malen. Und ich habe jetzt mal wieder eine Freundin zum Reiten getroffen. Ich habe dann Desinfektionstücher mitgenommen, wie ich sie auch in der Schule hatte, um Stifte zu desinfizieren, bevor jemand anders sie nehmen durfte. Ich finde es totalen Schwachsinn, wenn Leute zu Corona-Demonstrationen gehen. Man muss auch mal an andere Menschen denken, die an dem Virus sterben können.“

Kita-Kind (5): „Die Fußballer im Fernsehen spielen trotzdem“

Simon (5) in seinem Kinderzimmer in Mülheim.
Simon (5) in seinem Kinderzimmer in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Simon (5), Kita-Kind: „Corona ist rund wie eine Kugel und hat Zacken. Ich habe ein Blatt in der Kita gekriegt, darauf war ein Bild von Corona. Eigentlich ist das winzig. Einmal war die Kita zu, da war ich mit Mama zu Hause. Mama hatte viel Zeit zum Spielen, dann nicht mehr, weil sie arbeiten muss. Und Papa auch. Das war doof. Wegen Corona kann ich nicht auf den Fußballplatz. Die Fußballer im Fernsehen spielen trotzdem. Zu Weihnachten wünsche ich mir eine Hot-Wheels-Bahn mit Lasern und, dass Oma und Opa kommen.“