Forscher haben die Proteste untersucht. Rechte Gruppen wollen die Bewegung unterwandern, können aber bislang nicht davon profitieren.

Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung in NRW haben sich zu einer neuen sozialen Bewegung entwickelt, die von antisemitischen und rechten Verschwörungstheorien geprägt wird, von der rechte und rechtsextreme Parteien aber bislang nicht profitieren konnten. Das ist das Ergebnis einer jetzt veröffentlichten Kurzstudie von Forschern der Hochschule Düsseldorf.

Die Rechtsextremismus-Experten Fabian Virchow und Alexander Häusler haben sich für ihre Studie unter anderem Demonstrationen und einschlägige Benutzerkonten in den Sozialen Medien angeschaut. Zwischen dem 1. April und Ende September zählten die Forscher in NRW insgesamt 651 Veranstaltungen von Kritikern der Corona-Maßnahmen. Unter dieser befanden sich zwar auch Kundgebungen beispielsweise von Gastronomen und Künstlern, die frei von „Vorträgen von Verschwörungserzählungen“ gewesen seien.

Düsseldorf als Demonstrationsschwerpunkt

Im Laufe der Zeit habe jedoch „die verschwörungserzählende Bewegung der Pandemie-Leugner das Protestgeschehen in NRW zunehmend geprägt“. Kundgebungen mit höchst unterschiedlichen Teilnehmerzahlen haben die Forscher in 77 Städten in NRW registriert, darunter in Dinslaken, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Oberhausen und Rheinberg. Ab Juni habe sich die Landeshauptstadt zum zentralen Demonstrationsort entwickelt. Dort fand Ende September die mit rund 3500 Teilnehmern bislang größte Kundgebung statt.

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In Düsseldorf lasse sich „die regelmäßige Teilnahme von Mitgliedern und Anhängern verschiedener populistischer und extrem rechter Organisationen nachweisen“, so die Forscher. Konkret führen sie auf: die AfD, die Republikaner, die PRO-Parteien, Reichsbürger, die Identitäre Bewegung, Pegida NRW und Bürgerwehren wie die Bruderschaft Deutschland oder die Steeler Jungs aus Essen. Zudem seien regelmäßige „antisemitische und extrem rechte Aussagen“ auf diesen Kundgebungen dokumentiert. So werde immer wieder der Holocaust relativiert.

Rechtsextremisten konnten sich nicht an Protest-Spitze setzen

Dominiert werden die Demonstrationen in NRW laut den Forschern Querdenker-Bewegung, die nach ihren Erkenntnissen an Rhein und Ruhr 20 Ableger hat. Diese Bewegung grenzt sich zwar offiziell von jedem Extremismus ab, sei aber rechtsoffen. Rechte und rechtsextreme Parteien hätten bislang nicht von den Corona-Protesten profitieren können. Es sei der AfD oder neonazistischen Kleinparteien wie der NPD, der Rechten oder dem III. Weg nicht gelungen, sich an die Spitze der Proteste zu setzen noch ihre eigene Anhängerschaft in nennenswertem Ausmaß zu vergrößern.

Das Fazit der Forscher: Ob es der Bewegung gelinge, „weitere Anhängerschaft zu gewinnen, oder ob sich Teile weiter radikalisieren und die die inneren Widersprüche in der Bewegung zuspitzen wird, lässt sich derzeit nicht prognostizieren.“