Krefeld. An Neujahr 2020 starben im Krefelder Zoo acht Menschenaffen im Feuer. Viele Menschen trauerten. Die juristischen Konsequenzen sind weiter offen.

Natürlich meinen sie es nur ganz furchtbar lieb, jene drei Frauen, die in der letzten Neujahrsnacht Himmelslaternen aufsteigen lassen in der Nähe des Krefelder Zoos. Handschriftlich mit guten Wünschen versehen, steigen die Schwebfeuer in den Himmel – und beweisen bei der unkontrollierbaren Landung, warum sie in Deutschland verboten sind: Beim Brand des Affenhauses sterben 50 Tiere, darunter acht Menschenaffen. Krefeld weint.

„Das ganze Jahr war bedrückend“, sagt gut elf Monate später Friedrich Berlemann, der Vorsitzende der „Zoofreunde Krefeld“. Gerade ist es wieder so: Still ruht der Zoo, coronabedingt, deprimierend. Berlemann eilt an diesem kalten, sonnigen Dezembermorgen über das parkähnliche Gelände. Hat wenig Zeit, hat ja so viel zu zeigen, und sein nächster Termin rückt auch schon wieder näher: eine Baumpflanzaktion. Klimastabile Eichen. Viel Zukunft ist gerade im Zoo unterwegs.

Mehr als zwei Millionen Euro Spenden, Tierpatenschaften haben sich verdoppelt

Friedrich Berlemann, der Vorsitzende der „Zoofreunde Krefeld“, vor dem Gorilla-Garten, der direkt neben dem ehemaligen Affenhaus liegt.
Friedrich Berlemann, der Vorsitzende der „Zoofreunde Krefeld“, vor dem Gorilla-Garten, der direkt neben dem ehemaligen Affenhaus liegt. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Die Empathie, die wir nach den schrecklichen Ereignissen erleben durften, hätte ich nie, nie erwartet“, sagt Berlemann. Da waren Gedenkfeiern, da waren Hilfsangebote aus ganz Deutschland, Beileid aus aller Welt; da war auch die spontane, wochenlange Trauerstätte vor dem Eingang, die sich immer wieder aus den Menschen heraus erneuerte: mit ihren vielen Kerzen und ihren großen Gefühlen. Typische Krefelder Geschichten beginnen mit: „Als ich mit Oma und Opa bei den Affen war . . .“ Sie waren einfach immer da. Gewesen.

Da war aber auch vieles, was in die Zukunft weist, was dem Krefelder Zoo helfen wird, weiterzukommen: Zoo und Zoofreunde bekamen 2020 weit über zwei Millionen Euro gespendet. Die Tierpatenschaften haben sich auf über 1600 verdoppelt, und die Zoofreunde sind nicht mehr 3300, wie vor einem Jahr, sondern 5358. „Das ging im Januar los und hört nicht auf“, sagt Berlemann.

Der Unglücksort ist heute eine geräumte, nichtssagende Freifläche

Ganz hinten im Krefelder Zoo lag das Affenhaus, etwas abgelegen und in naher Sichtweite des Fußballstadions Grotenburg-Kampfbahn. Dort erinnert nichts mehr an das Unglück, ja, nicht mal an das Affenhaus: Teilweise verhängte Bauzäune umgeben eine geräumte, nichtssagende Freifläche, buchstäblich eine Leerstelle.

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Daneben leben Menschenaffen in ihrem Gehege. Die Schimpansen Bally und Limo, die das Inferno durch ein Wunder überlebten, werden bald ausziehen: Sie sollen nicht nur zu zweit bleiben müssen, sollen in eine andere Affen-Großfamilie integriert werden.

Das „Artenschutzzentrum Affenpark“ soll die größte Anlage des Zoos werden

Denn bis hier in Krefeld wieder eine lebt, wird es noch Jahre dauern. Oberbürgermeister Frank Meyer sagt es so: „Wenn Hilfsbereitschaft direkt in Steine, Holz und Glas umgewandelt werden könnte, würde das neue Affenhaus schon stehen.“ Aber so geht es ja nicht. Erste Teile der neuen Anlage sind vielleicht 2023 fertig. Erste Teile!

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Plüschtiere und Kerzen liegen vor dem Haupteingang des Krefelder Zoos. Nach dem Brand des Affenhauses mit vielen toten Tieren gibt es laut Ermittlern Hinweise auf sogenannte chinesische Himmelslaternen als Brandursache.
Von Jory Aranda, Melina Helf, Nikos Kimerlis und Stefan Kober

Das geplante „Artenschutzzentrum Affenpark“ soll um die 20 Millionen Euro kosten und viermal größer werden als die alte Anlage: Zwei von 14 Hektar des Zoos wären dann Planet der Affen. Auf dem neuesten Stand des Tierschutzes, will Krefeld damit an die 70er- und 80er-Jahre anknüpfen: Damals war das Affenhaus Weltspitze, das am 1. Januar 2020 niederbrannte. Gruppenhaltung, viel Grün und Waldlandschaft waren damals die Spitzkehre weg vom gefliesten, aber angenehm leicht zu reinigenden Tiergefängnis.

Nächste Woche entscheidet sich, ob es zu einem Prozess kommt

Mit Blumen, Kerzen und Erinnerungsstücken kamen die Krefelder im Januar wochenlang zum Eingang des Zoos, um gemeinsam zu trauern.
Mit Blumen, Kerzen und Erinnerungsstücken kamen die Krefelder im Januar wochenlang zum Eingang des Zoos, um gemeinsam zu trauern. © FUNKE Foto Services | Michael Gottschalk

Die unglücklichen Frauen mit den Himmelslaternen hatten sich noch am Neujahrstag bei der Polizei gemeldet. Im August dann haben sie wegen fahrlässiger Brandstiftung Strafbefehle bekommen: Zwei Frauen sollten je 9000 Euro zahlen, eine 1800 Euro – die unterschiedlichen Summen erklären sich mit dem unterschiedlichen Einkommen der drei. Damals haben sie widersprochen.

Nun haben sie bis zum Ende dieser Woche nochmals Zeit, sich zu erklären. Denn ein Prozess mit seiner ganzen Öffentlichkeit ist vielleicht doch nicht ihre beste Wahl. „Nach Ablauf der Frist wird sich entscheiden, ob und wann es zu einem Hauptverhandlungstermin kommt“, sagt die Sprecherin des Amtsgerichts Krefeld, die Richterin Kim Lande. In der nächsten Woche will die Justiz mitteilen, wie es weitergeht. Unterdessen bleibt der Zoo, der so viel vor hat, bis auf weiteres geschlossen. Zuletzt fiel an Nikolaus die traditionelle Veranstaltung „Weihnachtsbasteln für die Menschenaffen“ aus.