Ruhrgebiet. Corona drückt den Umsatz im stationären Handel. Einige Geschäfte probieren dagegen neue Ideen aus: wie den „Laden für dich allein“.

Ein einziger Kunde im ganzen Laden ist ja eigentlich Einzelhändlers Alptraum, aber denken wir einfach mal in Gegenrichtung: Würden nicht vielleicht gerade mehr Leute kommen, wenn sie dann alleine sind? „Der Laden für dich allein . . . nur deine Lieblingsverkäuferin . . . Lieblingsmusik . . . Lieblingsgetränk“: So, freilich in ganzen Sätzen, wirbt in diesen Tagen etwa die Boutique Eiskirch um Kunden, eine kleine Bochumer Kette. Die Nachfrage ist noch überschaubar, aber das einschlägige Angebot wächst im Ruhrgebiet. Corona macht’s nötig.

Denn der stationäre Einzelhandel muss kämpfen. Der Online-Handel zehrt ihn seit Jahren aus, und das Virus bewirkt zusätzlich, dass der Umsatz fällt. Vor allem Innenstädte und Einkaufszentren rechnen damit für das Weihnachtsgeschäft, vor allem die Branchen Kleidung, Schuhe und Sport. Keine Cafés, keine Kinos, keine Restaurants, keine Weihnachtsmärkte, keine Stimmung -- wenig Menschen: „Die Leute haben kein Erlebnis mehr beim Einkaufen. Das ganze Drumherum fehlt“, sagt Doris Lewitzky, die 1. Geschäftsführerin des „Handelsverbandes Niederrhein“ mit Sitz in Moers. Ideen sind gefragt. Hier sind sie.

Man muss sich anmelden, um garantiert niemanden zu treffen

Der ,Laden für dich allein’ einer Bochumer Boutique meint gerade nicht den darunter beworbenen Online-Einkauf.
Der ,Laden für dich allein’ einer Bochumer Boutique meint gerade nicht den darunter beworbenen Online-Einkauf. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Was die Boutique in Bochum anbietet, verbreitet sich gerade in großem Tempo: Dass Menschen, die sich vor Ansteckung fürchten, einen Laden ganz für sich oder ihre kleine Gruppe haben können. Das außerhalb der eigentlichen Öffnungszeiten, also morgens, abends, wochenends. Die einen sagen dazu „Weihnachtsschicht“, die anderen „Zeitfenster“ oder „Slot“.

Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit: Das gibt’s schon in einzelnen Geschäften für Spielwaren oder Bücher in Duisburg oder für Schuhe und Schmuck in Bochum; hier kommt noch die verschärfte Diskretion hinzu. Die Details sind überall unterschiedlich, der Zugang immer derselbe: Man muss sich natürlich anmelden und pünktlich sein, um garantiert niemanden zu sehen.

Verhinderte Händler vom Weihnachtsmarkt ziehen in feste Geschäftsräume

Eine andere Idee hat sich in Oberhausen materialisiert, und auch nicht nur dort: Zehn verhinderte Händler vom Weihnachtsmarkt ziehen einfach in leere Geschäftsräume. In diesem Fall ins Centro: Deko und Schals, Mandelgebäck und Räucherkerzen gibt’s jetzt im Ladenlokal und nicht an der Holzhütte. Angesichts von 144 Hütten am Centro, die nicht bespielt werden, sei das zwar nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, heißt es – aber wenigstens überhaupt die Möglichkeit, die Weihnachtsware zu verkaufen.

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Das ist eine Variante der „Pop-up-Stores“, der Geschäfte, die gerade immer häufiger aufploppen: Sie haben von Anfang an nur befristet Zeit, sich zu bewähren, und sind voller Absicht schnell wieder weg. „Diese Geschäfte wurden anfangs von den Profis belächelt, aber inzwischen sind sie ein etabliertes Format“, sagt der Handelsexperte Jörg Lehnerdt. Sie sind niemals Ketten, sind in der Regel jung und hätten vor allem dort Erfolg, wo „zuvor aus Kundensicht zu wenig los war, wo es zu wenig Einkaufserlebnis gab“.

Wirtschaftsförderer greifen ihrem lokalen Handel unter die Arme

Gutscheine sind von gestern? Aber nicht dieser: 30 Prozent Nachlass gibt es bei der Aktion „Deine Stadt, dein Gutschein“ in Bottrop. Kunden zahlen sieben Euro für einen Zehn-Euro-Gutschein (oder im Verhältnis 14/20), profitieren also mit 30 Prozent. Den Verlust der Händler gleichen das Stadtmarketing und die Wirtschaftsförderung aus. Käufer des Gutscheins „zeigen sich solidarisch mit der örtlichen Wirtschaft“, sagt Oberbürgermeister Bernd Tischler (SPD).

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Und auch im Ennepe-Ruhr-Kreis haben die Wirtschaftsförderer eine Initiative ausgeknobelt, um Einzelhändlern zu helfen. Und örtlichen Künstlern gleich mit: In den Innenstädten von Witten, Hattingen, Sprockhövel und weiteren sechs stellen Geschäftsinhaber gerade Werke der Künstler in ihren Schaufenstern aus. Das soll Interesse wecken, eventuell ein Kunstwerk zu kaufen oder etwas anderes im Laden des Ausstellers. „Kauft Kunst! Kauft lokal! Online kann ja jeder“, steht in dem entsprechenden Aufruf. Im Internet.