Winterberg. Urlauber aus dem Ruhrgebiet und vom Niederrhein stürmen aus ihren Risikogebieten ins Sauerland. Aber sind sie auch willkommen?
Das Sauerland am Wochenende. Viele Wolken, wenig Sonne, aber es ist trocken. Temperatur: drei Grad; Inzidenz: 17. Dementsprechend viel ist rund um den „Erlebnisberg Kappe“ los. Die Nummernschilder an den Autos zeigen: Aus Dortmund, Duisburg, Essen, Bochum, Düsseldorf, Oberhausen kommen die Besucher in diesen Herbstferien. Dafür fehlen die Holländer – dem einen mehr, dem anderen weniger.
Rechts rasen sie mit ihren Rädern den Berg hinunter – springen, sliden, fliegen. Links geht es ruhiger zu. Da steht Familie Gerold in der gut 50 Meter langen Schlange vor der Kasse zur Panorama-Brücke. „Die Kinder sind noch zu klein für Mountain-Bikes“, erklärt Mutter Kathrin. Am Freitag sind sie gekommen, bis Dienstag wollen sie bleiben. „Alles ganz kurzfristig“, sagt Vater Niels. Nicht der Urlaub an sich, aber das Reiseziel. „Eigentlich wollten wir nach Zandvoort, doch das geht im Augenblick ja nicht.“ Also Berge statt Meer. „Hauptsache mal raus aus dem Haus und nicht immer an Corona denken.“
„Wenn was ist, sind wir schnell wieder zu Hause“
Die Duisburger Familie ist kein Einzelfall. Viele sind angereist, die eigentlich ganz andere Pläne hatten. So mancher Urlaub scheiterte daran, dass das Ziel zum Risikogebiet geworden war. Auch das in der vergangenen Woche noch großflächig geltende Beherbergungsverbot verhagelte viele Trips. Der Kreis Wesel war davon bis Sonntag nicht betroffen. „Aber uns war das alles zu unsicher“, sagen Niklas und Lea aus Rheinberg. Deshalb sind sie schließlich in Winterberg gelandet. „Schön hier“, sagt der 30-Jährige. Und nicht so weit weg von der Heimat. „Wenn was ist, sind wir schnell wieder zu Hause. Man weiß ja nie.“
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„Es ist echt einiges los hier“, findet auch Tim Jessinghaus, der mit seinen Söhnen zu einem einwöchigen Mountain-Bike-Urlaub aus Dortmund herübergefahren ist. „Aber es gibt trotzdem jede Menge Platz.“ Ein Ehepaar aus dem Münsterland nickt. Viele Leute aber auch jede Menge Natur. „Wir fühlen uns sehr sicher.“ Nur wenn abends alle fast gleichzeitig in die Pizzeria rennen, um bestelltes Essen abzuholen, könne es schon einmal etwas enger zugehen, schränkt Jessinghaus ein. Draußen in den Warteschlangen trage zudem nicht jeder ständig seine Maske korrekt, „aber das ist im ganzen Land nicht anders“, meint der Dortmunder. Im Großen und Ganzen würden die Menschen im Sauerland sich an die Regeln halten. Und die Urlauber auch.
Niederländer können nicht kommen - Testergebnisse kommen zu spät
Ist ja auch so schwierig nicht, finden Kristina, Saskia und Peggy. Das Trio aus Düsseldorf ist über das Wochenende zum Wandern nach Winterberg gekommen und zieht gerade über den „Kahlen Asten“, den zweithöchsten Berg des Landes. Auch dort sind die Parkplätze voll. Besucher sitzen draußen vorm Lokal am Turm an großen Holztischen, löschen ihren Durst bei einem Bier und stillen ihren Hunger mit einer Wurst. „Wäre mir zu Hause viel zu kalt“, sagt eine Frau in den 50ern. „Aber im Sauerland gehört das alles einfach dazu.“
Genau wie die Gäste aus den Niederlanden. Von ihnen ist in diesen Ferien aber kaum einer da. Sauerland-Tourismus-Sprecher Rouven Soyke weiß auch, warum: Wer aus einem ausländischen Risikogebiet einreise, müsse für eine Übernachtung in NRW einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden ist. „Aber die Gesundheitsämter in den Niederlanden sind derzeit so überlastet, dass es meist drei oder vier Tage dauert, bis das Ergebnis vorliegt“, erklärt Soyke.
Händlern in der Innenstadt fehlen die Gäste aus dem Ausland
Viele Besucher auf der Bike Piste vermissen die Radler aus dem Nachbarland nicht. „Dann wäre es ja noch voller hier.“ Die Händler in der Winterberger Innenstadt sehen das erwartungsgemäß anders. „Man merkt schon, dass die Holländer fehlen“, sagt eine Boutique-Betreiberin und ist froh, dass dafür mehr Urlauber aus NRW vor Ort sind.
Die Angst, dass Touristen aus Risikogebieten das Virus im Gepäck haben und die bisher guten Zahlen im Hochsauerlandkreis dadurch deutlich steigen könnten, hält sich bei einigen in Winterberg offenbar in Grenzen. „Im Frühling und Sommer ist ja auch nicht viel passiert“, sagt ein Gastronom, der ungenannt bleiben möchte. Außerdem hätten viele Betriebe gar keine Wahl. „Der Sommer war gut, die letzten Winter aber lief es schlecht.“
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Besorgt blicken er und seine Kollegen deshalb auf die nächsten Wochen und Monate. Kommt ein Lockdown? Gibt es Reisebeschränkungen? „Das Schlimmste wäre“, sagt der Wirt, „wenn es in diesem Winter endlich mal wieder richtig Schnee im Sauerland gibt, aber wegen Corona niemand anreisen darf.“