Ruhrgebiet. Die Zahl der „Elterntaxis“ ist so hoch wie lange nicht. Kinder wollen nicht laufen, ihre Eltern wollen sie wegen Corona nicht in den Bus setzen.
Sie parken, wo sie nicht mal halten dürfen, wenden über durchgezogene Linien hinweg oder bleiben einfach stehen mit ihrem Auto auf der Straße, um Sohn oder Tochter aussteigen zu lassen . Wahlweise „haarsträubend“, katastrophal“ oder „mordsgefährlich“ nennen Polizisten, was sich jeden Morgen kurz vor Unterrichtsbeginn an den Schulen im Ruhrgebiet abspielt., wenn Eltern ihre Kinder bis zur Schule fahren..
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Wie schon in den vergangenen Jahren sei das auch 2020 ein großes Problem, heißt es übereinstimmend bei den Verkehrsdiensten. Auffallend, sagen einige Beamte, sei, das verstärkt auch ältere Schüler gefahren werden. Wie stark der Bringdienst der Eltern durch die Pandemie zugenommen hat, lässt sich durch Zahlen nicht belegen.
Polizei in Dortmund macht täglich Kontrollen
Dass er zugenommen hat, steht für die Dortmunder Polizei fest. Und sie weiß auch, warum. Sie hat in den letzten Wochen nahezu jeden Tag nicht nur bei Verkehrsverstößen eingriffen, sondern Eltern vor Schulen auch angesprochen. „Die Antwort sei fast immer die gleiche gewesen, sagt Peter Bandermann, Sprecher der Dortmunder Polizei. „Wir wollen nicht, dass sich unsere Kinder in den überfüllten Bussen mit Corona anstecken .“
Verboten ist das Bringen zum Unterricht zwar nicht, die Polizei appelliert aber einmal mehr, zumindest in einiger Entfernung zur Schule zu halten, wo ein sicherer Ausstieg möglich ist. Von da aus könnten die Kinder dann nach Absprache in kleineren Gruppen gemeinsam laufen.
Kinder müssen lernen, sich im Verkehr zu bewegen
Im Übrigen, sagt Bandermann, sei es nach Ansicht der Polizei für viele Jungen und Mädchen nicht nur zumutbar, von zu Hause zu Fuß zum Unterricht zu gehen, sondern auch wichtig – gerade in einer Großstadt wie Dortmund. „Nur wenn Kinder zu Fuß unterwegs sind, lernen sie, sich im Verkehr zu bewegen.“ Durch Zahlen belegbar sei jedenfalls, dass Kinder als Fußgänger seltener verunglücken, als wenn sie in einem Auto sitzen.
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Ob die Appelle der Polizei derzeit fruchten, scheint fraglich. „So lange die Busse so voll sind, bringe ich meine Tochter auch weiterhin zu Schule“, sagt Claudia D. Umstritten ist, ob sie überhaupt so voll sein müssen. Denn die Landesregierung hat 13,5 Millionen Euro bewilligt, um den Städten zu Beginn des Schuljahres 1000 zusätzliche Schulbusse zur Verfügung zu stellen . „Aber von denen sind bisher erst rund 500 abgerufen worden“, weiß Andriana Sakareli, Sprecherin des Verbandes Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen (NWO), der bei seinen Mitgliedern die Kapazitäten abgefragt.
Viele Städte wollen Zusatzbusse nicht einsetzen
In manchen Städten ist bisher kein einziger zusätzlicher Bus auf die Straße gekommen. Bürger in Mettmann etwa erzählen, auf Nachfragen bei der Stadt gebe es keine Reaktion oder die Antwort, man habe keine Zeit. Eine Anfrage dieser Zeitung blieb ebenfalls unbeantwortet.
Der Städtetag NRW erklärt die Zurückhaltung mit „vergaberechtlichen Bedenken“, die einige Kommunen offenbar hegten. Die kann der NWO nicht teilen. Das Ausschreibungsverfahren sei von Verkehrsministerium ja extra vereinfacht worden. „Ein paar Klicks am PC und ein oder zwei Tage später steht ein Bus vor der Tür“, sagt Sakareli.
Schulen sollen Unterrichtsbeginn zeitlich staffeln
Falls er gebraucht wird. „Im Ruhrgebiet ist der ÖPNV meist so gut aufgestellt, dass eine Unterstützung gar nicht nötig ist, sagt der Städtetag NRW. Britta Heydenbluth vom ÖPNV-Betreiber DSW21 kann das für Dortmund bestätigten. „Wir haben die Fahrten im Schulbereich mehr als verdoppelt.“ Geholfen haben dabei unter anderem Fremdunternehmer, mit denen die DSW schon lange zusammenarbeitet sowie Umschichtungen im Fahrplan.
Planungen, die bereits abgeschlossen waren, als das Angebot der Landesregierung kam. Statt auf noch mehr Busse zu setzen, appelliere man weiterhin an die Schulen, über zeitliche Staffelungen von Schulbeginn und -schluss nachzudenken. Wie voll die Busse tatsächlich sind, ist revierweit ohnehin umstritten. Die Zahl der Beschwerden heißt es bei vielen ÖPNV-Unternehmen sei nicht drastisch gestiegen. „Enge“, sagt ein Unternehmenssprecher, „ist ein sehr subjektives Gefühl.“