Marl. Zunächst zehn bis zwölf Läden, später bis zu 90: Das Ruhrgebiet bekommt ein Outlet-Center. Im September soll es in Marl eröffnen.
- In drei Wochen soll das erste Factory-Outlet-Center (FOC) des Ruhrgebiets teileröffnen.
- Im nächsten Sommer sollen dort 70 bis 90 Läden eingezogen sein.
- Lesen Sie hier, was sich die Stadt Marl vom Outlet-Center verspricht und warum es bislang keine Outlet-Center im Revier gibt.
Der Marler Stern hat sich verpuppt, denn diesmal soll wirklich etwas herauskommen, was abhebt. Die Geschäfte in dem großen und lange Zeit problematischen Einkaufszentrum in der Innenstadt ballen sich nun im Erdgeschoss, im ersten Stock halten fast nur noch die Kollegen von Kik, Tedi, Zeeman oder der Spielhalle die Stellung. Der Rest ist Baustelle hier oben: leere Ladenlokale, Bauzäune, Planen, Farbeimer. Betreten verboten. Nicht nur der Farbeimer.
Die Leute gucken natürlich doch. Faszination Baustelle. Und hinter den Planen sieht es mit echten Klinkern tatsächlich schon ansatzweise so aus wie auf dem Bild oben. Nur der blaue Himmel wird künstlich sein und kann sich später an die Tageszeiten anpassen. Hingegen ist vermutlich nicht vorgesehen, garstige Wetterlagen drinnen nachzubilden.
Outlet-Center Marl: „Herausragendes Einzugsgebiet in 30 bis 60 Minuten Fahrzeit“
In drei Wochen soll hier das erste Factory-Outlet-Center (FOC) des Ruhrgebiets teileröffnen, mit zehn bis zwölf Läden zunächst von 70 bis 90 im nächsten Sommer. In solchen Fabrikverkaufszentren bieten Markenhersteller überschüssige Produktion oder Vorjahresware mit deutlichen Abschlägen an, verglichen mit normalen Ladenpreisen.
Die Immobilie und das „herausragende Einzugsgebiet in 30 bis 60 Minuten Fahrzeit“ habe ihn überzeugt, sagt Kristofer Jürgensen, Geschäftsführer der „Outlet Evolution Services GmbH“ in Konstanz. Da hätte er nämlich das Ruhrgebiet, Münster und Düsseldorf im erhofften großen Sack, über sechs Millionen Menschen. Das „Factory Outlet Marl“ werde das neuntgrößte in Deutschland und „sehr wertig. Vor Ochtrup brauchen wir uns nicht zu verstecken.“
In zahlreichen Städten in NRW sind Planungen für Outlet-Center versandet
Da sagt er was. Denn das größte und beliebteste nordrhein-westfälische FOC liegt – im Ausland. In Roermond in den Niederlanden, direkt hinter der Grenze. Ein hochrangiges Ausflugsziel, wie auch die Staus bezeugen, vor allem an Tagen, an denen man dort einkaufen kann und in Deutschland nicht. Immer wieder sonntags.
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In Nordrhein-Westfalen selbst gibt es die deutlich kleineren Zentren in Bad Münstereifel – und eben Ochtrup im Münsterland. Und ansonsten Zank und Klagen. In mehreren Städten sind in den letzten fünf Jahren Fabrikverkaufszentren schon im Planungsstadium verstorben.
Duisburg galt einmal als herausragender potenzieller Standort für ein Outlet-Center
Dabei galt lange Jahre Duisburg als herausragender potenzieller Standort: wegen der zentralen Lage, der vielen Autobahnanschlüsse und der vielen Menschen im Ruhrgebiet. „Duisburg wird richtig laufen“, sagte damals ein Berater. Doch dann lief gar nichts.
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Den einen vorgesehenen Standort im Norden der Stadt lehnte der Rat ab aus Gründen der innerstädtischen Struktur. Der andere im Stadtkern, ein früherer Güterbahnhof und Schauplatz der Loveparade-Katastrophe, scheiterte an einem Bürgerentscheid. Geschäftsleute in der Innenstadt hatten um ihre Existenz gefürchtet angesichts angekündigter 175 neuer Konkurrenten.
NRW will keine Outlet-Center draußen vor der Stadt
In Rietberg im Kreis Gütersloh? Nein, denn die Bürger waren dagegen. In Remscheid oder Wuppertal? Die Nachbarstädte konkurrierten lange um ein FOC, sie stritten sich heftig, nun hat Wuppertal die Pläne begraben, und gegen Remscheid wird geklagt. Vor Gericht scheiterten bereits die entsprechenden Planungen in Werl: 20 Nachbargemeinden hatten protestiert („Hammer Erklärung“), vor allem aber widersprach die Planung dem erklärten Willen von NRW, solche neuen Zentren nicht mehr in der freien Natur zuzulassen.
Marl hingegen steht ja schon, und zentraler als der Stern kann man gar nicht liegen. „Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass der Einzelhandel und die Gastronomie Frequenz- und Umsatzsteigerungen erleben“, sagt Tim Pieper vom „Handelsverband Ruhr-Lippe“. Gerade wegen der innerstädtischen Lage, „nicht zehn Kilometer vor der Stadt, sehen wir das grundsätzlich positiv“. Der Verband ist, nur am Rande erwähnt, zuständig für Bochum, Herne und den Kreis Recklinghausen ohne Gladbeck, also so eine typische Ruhrgebietskonstruktion.
Bürgermeister: Chance auf mehr Attraktivität, Kaufkraft und Arbeitsplätze
Im Rathaus gegenüber vom Marler Stern sieht man natürlich auch das Positive. „Die Revitalisierung des Einkaufszentrums ist ein großes Ereignis, das Eingang in die Geschichtsbücher finden wird“, sagt Bürgermeister Werner Arndt (SPD), Oberhaupt einer Mittelstadt mit Imageproblem und gewöhnungsbedürftiger City-Architektur. Das FOC sei „eine hervorragende Chance für Marl und die Region, an Attraktivität und Kaufkraft zu gewinnen und neue Arbeitsplätze zu schaffen“. Die Rede ist von 350 bis 400.
Bei der flächendeckenden Begeisterung (und skeptischen Stimmen von Händlern aus dem nahe gelegenen Buer) ist damit zu rechnen, dass es in Marl doch mal klappt mit einem solchen Zentrum. Es wird wegen der innerstädtischen Lage „untypisch viel Gastronomie“ anbieten, so Jürgensen. Er will am 10. September eröffnen mit Lichtspielen, Cocktailempfang und Abendeinkauf. Der künstliche Himmel ist damit allerdings noch nicht fertig.