Duisburg/Essen. Immer mehr Restaurants und Kneipen müssen in NRW wegen Corona aufgeben. Die Wirte sind verzweifelt. Im Winter könnte alles noch schlimmer werden.
Die Zeilen zum Abschied sind knapp, bewegen aber immer noch viele Menschen in der Stadt. „Wir sind sehr traurig mitteilen zu müssen unser Bistro mit dem heutigen Tage schließen zu müssen“, schreibt Paul Meister, Betreiber von „Roberts Bistro“ auf der Facebook-Seite seines Lokals. Corona hat das Traditionslokal im Düsseldorfer Medienhafen nach 31 Jahren zur Aufgabe gezwungen. Leider kein Einzelfall.
Branche hat 400.000 Beschäftigte
In NRW gibt es laut Statistik derzeit rund 44000 Gaststätten, 5200 Caterer und knapp 7000 Ho tels, die 2019 rund 16 Milliarden Euro Umsatz machten.
Beschäftigt sind in der Branche circa 400000 Menschen.
Nach Angaben des NRW-Wirtschaftsministeriums wurden in NRW bislang 442 Millionen Euro an Soforthilfen gezahlt.
Auch das „Kikaku“, das älteste japanische Restaurant der Landeshauptstadt hat aufgegeben. In Wattenscheid schließt die Kult-Kneipe „Toffte“ und für den Club „Jack’s Partyzentrale“ in der Nähe des Bochumer Hauptbahnhofs geht es ebenso wenig weiter wie für das „Haus Lindemann“ in Bottrop oder die „Schönebecker Schweiz“ in Essen. Und im Oberhausener Centro macht nach dem Brauhaus „Zeche Jacobi“ auch das karibische Restaurant „Turtle Bay“ seine Türen zu.
Duisburger Gastronom ist verzweifelt: „Es schmerzt unglaublich“
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Für Helmut Dormann, der seit genau sechzehneinhalb Jahren das Homme D’Or an der Duisburger Rheinbrücke, betrieben hat, ist seit letzten Freitag Schluss. „Es schmerzt unglaublich“, sagt er und ist den Tränen nahe. Alles habe er versucht, nichts habe etwas genutzt. Die Abstandsregeln, die Masken, Angst vor Ansteckung - „den meisten Menschen macht es keinen Spaß mehr, in die Gastronomie zu gehen“.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) spricht dann auch längst von „der größten Krise des Gastgewerbes in der Nachkriegszeit“. „Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Gastgewerbe sind verheerend“, sagt Guido Zöllick, Präsident des DEHOGA Bundesverbandes. Allein im März und April seien der gesamten Branche fast zehn Milliarden Euro Umsatz entgangen. Und selbst nach dem Neustart seien Umsatzrückgänge von über 60 Prozent eher die Regel als die Ausnahme. „Die Verzweiflung in den Betrieben wächst von Tag zu Tag.“ Dormann kann das nur bestätigen. „Meine Welt bricht gerade zusammen.“
„Die meisten Wirte stehen mit dem Rücken zu Wand“
„Sehr ernst“ nennt auch Marc Weber, Vorsitzender der DEHOGA-Kreisgruppe Duisburg, die Situation. „Die meisten stehen längst mit dem Rücken zur Wand.“ Und Weber weiß auch, warum: „Keine Geschäftsreisenden, keine Touristengruppen, keine Besucher aus Belgien oder den Niederlanden“, zählt er auf.
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Die Besucher aus der Stadt, die kommen, wollen meist an der frischen Luft sitzen, auf keinen Fall ins Lokal kommen. „Die Gäste sind immer noch sehr vorsichtig“, weiß Weber, der in der Rheinstadt das Webster-Brauhaus betreibt. „Schon wenn wechselhaftes Wetter angekündigt wird, stornieren viele Leute ihre Reservierungen. Aber ohne gut genutzte, große Außengastronomie geht zurzeit gar nichts.“ Doch die Terrasse vor der Tür einfach zu vergrößern ist gar nicht so einfach. „Erst mal muss Platz dafür da sein.“
Auch Weihnachtsfeiern werden wegbrechen
An den Herbst und Winter wollen die meisten in der Branche dann auch gar nicht denken. Geschlossene Räume, kein Durchzug, stickige Luft, ein Alptraum. Dabei zählen November und Dezember schon wegen der zahlreichen Weihnachtsfeiern normalerweise in vielen Gaststätten zu den umsatzstärksten Monaten. „Aber diese Veranstaltungen werden in diesem Jahr wohl zu einem Großteil wegbrechen“, sagt Weber.
Umso wichtiger, sagt der Duisburger, sei für die Branche die staatliche Unterstützung. Zwar gibt es Überbrückungsgelder, gleichzeitig aber fürchten viele Wirte, dass sie von der während des Lockdowns erhaltenen Soforthilfe viel mehr zurückzahlen müssen, als ursprünglich angekündigt. Zurzeit ist die Nachprüfung der Rückzahlpflicht zwar gestoppt, doch dieser Stopp ist nur vorläufig. Wenn es bei den derzeitigen Regeln bleibe, „wird es eng für viele“, sagen die Wirte. „In Duisburg“, warnt Weber, „würden dann wohl nur 50 Prozent aller Betriebe überleben.“ Eigentlich, sagt er weiter, hätte es schon viel mehr Insolvenzen geben müssen.
Wer nicht aufgibt, rutscht immer tiefer in die Schulden
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„Aber die meisten Gastronomen hoffen, dass da noch was kommt.“ Es ist ein Hoffen auf einen Impfstoff, ein Heilmittel, vielleicht auch auf ein Wunder. Es ist aber auch eine gefährliche Hoffnung. „Mancher, der zumachen müsste, nimmt jetzt noch mal Geld auf“, weiß der DEHOGA-Experte. „Und rutscht dabei immer tiefer in die Schulden.“ Für viele, ahnt Weber, „kommt das böse Ende noch“.
Für Dormann ist es da. „Vorübergehend“, sagt er. Bis Corona besiegt, zumindest unter Kontrolle ist. „Irgendwann kehre ich zurück in die Gastronomie. Für mich gibt es keinen schöneren Job auf der Welt.“
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