Essen. Corona: Leser berichten von Horrortrips mit der Bahn. Reisende dicht an dicht, ohne Maske; Zugbegleiter, die nicht reagieren, aber frech werden.

Gabi und Helmut Bierschenk hatten von Anfang an kein gutes Gefühl bei diesem Städtetrip. Nach Berlin sollte es gehen, Ende Juni, für drei Tage. An- und Abreise hatte das Essener Ehepaar bereits im Februar gebucht. Mit der Bahn – aber: vor Corona. Das Grummeln im Bauch, es war berechtigt, sagen die Bierschenks heute. Entsetzt von der Art, wie die Deutsche Bahn mit dem Thema „Masken- und Abstandspflicht“ umgeht, kehrten sie heim. „Vorerst“, sagt Helmut Bierschenk (64), „besteigen wir ganz sicher keinen Zug mehr.“

Die Rückreise am 26. Juni im ICE 940 wurde für den Essener Rentner und seine Frau zur Schreckensfahrt. Die zwei hatten Großraum-Plätze in der 1. Klasse reserviert, „bewusst die letzte Reihe, damit wir niemanden hinter uns haben“. Doch gleich beim ersten Halt in Spandau „wurde der Zug regelrecht von Menschen überschwemmt“.

Selbst die 1. Klasse sei bis auf den letzten Platz besetzt gewesen, „Reisende standen in den Gängen und saßen auf dem Boden, im Bistro herrschte das größte Chaos.“ „Mit der Maskenpflicht nahmen es viele nicht so genau, was die Zugbegleiter aber völlig ignorierten“. Einer, so Helmut Bierschenk, sei selbst ohne Mund-Nasenschutz (MNS) unterwegs gewesen. „Das darf doch nicht sein, in diesen Tagen“, meint er, eher wütend als besorgt. Sein empörter Brief an die Bahn – blieb bis heute unbeantwortet.

„Wer sich in der Bahn fürchtet, kann ja Auto fahren“

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Immer mehr Leser melden sich dieser Tage mit ähnlichen Geschichten, und im Internet muss man nicht lange danach suchen: Von „Dumpfbacken“ und „Dauertelefonaten ohne Maske“ oder „Verhandlungen an Tischen mit Geschäftspartnern ohne MNS“ ist da die Rede, von Reisenden, die die Maske absetzen, um zu husten oder zu niesen, oder von schludrigen Schaffnern, die den Mund-Nasen-Schutz unterm Kinn tragen. Aber viele sagen auch: Masken sind „doof“, die Bahn ist kein Corona-Hotspot, und wer sich fürchtet, könne ja Auto fahren.

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Ulrich Bornschein pendelt täglich mit dem RE zwischen Essen und Duisburg. Alles prima, schreibt er. „100 Prozent tragen MNS und die Zugbegleiter kontrollieren dies auch regelmäßig.“ Doch erlebte auch dieser Essener Leser auf Reisen „Unglaubliches“: am Pfingstwochenende in ICEs zwischen Essen und Berlin sowie Mitte Juni in zwei ICs zwischen Essen und Stralsund.

„Auf allen vier Fahrten hatte ich jeweils in unmittelbarer Nähe Mitreisende, die das Tragen von Mund-Nase-Schutzmasken bewusst ignorierten.“ Einzelne, die Bornschein darauf ansprach, hätten sie dann „widerwillig“ angelegt, „die Mehrzahl jedoch nicht, obwohl es nach jeder Station eine Durchsage gab.“ Bornschein wendete sich an die Zugbegleiter, der Großraumwagen, erklärte er denen, werde doch so zur „Virenschleuder“. „Wenn Ihnen das Risiko zu groß ist, warum fahren Sie dann mit der Bahn?“ entgegnete man ihm, wie er schreibt. Und: „Sollen wir jedes Mal die Polizei holen, wann wollen Sie denn dann ankommen?“.

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Konflikt- sind Einzelfälle, sagt die Deutsche Bahn

Die Deutsche Bahn werde den genannten Hinweisen „selbstverständlich“ nachgehen, hieß es auf Anfrage. Es handele sich aber um Einzelfälle. „Unsere Erfahrungen und Beobachtungen“, so ein DB-Sprecher, „zeigen, dass sich fast alle Fahrgäste und Besucher an die Maskenpflicht halten.“ Präventionsteams seien unterwegs um dafür zu werben, Reisende ohne Maske erhielten kostenlose Einweg-Modelle. Über die Klimaanlage in den ICE würde zudem alle zehn Minuten einmal die Luft komplett ausgetauscht. „Auch das dient dem Schutz der Reisenden.“

Über die neue Auslastungsanzeige auf bahn.de und in der DB-Navigator-App könnten Reisende neuerdings anhand der Vorausbuchungen erkennen, wie ausgelastet ein bestimmter Zug voraussichtlich sei. „Bei Zügen mit voraussichtlich sehr hoher Auslastung kann der Ticketverkauf zudem ausgesetzt werden“, ergänzte der Sprecher. Sollte es trotz allem zu Konflikten kommen, würde die Bahn die Ordnungsbehörden hinzuholen. „Tatsächlich“, so Sprecher, sei das aber bislang aber sehr selten nötig gewesen, „nur, wenn mal jemand total auf Krawall gebürstet war.“

Schwerpunktkontrolle zur Einhaltung der Maskenpflicht in Duisburg

Lothar Ebbers von Pro Bahn NRW: 95 Prozent halten sich an die Maskenpflicht, sagt er.
Lothar Ebbers von Pro Bahn NRW: 95 Prozent halten sich an die Maskenpflicht, sagt er. © FUNKE Foto Services | Thomas Schmidtke

Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbands Pro Bahn NRW, ist ein Profi-Bahnreisender, er sitzt fast täglich in einem Zug. Schlechte Erfahrungen, „was die Maskenpflicht angeht“, habe er keine gemacht. Auch am vergangenen Wochenende nicht, als er zusammen mit seiner Freundin im Rheinland und im Raum Herford unterwegs gewesen sei. „95 Prozent der Bahnkunden halten sich an die Maskenpflicht“, sagt der 74-Jährige. „Auch wenn die ein oder andere mal ein bisschen schief sitzt, im Großen und Ganzen funktioniert’s.“ Diesbezügliche Beschwerden anderer Bahnnutzer lägen seinem Verband ebenfalls nicht vor.

Ebbers Erfahrungen beziehen sich aber auf den Regional-, nicht auf den Fernverkehr. Er nutze hauptsächlich RRX-Linien, Abellio, Eurobahn und den National Express, erklärt er. „Das ist das Personal sehr präsent, und die Züge sind nicht bis zum Anschlag besetzt.“ In DB-Regio-Zügen dagegen vermisse er derzeit schon mal die Kontrolleure. Und im Fernverkehr „ist das alles härter“.

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Dass auf kürzeren Strecken die Probleme vielleicht kleiner sind, zeigte jüngst auch eine „Schwerpunktkontrolle zur Einhaltung der Maskenpflicht“ der Duisburger Verkehrsgesellschaft DVG an einer U-Bahn-Haltestelle. Ergebnis: eine offizielle „Beanstandungsquote von 2,9 Prozent in den Bahnen“. Insgesamt wurden 110 der knapp 3000 in Zügen oder im Bahnhof kontrollierten Fahrgäste „ohne korrekten Schutz“ angetroffen. 212 ohne gültiges Ticket.

>>>>INFO: Die Corona-Regeln der Bahn

Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist derzeit in allen Fern- und Regionalverkehrszügen sowie auf Bahnhöfen und an Haltestellen Pflicht.

Was die Einhaltung dieser Pflicht angehe, sei man jedoch „auf die Kooperation und die gegenseitige Rücksichtnahme aller Fahrgäste angewiesen“, erklärte ein Bahnsprecher.