Ruhrgebiet. Trickbetrüger nutzen die Ängste älterer Menschen aus: Wie man sich vor den neuen Varianten des Enkeltricks schützen kann.
Halb fünf nachts ist eine etwas ungewöhnliche Zeit für Besuch vom Gesundheitsamt, aber schließlich waren die beiden Tester ja telefonisch angekündigt. Sie kamen in Schutzanzügen und unter Masken in die Wohnung eines 58-Jährigen im Landkreis Leipzig, machten einen vermeintlichen Corona-Test und entschwanden wieder.
Sie erbeuteten nichts, „weil das Wohnumfeld ungeeignet war, während der vorgetäuschten Untersuchung nach Geld oder Wertsachen Ausschau zu halten“, so die Polizei etwas geheimniskrämerisch. Dennoch ist sie sicher: Das waren Trickbetrüger. Vielleich nicht die geschicktesten.
Manche Betrüger verlangen Fantasie-Gebühren für einen angeblichen Test
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Im Ruhrgebiet merkt die Polizei es dieser Tage auch, in Essen etwa, in Bochum und Umgebung: „Ganoven sind anpassungsfähig und nutzen die Ängste der Menschen aus“, sagt Polizeisprecher Ulrich Fassbender in Essen. Und die akute Angst heißt Corona. Nepper, Schlepper, Bauernfänger, Enkeltrickser, Einschleichdiebe haben ihre Gemeinheiten überarbeitet und nun auch eine Corona-Variante zur Hand.
Und so haben sich in den letzten Tagen falsche Mitarbeiter von Gesundheitsämtern zu den notorisch falschen Dachdeckern, Sanitärhandwerkern und Durstigen gesellt, die schon immer irgendwie in Ihre Wohnung kommen wollten, um Sie zu bestehlen. Die Neuen verlangen auch manchmal Fantasie-Gebühren für den angeblichen Test. Und maskiert sind sie auch noch, wie praktisch!
„Die Menschen unter Druck setzen und den gesunden Menschenverstand ausschalten“
Die echten machen zwar auch manchmal Termine in Wohnungen, aber niemals unangekündigt. Rufen Sie sicherheitshalber zurück, heißt der dazugehörige Rat, und zwar auf der richtigen Telefonnummer, die Sie selbst herausgesucht haben.
Es gibt sie auch in der Variante falscher Mitarbeiter der Stadt, die von Tür zu Tür gehen und Corona-Handzettel verteilen. Mit dem Stichwort Corona, sagt der Düsseldorfer Polizeisprecher Kim Ben Freitag, sollten die angesteuerten Opfer „psychisch unter Druck gesetzt werden und den gesunden Menschenverstand ausschalten“. Die Betrüger versuchten, die Verunsicherung noch zu vergrößern, um sich den Weg zu bahnen.
Die falschen Enkel melden sich jetzt vorgeblich aus dem Krankenhaus
Und so geht auch der Enkeltrick mit der Zeit: Der Enkel hat jetzt Corona! Angeblich, versteht sich. Ältere Leute bekommen nun Anrufe, man sei im Krankenhaus und brauche dringend Geld für Medikamente. Eine Bekannte werde es holen. Weil sie die Großmutter nicht gefährden wolle, solle die das Geld doch bitte vor die Tür legen. 15 Uhr herausgelegt, 17 Uhr weg: So ging es dieser Tage einer 83-Jährigen in Mannheim, sie verlor eine „niedrige fünfstellige Summe“, wie es in nicht ganz zu Ende gedachtem Polizeideutsch heißt.
Der Rat ist garantiert coronafrei: Geben Sie am Telefon niemals irgendetwas an über Geld, Wertgegenstände oder Vermögensverhältnisse, raten Sie auch niemals den Namen des Anrufers (wozu er Sie auffordern wird): Sie schenken ihn damit einem Betrüger. Da die Täter Menschen anrufen mit Vornamen, die sehr viel früher in Mode waren: Nehmen Sie sie raus aus dem Telefonbuch oder kürzen Sie sie dort ab.
„Lassen Sie sich den Namen und die Legitimation des Besorgers angeben“
Auch bei der viel gefragten Einkaufshilfe für Menschen, die nicht hinaus wollen, gibt es Missbrauch: Es können Menschen hineinschlüpfen, die nichts Gutes im Sinn haben. Die Polizei rät allen, denen nicht Bekannte helfen können, sich um Hilfe an Institutionen zu wenden, die vor Ort bekannt sind: Kirchengemeinden zum Beispiel oder Sozialverbände. „Lassen Sie sich von dieser Institution den Namen und die Legitimation des Besorgers angeben“, heißt es – und geben Sie ihm nie, nie, nie die Bankkarte.
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Auch beim Einkaufen im Internet kann man übel hereinfallen, darauf weist die Verbraucherberatung NRW hin. Da gibt es alles, was es nicht gibt, Desinfektionsmittel oder Einmalhandschuhe zum Beispiel. Gibt’s natürlich nicht.
Wie man Verkäufer erkennt, die nur als Internet-Seite und ohne jede Ware bestehen
Die Ware kommt nie an, oder sie ist hoffnungslos überteuert oder seit Jahren abgelaufen. „Fake-Geschäfte“, so der Rat der Arag-Rechtsschutzversicherer, „kann man oft am fehlenden oder fehlerhaften Impressum erkennen . . . Fehlt die Möglichkeit, auf Rechnung zu kaufen: Finger weg!“
Und wo bleibt das Positive? In Essen hat vor wenigen Tagen ein Mann bei verschiedenen älteren Damen geschellt, weil er einer anderen, die nicht da sei, ein Medikament bringen wolle. Schwupps, war er drin. Freilich stimmten die Beschreibungen des Täters an einer zentralen Stelle überein: Er hatte so eine auffällige Zahnlücke. Auf der Straße konnte die Polizei den Trickbetrüger später festnehmen. Auch nicht der geschickteste.