Gelsenkirchen. Die linksextreme MLPD wollte in Gelsenkirchen eine Leninstatue aufstellen. Das Coronavirus verhindert dies nun vorerst.
Update: Die geplante Aufstellung der Lenin-Statue am Samstag ist am Freitagvormittag wegen der Ausbreitung des Coronavirus’ abgesagt worden.
Der Kommunismus sowjetischer Prägung hat seine wichtigste Adresse ja schon länger in Gelsenkirchen-Horst. An der Schmalhorststraße hat sich vor bald 20 Jahre das Zentralkomitee der „Marxistisch-leninistischen Partei Deutschlands (MLPD)“ eingerichtet, in einem früheren Sparkassen-Bau, der in, sagen wir, Ost-Berlin, Hauptstadt der DDR, auch nicht weiter aufgefallen wäre. Doch von Samstag an soll die Zentrale unübersehbar sein: Der Genosse Lenin kommt.
Und zwar in einer gusseisernen, 2,15 Meter hohen und 1,3 Tonnen schweren Gestalt. Die MLPD will den Lenin am Samstagnachmittag in einer kleinen Feier aufstellen und hat die Blumenrabatten bereits dreireihig vorbereitet: auf einem eigenen Grundstück, aber direkt an einer der größten Kreuzungen der Stadt. Die Figur kommt, glaubt man der Partei, aus der damaligen Sowjetunion und stand auf einem Marktplatz in der Tschechoslowakei; doch der dortige Bedarf an Lenins ist bekanntlich nach 1989 praktisch zusammengebrochen.
„Unauslöschliche Erfolge beim Aufbau des Sozialismus“
Zunächst mit einem Baustopp, dann vor dem Verwaltungs- und vor dem Oberverwaltungsgericht hat die Stadt Gelsenkirchen in den letzten Wochen vergeblich versucht, die Aufstellung zu verhindern. Ihre denkmalschutzrechtliche Argumentation schwächelte dabei erkennbar: Die Lenin-Statue störe die Wahrnehmung des Sparkassenbaus, der selbst ein Denkmal ist; und es entstehe eine „Aufmerksamkeitskonkurrenz“ zwischen Denkmal und Statue. Doch die Richter konnten nicht nachvollziehen, wie ein 2,15-Meter-Mann einen bis zu viergeschossigen, langgezogenen Bau in den Schatten stellen könnte.
Nun ist Lenin nicht irgendwer. Auf einer Plakatwand, die schon steht, bescheinigt ihm die MLPD „unauslöschliche Erfolge beim Aufbau des Sozialismus“ und behauptet, er habe „die brutale Zarenherrschaft“ gestürzt. Tatsächlich stürzte der Zar schon zu einer Zeit, als Lenin noch in der Schweiz herumexilierte; und als er kam, räumte er die junge Demokratie ab, die gerade entstand.
Bezirksvertretung beschloss eine Resolution gegen die Aufstellung
Wichtiger aber sind die nächsten Jahre: Bürgerkrieg und Terror-Herrschaft. Lenin ließ „unzählige Menschen brutal ermorden“, heißt es bei der SPD. Da werde ein „Götzenbild der Verfassungsfeindlichkeit“ aufgestellt, steht zudem in einer fast gemeinsamen Resolution der Bezirksvertretung Gelsenkirchen-West mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und AfD. Die Partei „Die Linke“ hielt sich an dieser Stelle entschlossen heraus.
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Bewirkt hat es bisher nichts. Und so wird Lenin voraussichtlich am späteren Nachmittag am Rande dieser Kreuzung stehen. Unter anderem wird Gabi Fechtner dort reden, die Vorsitzende der MLPD. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Etliche rote Gäste werden dazu erscheinen. Denn „eine Enthüllungszeremonie wird es am 14. März auf jeden Fall geben!“, so wird Gabi Fechtner zitiert in den „Rote Fahne News.“
Lenin steht dann gegenüber von Schloss Horst
Darunter findet sich eine lange Liste von Links zu Medienberichten über die geplante Aufstellung. Geschichten aus Rumänien und Russland stehen dort, aus Polen und Brasilien, der Türkei und Frankreich; Ein echter Beachtungserfolg: Mehr Aufmerksamkeit hat die linksextreme Splitterpartei vermutlich noch nie erhalten. Auch eine Kurznachricht der britischen KP ist hier zu finden: „First #Lenin statue in western #Germany to be erected after heated battle . . . You can’t stop #progress.“ Das hinter dem „Den Fortschritt kann man nicht stoppen“ noch ein Ironiezeichen steht, hätte man nicht direkt erwartet von einer „CPGB-ML“, der „Communist Party of Great Britain (Marxist-Leninist)“.
Im Rathaus dagegen hält sich die Begeisterung über das provokante Geschenk von „kultureller und touristischer Bedeutung“ (abermals MLPD) in den allerengsten Grenzen. „Wir akzeptieren die Entscheidung des Gerichts“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. Es sei „bedauerlich, dass die MLPD den Bürgern in Horst mit der Statue ihr verklärtes Geschichtsbild zumutet.“ Die Stadt sei aber auf den „kreativen Umgang der Bürger mit der Statue gespannt“. Das ist nun wiederum für die Partei „eine offiziell-städtische Ermunterung zu antikommunistischen Straftaten“.
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Und so wird Lenin wohl tatsächlich vom Wochenende an dem tosenden Verkehr einer Gelsenkirchener Großkreuzung zuschauen. Auf der anderen Straßenseite steht Schloss Horst. Man darf gespannt sein auf die Aufmerksamkeitskonkurrenz. Schloss Horst ist ein Bollwerk des Feudalismus, einer nötigen Vorstufe des Kapitalismus, wie jeder weiß. Aber das war Marx, nicht Lenin.