Essen. Er überfuhr seine Frau mit dem Auto, war wegen Mordes angeklagt. Doch das Gericht verurteilte den Bochumer Rentner nur wegen fahrlässiger Tötung.
Als mutmaßlicher Mörder hatte der 79 Jahre alte Bochumer Rentner Lothar M. vor dem Essener Landgericht gestanden, weil er seine Ehefrau mit dem Auto überfahren und getötet hatte. Doch zum Schluss ersparte das Schwurgericht ihm das Etikett des Mörders. Lediglich wegen fahrlässiger Tötung verurteilte es ihn am Mittwoch zu drei Jahren Haft.
Richter Martin Hahnemann lobte im Urteil sogar ausdrücklich Verteidiger Reinhard Peters, weil dieser zu Recht den Finger in die Wunde gelegt und das Unfall-Gutachten angezweifelt hatte. "Sie sind hier hervorragend verteidigt worden", versicherte er dem Angeklagten. Denn auch die Kammer habe mit dem Gutachten letztlich nichts anfangen können, so dass der Unfallhergang nicht geklärt sei.
Anklage zeichnet Bild eines üblen Menschen
Die Anklage hatte das Bild eines üblen Menschen gezeichnet, der seine Ehefrau auch wegen ihrer finanziellen Forderungen für eine Scheidung hatte loswerden wollen. Der gelernte Handwerker war am 30. September 2018 mit seinem schweren Kia Sorento nach Dorsten zum Schloss Lembeck gefahren, um sich dort um zwölf Uhr mittags mit seiner heute 68 Jahre alten Geliebten zu treffen.
Beide saßen im Auto, plötzlich tauchte an der Beifahrerseite seine 65 Jahre alte Ehefrau auf. "Schnell, wir müssen weg", hatte die Geliebte sofort gerufen. Lothar M. sei angefahren, die Ehefrau gestürzt. Da habe Lothar M. die Chance gesehen, die Ehefrau umzubringen. Er habe den Rückwärtsgang eingelegt und die 65-Jährige überrollt, ihr den Brustkorb und das Herz zerquetscht.
Gericht kritisiert das Unfall-Gutachten
Doch laut Urteil gab es keinen Beleg für diese Version. Das Gutachten habe sich einseitig auf die Rückwärtsfahrt festgelegt, rügte das Gericht im Urteil. Doch dazu passe die Spurenlage nicht. Verteidiger Peters hatte das in seinem Plädoyer volkstümlicher auf den Punkt gebracht: "Das Gutachten kann man in die Tonne kloppen." Nur widerwillig habe der Sachverständige im Prozess schließlich eingeräumt, dass auch andere Versionen möglich seien, sagte er. Vermutlich, so Peters, sei die Ehefrau schlicht gestürzt und so unter das anfahrende Auto geraten.
Staatsanwältin Sonja Hüppe blieb dennoch bei einem Tötungsvorsatz, beantragte neun Jahre Haft für Totschlag. Peters dagegen eine Bewährungsstrafe für den nicht vorbestraften Mandanten wegen fahrlässiger Tötung. Dem folgte das Schwurgericht nicht ganz. Die für eine nicht absichtliche Tötung recht hohe Strafe für einen 79-Jährigen begründete Richter Hahnemann mit den besonderen Umständen des Falles. Schließlich habe der Angeklagte gesehen, dass seine Frau am Fahrzeug war, und habe deshalb nicht so hektisch losfahren dürfen.