Datteln. Ermittler haben einer 70-köpfigen Bande falscher Polizisten das Handwerk gelegt. Sie hatte von Datteln aus Tausende Senioren betrogen.
Mit einer großangelegten Aktion haben deutsche und türkische Ermittler am Mittwoch einen Ring von Telefonbetrügern aus dem Ruhrgebiet gesprengt. Die mutmaßlichen Täter gaben sich am Telefon fälschlich als Polizisten aus und erbeuteten vor allem bei älteren Menschen Millionen.
Wer Hedwig oder Franz mit Vornamen heißt, gerät heutzutage schnell ins Visier von falschen Polizisten. Weil es Namen sind, die auf ältere Menschen hindeuten. Mit Hilfe spezieller Computerprogramme lassen die Betrüger Telefonbücher und -verzeichnisse nach solchen Namen durchsuchen. Dann greifen sie zum Hörer und rufen an. Wobei sie mit einem Trick die Nummer der Polizei, die 110, auf dem Display der Angerufenen erscheinen lassen. Bei einem echten Anruf der Polizei, das sollte man sich übrigens merken, leuchtet diese Nummer niemals auf.
Betrüger erzählen Lügengeschichten am Telefon
Geht am anderen Ende der Leitung jemand dran, passiert meist Folgendes: Die Anrufer, die sich als Polizisten, mal auch als Staatsanwälte ausgeben, berichten von Einbrüchen in der Umgebung und einem festgenommenen Täter. Bei ihm habe man einen Zettel mit Namen und Adresse der Angerufenen gefunden. Nun wolle man zur Sicherheit die Wertgegenstände der Senioren abholen und verwahren. Kollegen, so heißt es, seien schon vor der Tür. Man möge ihnen alles übergeben, dann könne nichts mehr passieren. Manchmal wird sogar geraten, eventuell vorhandene Schließfächer bei der Bank „sicherheitshalber“ auszuräumen.
Nicht unter Druck setzen lassen, misstrauisch sein
Um nicht Opfer falscher Polizisten zu werden, achten Sie auf Folgendes:
– Die Polizei ruft Sie niemals unter dem Polizeinotruf 110 an.
– Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen.
– Legen Sie den Hörer auf - so werden Sie Betrüger los.
– Rufen Sie nicht auf den angezeigten Rufnummern zurück.
– Benutzen Sie in keinem Fall die Rückruftaste.
– Werden Sie misstrauisch, wenn schnellen Entscheidungen, oder die Herausgabe von Wertsachen verlangt werden
Sollte ein angeblicher Polizist bei Ihnen an der Haustür klingeln, lassen Sie sich den Dienstausweis zeigen und fragen sie telefonisch bei der örtlichen Polizeidienststelle zurück.
Ja, das riecht förmlich nach Betrug – wenn man es entspannt und in Ruhe hier liest. Anders ist das bei einem überraschenden Telefonanruf, in dem ein rhetorisch unglaublich geschickt agierender Betrüger sein Opfer unter Druck setzt. „Ich konnte gar keinen klaren Gedanken mehr fassen“, hat eine Seniorin aus Dortmund dieser Zeitung bestätigt. „Und irgendwann habe ich Angst bekommen.“
70 Bandenmitglieder, 100 Taten, mehr als drei Millionen Euro Beute
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So ist es offenbar nicht nur ihr gegangen. Nach knapp einem Jahr intensiver Ermittlungen werden der mehr als 70-köpfigen Bande rund 100 Taten in zehn Bundesländern zur Last gelegt. Der geschätzte Schaden bei den meist älteren Opfern: mehr als drei Millionen Euro.
In Deutschland schlagen die Fahnder am Mittwoch ausschließlich in NRW zu. In Datteln, Bochum, Dortmund, Köln, Frechen, Münster, Rheine und Olfen durchsuchen sie 19 Wohnungen, Geschäftsräume und Fahrzeuge. Zeitgleich gibt es auch Durchsuchungen in den Call-Centern der Bande in Antalya und Istanbul. Dabei werden 24 Personen vorläufig festgenommen, darunter auch die mutmaßlichen Drahtzieher und Haupttäter der Bande. Bei einem von ihnen findet die Polizei eine Schusswaffe und ca. 40.000 Euro Bargeld.
Fahrzeuge, Bargeld und wertvoller Schmuck sichergestellt
In Deutschland werden vier Personen festgenommen, in Datteln soll die Ehefrau des Bandenchefs dazu gehören. Außerdem werden vier hochwertige Fahrzeuge im Gesamtwert von knapp 200.000 Euro, Bargeldbeträge im fünfstelligen Bereich und Schmuck sichergestellt.
Zur Nationalität der Festgenommenen will sich die Polizei auf Nachfrage nicht äußern. Unklar ist auch noch, wie genau die Ermittler den straff organisierten Bande auf die Spur gekommen sind.
Polizei kündigt an: „Wir lassen nicht locker
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Die Aktion, zieht der Einsatzleiter, Stefan Heinz, Leiter der Kriminaldirektion Koblenz, eine erste Bilanz, „zeigt, dass hartnäckige, personalintensive und länderübergreifende Ermittlungen der Polizei schlussendlich zum Erfolg führen und den Betrügern das Handwerk gelegt wird“. An ein Ende der Aktivitäten der „falschen Polizisten“ glauben die Fahnder indes nicht. „Aber“, warnt Heinz in Richtung Nachahmer, „wir lassen auch nicht locker.“