Essen. Auf der Suche nach Frau und Kindern soll der Hattinger seinem Vater ein Messer in den Bauch gestoßen haben. Jetzt steht er vor dem Landgericht.
An den Händen gefesselt und von zwei Justizwachtmeistern vorgeführt, betritt der 42 Jahre alte Sead S. aus Hattingen am Mittwoch den Essener Gerichtssaal. Als aggressiv gilt er, schreckte laut Anklage nicht einmal davor zurück, seinem Vater ein Messer in den Bauch zu rammen. Jetzt muss er sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor der XVI. Strafkammer verantworten.
Drogensüchtig soll er sein, fiel häufig mit kleineren Delikten wie Diebstahl oder Fahren ohne Fahrerlaubnis auf. Zuletzt hatte ihn das Dortmunder Landgericht zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen Bandendiebstahls verurteilt.
Aufenthaltsverbot für Deutschland
Wie bei Ausländern üblich, musste er nicht die gesamte Strafe in Deutschland absitzen. Am 6. Juni 2018 schoben ihn die Behörden in seine Heimat Montenegro ab. Auflage: Bis zum 6. Juni 2023 durfte er Deutschland nicht mehr betreten.
Doch es hielt ihn offenbar nichts in dem Balkanstaat. Laut Anklage hält er sich mindestens seit Mai 2019 wieder in Hattingen auf. Seitdem taucht er immer wieder in der Wohnung seiner Eltern im Stadtteil Welper auf. Dort soll es zu den Straftaten gekommen sein.
Angeklagter sucht nach seiner Frau
Geld soll er von ihnen verlangt haben, aber auch die Adresse seiner früheren Ehefrau. Sie hatte sich von ihm scheiden lassen und war an einen ihm unbekannten Ort verzogen. Die drei gemeinsamen Kinder nahm sie mit.
Sead S. soll mit dem Skoda Fabia unzufrieden gewesen sein, den der Vater für ihn angemietet hatte. Zu klein war ihm der Wagen wohl. Am 15. Juli 2019 kam es darüber zum Streit zwischen dem Angeklagten und seinem 67 Jahre alten Vater. Dabei soll er dem Vater mehrfach so stark in den Bauch geboxt haben, dass dieser Rippenbrüche erlitt.
Von der Mutter Geld verlangt
Die von Staatsanwältin Julia Schweers-Nassif in der Anklage geschilderte Gewalt eskalierte, als Sead S. am 18. Juli abends wieder bei den Eltern auftauchte. Erst verlangte er Geld von der Mutter. Danach will er vom Vater mal wieder wissen, wo Frau und Kinder sind. Doch der Vater verweigert die Auskunft. Sagt wohl auch, dass er gar nicht wisse, wo die Familie des Sohnes lebe.
Der Angeklagte soll ihm gedroht haben: "Wenn du nicht sprichst, bist du tot." Doch der Vater blieb standhaft. Da soll Sead S. ihm zunächst zwei Gesichtsschnitte versetzt und ihm dann das Messer in den Bauch gestoßen haben. An der Hand habe er ihn dann in die Wohnung geführt, wieder Auskunft verlangt haben. Doch auch die 66 Jahre alte Mutter verrät den Aufenthaltsort der Familie des Sohnes nicht.
Keine akute Lebensgefahr
Erst als die Mutter laut schreit, soll Sead S. gegangen sein. Allerdings habe er dem Vater noch einmal das Messer in den Unterarm gestochen. Nachbarn alarmieren die Polizei, der Vater kommt ins Krankenhaus. Lebensgefahr bestand nicht.
Im Prozess schweigt Sead S. zu den Vorwürfen. Und das, obwohl sich die Kammer zuvor entgegenkommend gezeigt hat. Vorsitzender Björn Schilling lässt ihm nämlich die Handschellen entfernen, nachdem Verteidiger Peter Steffen darum gebeten hatte.
Im Gefängnis Justizbeamten geschlagen
Eine mutige Entscheidung: Immerhin hat Sead S. noch eine weitere Verhandlung zu erwarten, weil er im Gefängnis einem Justizbeamten die Faust ins Gesicht geschlagen haben soll.
Zu den in Essen verhandelten Fällen hatte er mal im Ermittlungsverfahren gesagt, seine Eltern seien Lügner. Vor Gericht schweigen beide, nehmen ihr Recht als Eltern wahr, im Prozess gegen den Sohn nicht auszusagen. Allerdings will die Kammer ihre Aussagen durch die frühere Vernehmung beim Hattinger Amtsrichter rekonstruieren.