Hattingen. Vor einem Jahr eskalierte die Situation vor dem Netto in Hattingen-Welper: Vor Gericht berichten der Angeklagte und Zeugen von Angriffen.

Auf der Anklagebank im Amtsgericht Hattingen musste ein 35-Jähriger Familienvater Platz nehmen. Der Vorwurf: Körperverletzung. Allerdings stellte sich der vermeintliche Täter in der Verhandlung mehr und mehr als Opfer heraus. Die entscheidende Aussage kam dabei von einem gänzlich Unbeteiligten.

Mit Tüte voll Bierflaschen an den Kopf getroffen

Ein Jahr ist es her, dass ein Zusammentreffen zweier Männer vor dem Netto in Welper eskalierte. Einer von ihnen: der Angeklagte. Mit seiner Familie war er dort einkaufen, als er auf einen 32-jährigen Bekannten traf. Der habe sofort angefangen, Beleidigungen auszustoßen – dabei auch keine Rücksicht auf die verängstigte dreijährige Tochter genommen. „Wir haben auch eine Vorgeschichte und mögen uns nicht“, gibt der Angeklagte zu.

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Extra habe er sich der Situation entzogen und draußen auf Frau und Kinder gewartet, berichtet er. Doch der Bekannte verließ früher als sie das Geschäft. „Da ging das Geschrei direkt weiter“, erinnert sich der Familienvater. Doch dabei blieb es nicht: Der andere habe mit seiner Einkaufstüte voller Bierflaschen ausgeholt und den Angeklagten am Kopf getroffen. Danach habe er ihn auch noch mit mehreren Flaschen beworfen und nur knapp verfehlt.

Angeklagter ruft selbst die Polizei

All das bestätigt ein 57-jähriger Zeuge, der zufällig an einem Imbisswagen stand. „Der Angeklagte war erstaunlich ruhig. Ich hätte mich nicht so beschimpfen lassen“, erklärt der Mann vor Gericht. Er habe sogar überlegt nach der Attacke mit der Tüte voller Flaschen, einen Krankenwagen zu rufen. „Sein Gesicht war sehr rot“, erinnert er sich.

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Die Polizei rief schließlich der Angeklagte selbst nachdem der Angreifer gegangen war: „Die kam dann auch nach anderthalb oder zwei Stunden“, sagt der 35-Jährige. Die Beamten hätten sein Gesicht auch fotografiert und eine Anzeige gegen den 32-Jährigen aufgenommen.

Staatsanwaltschaft warnt vor Folgen einer Falschaussage

Weil die Aussagen des Beschuldigten und eines Freundes aber der Schilderung des Vater widersprachen, landete er auf der Anklagebank. Beide erklärten, der Angeklagte habe den 32-Jährigen provoziert und die Tüte mit den Einkäufen aus der Hand getreten. Auch nach dem nachdrücklichen Hinweis der Staatsanwältin, dass eine Falschaussage strafbar ist, blieben sie bei ihrer Darstellung.

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Die Ehefrau des Angeklagten bestätigte unterdessen die Aussage ihres Mannes.

Dennoch überzeugte vor allem die Aussage des Zeugen vom Imbisswagen Staatsanwaltschaft und Gericht. Christian Amann urteilte: Freispruch für den Familienvater.