Krefeld. Eine Mutter und zwei Töchter haben versehentlich das Feuer im Krefelder Affenhaus verursacht. Ein Kommissar lobt, dass sie sich gestellt haben.
Das stolze Affenhaus des Krefelder Zoos, in den 90ern führend in der Zucht von Menschenaffen, ist nur mehr ein Gerippe. Die Metallkonstruktion steht noch, fast alle Scheiben sind geborsten. Über 30 Tiere starben hier, darunter acht Menschenaffen, einige durch Rauch, andere durch die Flammen. „Ich habe einige Brandleichen gesehen“, sagt Gerd Hoppmann, der Leiter der Ermittlungskommission, „und ich war sehr betroffen zu sehen, dass Affen dem Menschen im Tode sehr ähnlich sind.“ Keine 36 Stunden sind vergangen seit dem Feuer, da kann die Polizei die Akte schließen.
Die Verantwortlichen haben sich gestellt - aber nicht nur sie. Über 70 Hinweise sind eingegangen, erläutert Hoppmann, und viele kamen von Menschen, die sich selbst verdächtigten, die selbst Fluglaternen hatten steigen lassen in der Silvesternacht. Doch die Polizei ist sich sicher: Eine Mutter und ihre zwei erwachsenen Töchter waren es, die fünf Laternen in Krefeld hatten steigen lassen, von Hand beschriftet mit den besten Wünschen für das neue Jahr. Ein feierlicher Akt, die Familie wollte offenbar auf Raketen und Knalleffekte verzichten.
Brand im Krefelder Affenhaus – Verursacher sind „untröstlich“
„Einige Hinweisgeber sind sehr erleichtert, dass nicht ihre Leuchten ursächlich waren“, sagt Hoppmann. Die Mutter und ihre Töchter, "verantwortungsbewusst wirkende Menschen" im Alter von 60 bis 30 Jahren, sind jedoch untröstlich, hätten in der Vernehmung immer wieder betont, „wie unendlich leid es ihnen tut“. „Sehr couragiert“ und „hochanständig“ nennt der Kommissar es, dass sie sich selbst bei der Polizei gemeldet hatten, auch auf einen Rechtsanwalt hätten sie verzichtet. Näheres zu der Mutter und ihren Töchtern wollen die Ermittler nicht mitteilen, denn auch sie gilt es nun zu schützen. In den sozialen Medien kursieren gar schon Morddrohungen gegen die „Täter“.
Tote Menschenaffen können nicht beerdigt werden
Die durch den Brand im Krefelder Zoo umgekommenen Menschenaffen können nicht beerdigt werden. Da es sich bei ihnen nicht um Haustiere, sondern um Wildtiere handele, sei eine Beerdigung nicht erlaubt, sagte Zoosprecherin Petra Schwinn am Donnerstag. Die Tiere seien dem Veterinäruntersuchungsamt übergeben worden. Zoointern werde es eine Trauerfeier geben. (dpa)
Die Ermittlungsarbeit jedenfalls hätte ohne die Selbstbezichtigung der Familie deutlich länger gedauert, die Ermittler hätten Flugkorridore auswerten müssen und dergleichen. Denn eine Adresse war neben den Wünschen nicht vermerkt auf den Laternen. Eine präsentiert Hoppmann bei einer Pressekonferenz am Donnerstagmittag, das Fluglicht ist fast vollständig erhalten, ein Metallring, weißes papierähnliches Material, Brennpaste als Treibstoff. „Eine wacklige, sehr unsichere Angelegenheit.“
Kein Warnhinweis auf der Verpackung
Die Familie hatte fünf dieser Laternen übers Internet bestellt, ohne zu wissen, dass sie in ganz Deutschland schon seit 2009 nicht mehr fliegen dürfen (auch nicht in Mecklenburg-Vorpommern, wie einige Medien fälschlich berichtet hatten). „Ein Warnhinweis fehlte auf der Verpackung“, sagt der Ermittler. Diese Laterne landete in einem Baum in der Nähe des Affenhauses und erlosch. Auch drei weitere Fluglichter haben die Ermittler gefunden, eines jedoch fehlt.
Auch interessant
Es landete auf dem Dach des Affenhauses, etwa über dem Gehege der Schimpansen mit ihrem Pool. Schon nach wenigen Minuten stand das Gebäude in Flammen, zu schnell, als dass der Wachdienst des Zoos oder die Feuerwehr hätte reagieren können. Letztere wurde bereits um 0.38 Uhr in der Silvesternacht informiert und war nach wenigen Minuten vor Ort. Auch die Experten von Feuerwehr und Polizei beurteilen diesen Verlauf als überraschend schnell. Das Dach war nach einem Hagelschlag neu mit Plexiglas gebaut worden. „Wir werden nun Tests mit Vergleichsmaterialien machen“, sagt Gerd Hoppmann. „Möglicherweise spielt auch Laub eine Rolle“, das lag in größeren Mengen auf den Dächern rundum.
Der Zoom hat eine Brandmeldeanlage
Eine Brandmeldeanlage hatte das Gebäude von 1975 nicht, ebensowenig eine Sprinkleranlage. Allerdings waren die zur Bauzeit auch noch nicht vorgeschrieben - laut Feuerwehrchef Andreas Klos genoss das Affentropenhaus Bestandsschutz. Die Feuerwehr hatte es auch erst vor wenigen Monaten überprüft. Der erst vor 15 Jahren gebaute Gelsenkirchener Zoom dagegen hat Meldeanlage und Sprinkler, schon weil das Affenhaus als Versammlungsstätte gilt, erklärt Sprecherin Nataly Naeschke. Das Giraffengehege ist zwar nicht gleichermaßen von allen Seiten für Besucher einsichtig, hier lagert aber eine Menge Stroh. Der Zoom hatte darum freiwillig Meldeanlage und Sprinkler installieren lassen.
Die Polizei betrachtet den Fall also als geklärt, nun übernimmt die Staatsanwaltschaft. Fahrlässige Brandstiftung wird der Mutter und ihren Töchtern vorgeworfen - wobei es nicht darum geht, wer nun die eine verhängnisvolle Laterne hat steigen lassen. „Zwei haben sie gehalten, eine hat sie angezündet, das geht auch nicht anderes“, sagt Hoppmann. Ob der Zoo zivilrechtliche Schritte einleitet, sei noch offen, sagt Sprecherin Petra Schwinn. Die zwei Schimpansen Bally und Limbo, die den Brand wie durch ein Wunder leicht verletzt überlebten, sind in einem Übergangsgehege untergebracht, sie sollen bald ein Zuhause in einem anderen Zoo finden.
„Sie waren Mitglieder dieser Stadt“
Am Freitag will der Zoo wieder öffnen, das Affenhaus soll soweit möglich vor Blicken geschützt werden, auch um „Katastrophentourismus“ zu minimieren, wie Petra Schwinn sagt. Damit meint sie jedoch explizit nicht die Trauernden, die sich auch am Donnerstag wieder vor dem Eingang versammelt haben: Vor der Statue eines nachdenklichen Affen haben sie hunderte Windlichter entzündet, Affenpuppen ausgestellt und Schilder gemalt, auf denen die toten Tiere als "Mitglieder dieser Stadt", der Familie und als Seelen bezeichnet werden.
Auch interessant
„Seit fast fünfzig Jahren kommen wir her, zuerst mit unserer Tochter, dann mit den Enkeln“, sagt Leo Golzheim (75) aus Viersen. „Die Leute, die das verursacht haben, tun mir auch unglaublich leid“, sagt seine Frau Christiane. „Das hat ja keiner gewollt. In der Haut möchte ich nicht stecken.“ Die „Affen und die Elefanten“, an die erinnere man sich natürlich, sagt ihr Mann. Sie und die Umstehenden kennen sie tatsächlich mit Namen.
Auch interessant
Die Orang-Utan-Dame Lea zum Beispiel und ihre fast drei Jahre alte Tochter Suria. Auch die Gorilla-Männchen Massa und Boma, die 45 Jahr in Krefeld lebten, starben im Feuer. Ebenso drei goldene Löwenäffchen, zwei Silberäffchen und sechs Zwergseidenäffchen, einige Flughunde und Vögel. Nur Leas Enkel Hujan hatte Glück im Unglück: Von seiner Mutter verstoßen, zog der junge Orang-Utan bereits im März nach England um und ist somit der einzige Überlebende der Krefelder Gruppe.
>> Info: Trauer in den sozialen Netzen
Der Spendenaufruf des Zoos auf Facebook rief über 13.000 Reaktionen hervor, wurde mehr als 5000 Mal kommentiert und fast 6500 Mal geteilt. Jana Milster hat das Foto eines Schimpansen gepostet: „Ich war wirklich schockverliebt in diesen Bub. Danke dass ich dir begegnen durfte. Als ich heut davon erfuhr, fiel mir alles aus den Händen, im Moment ist's nicht besser. Mir blutet das Herz. Viel Kraft den Pflegern.“
Real stoppt den Verkauf von Himmelslaternen
Die SB-Warenhauskette Real hat nach dem verheerenden Brand im Krefelder Zoo den Verkauf von Himmelslaternen auf ihrem Online-Marktplatz gestoppt. „Ausgelöst durch die Diskussion, die sich im Zusammenhang mit dem tragischen Brandunglück in Krefeld entwickelt hat, haben wir entschieden, dass diese Artikel von Drittanbietern nicht länger Teil unseres Angebotes sind“, sagte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die „Rheinische Post“ über den Schritt berichtet.
Der Real-Sprecher betonte, die Himmelslaternen seien nicht Teil des Real-Sortimentes gewesen, sondern von Dritten auf der Online-Plattform der Handelskette angeboten worden - zusammen mit rund 15 Millionen anderen Produkten. Die Himmelslaternen seien mit Warnhinweisen versehen gewesen, dass der Gebrauch „in fast allen Bundesländern verboten“ sei. Weiter hieß es dort: „Bitte beachten Sie die dem Produkt beiliegenden Sicherheitshinweise und bedenken sie die möglichen Brandgefahren! Wir empfehlen die Himmelslaterne an einer Drachenschnur zu befestigen, um den Flug des Skyballons besser kontrollieren zu können.“ Auf zahlreichen anderen Online-Seiten waren die Himmelslaternen auch am Donnerstag weiter im Angebot. (dpa)
Aber natürlich gibt es auch die andere Sicht: „Die Tiere haben nicht ihr Leben verloren, denn in Gefangenschaft ist es kein Leben, sondern nur traurige Existenz!“, erklärt zum Beispiel Michaela Hansen auf Facebook, verbunden mit der Forderung, alle Zoos zu schließen. Und natürlich werden solche Diskussionen auch schnell schmutzig auf Facebook. „Ja, ja, zuhause die Welt retten“, schreibt ein Nutzer an anderer Stelle. „Essen Sie lieber mal wieder ein Schnitzel, dann kommen Sie auf klare Gedanken...“
Die Menschenaffenhaltung „wird bei uns ein Schwerpunkt sein und wir werden ein neues Affen-Haus bauen“, kündigte der Zoo hier an. Dazu hat der Zoo die Nummern von zwei Spendenkonten veröffentlicht:
Zoo Krefeld gGmbH Sparkasse Krefeld IBAN: DE 41 3205 0000 0000 0070 70, BIC: SPKRDE33XXX Zoofreunde Krefeld, Verwendungszweck: Spende Affenhaus
Sparkasse Krefeld IBAN: DE42 3205 0000 0000 3177 43, BIC: SPKRDE33, Verwendungszweck: Spende Affenhaus