Krefeld. Nach dem Tod von über 30 Tieren im Affenhaus im Zoo Krefeld, will die Polizei neue Erkenntnisse mitteilen. Zoo öffnet möglicherweise ab Freitag.

Es muss so gegen halb eins gewesen sein, dass bei Friedrich Berlemann das Telefon schellte; ganz genau weiß er es nicht mehr nach dieser furchtbaren Nacht. „Es war eine Mitarbeiterin“, sagt Berlemann, der Vorsitzende der „Zoofreunde Krefeld“, „sie wohnt in der Nähe des Zoos und sagte, sie sieht Feuerschein. Vom Zoo oder von dem Café.“ Bald wird er wissen, es ist im Zoo. Über 30 Tiere sterben, darunter fünf Orang-Utans, zwei Gorillas und ein Schimpanse. Menschenaffen.

Das Affentropenhaus des Zoos, am Rand des Zoo-Geländes gelegen, brannte komplett aus.
Das Affentropenhaus des Zoos, am Rand des Zoo-Geländes gelegen, brannte komplett aus. © dpa | Christoph Reichwein

Die Tiere, die ums Leben gekommen sind, seien ein unersetzlicher Verlust, auch für die Erhaltungsprogramme, sagte der Direktor des Kölner Zoos, Theo Pagel, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ online berichtete.

Zoo-Direktor „Der Schmerz sitzt unglaublich tief“

Am Tag nach dem verheerenden Brand steht im Zoo Krefeld die Trauerverarbeitung im Vordergrund, sagte Zoodirektor Wolfgang Dreßen am Donnerstag in einem Radio-Interview auf WDR2. Der Schmerz, der da ist, sitzt unglaublich tief.“

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Am Tag nach dem Brand „haben wir erstmal nur funktioniert“, die Emotionen seien dann später voll durchgebrochen, schildert Dreßen auf WDR2 die Gefühlslage der Zoo-Beschäftigten. Für die Mitarbeiter des Zoos sei eine interne Trauerfeier geplant, sagte eine Zoo-Sprecherin am Donnerstag auf Nachfrage.

Zoo Krefeld sorgt sich vor Gaffern

Wann der Zoo wieder für Publikum öffnet, war am Donnerstag noch nicht klar. Sprecherin Petra Schwinn in Aussicht, dass der Zoo ab Freitag, 3. Januar, wieder geöffnet werden könnte. Möglicherweise werde das erst kurzfristig am Freitagmorgen entschieden, sagte Schwinn. Das Affentropenhaus ist am südlichen Rand des Zoo-Geländes, in einem gesonderten schmalen Teil der über nur einen Zuweg erreichbar ist. Dieser Weg werde dann bis auf Weiteres gesperrt, erklärte Schwinn, um Gaffer vom Ort des Geschehens fern zu halten: „Wir wollen keinen Foto-Tourismus“, sagte die Sprecherin.

Wann genau in der Neujahrsnacht das Feuer ausbrach? „Nach zwölf, um zwölf, wir wissen es nicht ganz genau, ist das Feuer ausgebrochen“, sagte Dreßen am Mittwoch. Nachbarn alarmieren die Feuerwehr gegen halb eins, als sie vorfährt, steht das Affentropenhaus bereits voll in Flammen. Die Männer löschen, vor allem aber riegeln sie die Nachbargehege mit Wasser von den Flammen ab. Die Kängurus zur Linken überleben ebenso wie sieben Gorillas in ihrer eigenen Anlage rechts.

Zwei Schimpansen wurden narkotisiert, behandelt und gerettet

Feuerwehrleute in der Nacht vor dem brennenden Affentropenhaus.
Feuerwehrleute in der Nacht vor dem brennenden Affentropenhaus. © dpa | Alexander Forstreuter

Doch das Affentropenhaus ist bereits verloren. „Uns war eigentlich schnell klar, dass in dem Gebäude keine Tiere überleben konnten“, sagt der Einsatzleiter der Feuerwehr, Kai Günther, am Mittwochvormittag. Neben den Menschenaffen sind kleinere Affen, Vögel und Flughunde verbrannt, über 30 Tiere, alles in allem. Doch bei den Nachlöscharbeiten, erinnert sich Günther, hätten die Kollegen doch noch „Geräusche aus dem Gebäude gehört, Geräusche von Tieren“. Sie finden die leicht verletzten Schimpansen Bally und Limbo, Mitarbeiter des Zoos holen sie heraus; sie werden narkotisiert, behandelt und in ein leeres Gehege gebracht.

Bally und Limbo seien jetzt in zwei Boxen im „GorillaGarten“ untergebracht, teilte der Zoo am Donnerstag mit. „Sie sind nur leicht verletzt und werden von mehreren Zoo-Tierärzten betreut“.

Bereits am Mittwochmittag stellt Kriminalhauptkommissar Gerd Hoppmann, der Leiter der Krefelder Mordkommission, mit aller Vorsicht erste Ergebnisse des Brandsachverständigen vor. Nach der Spurenlage haben sogenannte Flug- oder Himmelslaternen dass Affenhaus entzündet. „Zeugen haben sie in der Nähe des Zoos und ziemlich tief fliegen sehen“, sagt Hoppmann.

Mögliche Verursacher melden sich bei der Polizei

Fluglaternen sind sehr leicht – und sehr leicht entzündlich – und in Deutschland verboten, eben weil sie Feuer verursachen können. Das wäre dann fahrlässige Brandstiftung. Die gefundenen Reste, sagt Hoppmann, „sehen gekauft aus und sind sehr persönlich, darauf stehen handschriftliche Notizen“. Schnell war der Polizei klar: Zeugen müssen die auffälligen Laternen und die dazugehörigen Leute gesehen haben.

Und schon am späten Mittwochnachmittag meldeten sich mehrere Personen bei der Polizei Krefeld, die als mögliche Verursacher in Betracht kommen. Die Polizei werde die Melder jetzt vernehmen und ihre Angaben überprüfen, heißt es. Zudem untersucht ein Sachverständiger den Brandort. Die Ergebnisse von Gutachten und Befragungen werden für Donnerstag erwartet. „Die Polizei hat die Personen vernommen und wird ihre Angaben überprüfen“, erklärte die Polizei am Mittwoch. Die Überprüfung der Angaben werde aber einige Zeit dauern.

Schild klagt an: „Sie starben für euer Silvestervergnügen“

Kerzen, Bilder, Plüschtiere und Schilder liegen vor dem Haupteingang des Zoos.
Kerzen, Bilder, Plüschtiere und Schilder liegen vor dem Haupteingang des Zoos. © dpa | Christoph Reichwein

Wegen der toten Tiere bleibt der Krefelder Zoo auch am Donnerstag, 2. Januar, geschlossen, teilte der Zoo via Facebook mit. Vor dem Haupteingang stehen am Mittwoch Menschen beisammen, mal 20, mal 30, sie unterhalten sich leise. Jemand hat große Fotos der Affen aufgestellt, Kerzen und Teelichte flackern. Und ein handgemaltes Schild klagt an: „Sie starben für euer Silvestervergnügen.“

„Ich habe ihn altern sehen, aber er war immer noch ein würdiges Tier“

Im Zoo selbst ist es leer bis auf Menschen mit verweinten Gesichtern: die Tierpfleger, die heute arbeiten. Wenn sie sich begegnen auf ihren Wegen zwischen den Gehegen, dann nehmen sie einander schweigend in den Arm. Zoodirektor Wolfgang Dreßen bittet dringend darum, sie nicht anzusprechen. „Sie haben ähnliche Bindungen zu den Affen gehabt wie andere Menschen zu ihren Haustieren, eher noch intensiver“, sagt er. Dreßen selbst kannte ,Massa’, den umgekommenen Silberrücken, seit 30 Jahren. „Ich habe ihn altern sehen, aber er war immer noch ein würdiges Tier“, sagt er.

Eigentlich ist die ganze Affenanlage im Umbau. Die Gorillas haben bereits eine eigene Anlage, der Bau eines neuen Schimpansengartens sollte 2020 beginnen – die Stadt hat den Bauantrag gerade erst, im November, genehmigt. Und so steht mitten im Zoo eine kleine Holzhütte der Zoofreunde, in der sie eigentlich über die Arbeiten informieren und um Spenden bitten. Davor ein Schild mit dem Foto eines der Schimpansen und dem Satz: „Wir bekommen mit Ihrer Hilfe bald ein neues Außengehege. Vielen Dank!“

Zoo will den „Schwerpunkt Menschenaffenhaltung“ wieder aufbauen

Auf einer Pressekonferenz informieren (von links) Zoodirektor Wolfgang Dreßen, Kai Günther, der Feuerwehr-Einsatzleiter, und der Krefelder Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) über den Stand der Dinge.
Auf einer Pressekonferenz informieren (von links) Zoodirektor Wolfgang Dreßen, Kai Günther, der Feuerwehr-Einsatzleiter, und der Krefelder Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) über den Stand der Dinge. © dpa | Christoph Reichwein

Die Pläne sind nun hinfällig. Aber Dreßen hofft schon jetzt, dass der „Schwerpunkt Menschenaffenhaltung“ wieder aufgebaut wird: „In den 80er- und 90er-Jahren waren wir weltweit führend in der Zucht.“ Ein neues Affentropenhaus koste aber „eine zweistellige Millionensumme“.

Doch seit der Nacht auch melden sich Menschen aus ganz Deutschland, fragen, was sie tun können, wollen helfen. Sören Link, der Oberbürgermeister der Nachbarstadt Duisburg, sei einer der ersten Anrufer gewesen, erinnert sich sein Krefelder Kollege Frank Meyer. Und auch auf dem Handy von Friedrich Berlemann, dem Vorsitzenden der Zoofreunde, stapeln sich die tröstenden Kurznachrichten. „Wir fühlen mit euch.“ Dann ein Anruf: „Guten Morgen, Carolin . . . ja, ganz furchtbar . . . Aber alle möglichen Leute bieten Hilfe an.“

Zoo Krefeld bittet um Spenden für neues Affenhaus

Unterdessen bedankt sich der Zoo auf seiner Website für „die überwältigende Welle an Mitgefühl und Hilfsangeboten“: „Das trägt unsere Mitarbeiter“, heißt es in einer Mitteilung. „Wir danken auch für die Solidarität in den sozialen Netzwerken“, schreibt der Zoo: „Wir lesen alles, aber schaffen es noch nicht, darauf zu antworten“.

Die Menschenaffenhaltung „wird bei uns ein Schwerpunkt sein und wir werden ein neues Affen-Haus bauen“, kündigte der Zoo Krefeld an. Dazu hat der Zoo die Nummern von zwei Spendenkonten veröffentlicht:

Zoo Krefeld gGmbH Sparkasse Krefeld IBAN: DE 41 3205 0000 0000 0070 70, BIC: SPKRDE33XXX Zoofreunde Krefeld, Verwendungszweck: Spende Affenhaus

Sparkasse Krefeld IBAN: DE42 3205 0000 0000 3177 43, BIC: SPKRDE33, Verwendungszweck: Spende Affenhaus

Affenhaus im Zoo Krefeld niedergebrannt

Das Jahr 2020 hat für den Krefelder Zoo dramatisch begonnen. Ein Feuer zerstörte das komplette Affenhaus. Mehr als 30 Tiere starben.
Das Jahr 2020 hat für den Krefelder Zoo dramatisch begonnen. Ein Feuer zerstörte das komplette Affenhaus. Mehr als 30 Tiere starben. © dpa | David Young
Bis auf die Grundmauern brannte das Gehege der Orang-Utans und Schimpansen ab.
Bis auf die Grundmauern brannte das Gehege der Orang-Utans und Schimpansen ab. © dpa | David Young
Rettungskräfte der Feuerwehr konnten ein Übergreifen auf den angrenzenden Gorillagarten verhindern.
Rettungskräfte der Feuerwehr konnten ein Übergreifen auf den angrenzenden Gorillagarten verhindern. © dpa | David Young
Der Krefelder Zoo sprach auf Facebook von einer „unfassbaren Tragödie“.
Der Krefelder Zoo sprach auf Facebook von einer „unfassbaren Tragödie“. © dpa | David Young
Beim Eintreffen der Feuerwehr stand das Affenhaus bereits in Vollbrand.
Beim Eintreffen der Feuerwehr stand das Affenhaus bereits in Vollbrand. © dpa | David Young
Nach dem Brand blieb der Krefelder Zoo an Neujahr geschlossen.
Nach dem Brand blieb der Krefelder Zoo an Neujahr geschlossen. © dpa | David Young
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