Moers/Letmathe. Mit LSD vergiftete Äpfel, ein emanzipiertes Dornröschen, gestohlene Happy-Ends: Michael und Markus Grimm mischen die Märchen ihrer Vorfahren auf.

Es waren einmal zwei Musiker mit einem berühmten Stammbaum. Einer von ihnen lebte in Moers am schönen Niederrhein, der andere am Randes des Sauerlands in Letmathe. Eines Tages im Jahr 2007 kreuzten sich ihre Wege zufällig auf einer Bühne in Hagen: Als sich die beiden einander die Hand reichten und vorstellten, waren sie verdutzt: „Wie, du bist auch ein Grimm?“, fragte der eine und legte damit den Grundstein für eine wahrlich märchenhafte Zusammenarbeit.

So oder so ähnlich beginnt die Geschichte von Markus Grimm und Michael Grimm. Seit 2013 bringen die beiden als „Grimm trifft Grimm“ die Märchen ihrer Vorfahren mit Comedy, Musik und Improvisationstheater auf die Bühne. Dabei verstehen sie sich als „Brüder im Geiste“. „Unseren genauen Verwandtschaftsgrad haben wir nie aufgedröselt, es dürften einige hundert Ecken sein“, sagt Markus Grimm. Tatsächlich stammen die beiden von den berühmtesten deutschen Märchensammlern und -erzählern ab, wie ihre Familien unabhängig voneinander festgestellt haben.

Familien forschten in Kirchenarchiven und wiesen Verwandtschaft zu den Märchenerzählern nach

„Mein Vater hatte ein Faible für Ahnenforschung und hat in den Kirchenarchiven von Limburg herausgefunden, dass unsere Linie auf die des Urgroßvaters der Brüder Grimm zurückgeht“, erklärt Michael Grimm. Markus Grimm hingegen ist ein Nachfahre Wilhelm Grimms. Eine gewisse Ähnlichkeit ist tatsächlich da, „vor allem deine Nase sieht so aus wie die von Jacob“, zieht ihn Michael Grimm auf.

„Wir gehen zum Lachen nicht in den Keller sondern in den Märchenwald.“ Markus (links) und Michael Grimm als Jacob und Wilhelm Grimm.
„Wir gehen zum Lachen nicht in den Keller sondern in den Märchenwald.“ Markus (links) und Michael Grimm als Jacob und Wilhelm Grimm. © Markus Grimm | Grimm

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Dabei sind die Namensgeber ihrer Familien für Markus Grimm längst „Schatten der Vergangenheit“, wie er es nennt: „Wir sind eigenständige Künstler und haben mittlerweile genug eigene Sachen gemacht, um uns zu emanzipieren.“ Markus Grimm wurde als Mitglied der Castingband „Nu Pagadi“ bekannt. Der heute 40-Jährige verarbeitete seine Erfahrungen später gemeinsam mit Martin Kesici in dem Buch „Sex, Drugs & Castingshows: Die Wahrheit über DSDS, Popstars und Co.“. Heute macht er neben dem „Grimm trifft Grimm“-Projekt das, was er am besten kann: Songs schreiben.

Michael Grimm ist einer der erfolgreichsten Kinderlieder- und Hörspielmacher

Auch Michael Grimm ist in der Musikszene alles andere als unbekannt: War er in den 1980er-Jahren als Bassist mit der Hagener NDW-Band „Extrabreit“ unterwegs, gehört er heute zu einem der erfolgreichsten Kinderlieder- und Hörspielmacher der Republik. So vertonte er Klassiker wie „Lauras Stern“ ebenso wie „Pettersson & Findus“, verkaufte mit dem von ihm mitbegründeten Musikverlag „Kico Media“ mehr als 4,5 Millionen Tonträger.

Durch seine Arbeit als Produzent hatte Michael Grimm einen kurzen Draht zum Major-Label Universal. „Zum 200-Jährigen der Gebrüder Grimm 2012 fragte Universal uns für eine CD an, auf der wir die schönsten Märchen gemeinsam vertonen“, erinnert sich der 55-Jährige. Danach konnten sich die beiden Grimms vor Anfragen kaum noch retten, traten auch in verschiedenen Fernsehshows auf. Das gemeinsame Bühnenprogramm war da nur der logische nächste Schritt. Was als Theaterstück angedacht war, wurde schnell zur Märchen-Comedy. Ihr mittlerweile zweites Programm „Es war einmal und ist nun wieder...“ spielen sie am 15. Dezember in Hohenlimburg zum letzten Mal (siehe Textende).

„Märchen sind wie eine Ruhewiese. Sie erinnern an die Kindheit und fühlen sich vertraut an“

Danach widmen sie sich voll und ganz ihrem neuen Projekt: „Wir haben ein eigenes Märchen geschrieben, das wir als Musical im nächsten Herbst auf die Bühne bringen wollen“, gibt Markus Grimm einen Ausblick. In der Geschichte, so viel sei schon mal verraten, wurden alle Happy Ends gestohlen und in einem Rubin eingeschlossen. Es ist an den Gebrüdern Grimm, diesen Edelstein zu finden. „Musikalisch wird es etwas düsterer und rockiger, es geht ein wenig in die ,Meat Loaf-Schiene’“, beschreibt Michael Grimm.

Im Kern aber bleiben die beiden den Geschichten ihrer Vorfahren natürlich treu. Dass die Märchen Jahrhunderte überdauern, erklärt sich Markus Grimm mit den tiefen Sehnsüchten, die darin behandelt werden. „Märchen sind wie eine kleine Ruhewiese. Sie erinnern an die Kindheit und fühlen sich vertraut an.“

Der Debatte, ob Märchen wie Hänsel und Gretel oder Rotkäppchen nicht zu brutal für (kleine) Kinder sind, hätten auch sie sich schon schon dutzende Male stellen müssen. „In Zeiten, in denen Computerspiele wie Fortnite schon im Kindergarten angekommen sind, kann ich da nur drüber lachen. Das ist doch viel brutaler“, antwortet Markus Grimm.

Karten für die letzte Show von „Es war einmal und ist nun wieder...“ am Sonntag, 15. Dezember, kosten an der Abendkasse 16 Euro, im Vorverkauf 14 Euro. Beginn ist um 19 Uhr im Werkhof-Kulturzentrum, Herrenstraße 17, Hagen-Hohenlimburg.