Düsseldorf. Sechs Monate nachdem der Prozess gegen ihn eingestellt wurde, sagt Duisburgs Ex-Bauderzernent im Verfahren um das Loveparade-Unglück endlich aus.

14 Monate lang, über 100 Verhandlungstage hat Jürgen Dressler im Loveparade-Prozess geschwiegen. Im Februar wurde das Verfahren gegen ihn und sechs weitere Angeklagte wegen geringer Schuld eingestellt. Doch am Dienstag muss der ehemalige Baudezernent der Stadt Duisburg erneut vor der 6. Großen Strafkammer des Duisburger Landgerichts erscheinen. Als Zeuge. Und als solcher, belehrt ihn der Vorsitzende Richter Mario Plein, "müssen Sie sich vollständig erklären". Doch viel zu erklären gebe es nicht, behauptet der inzwischen 72-jährige Pensionär.

Erschöpft sieht er aus in seinem grauen, offenen Hemd mit der braunen Glattlederjacke darüber, älter und schmaler als zu Beginnn des Prozesses im Dezember 2017. Die Loveparade, eröffnet er, sei politisch gewollt und er persönlich weder mit der Planung noch mit der Durchführung befasst gewesen. Am Tag der Katastrophe selbst, dem 24. Juli 2010, habe er daheim den Geburtstag seine Frau gefeiert. "ich habe nichts zu berichten", sagt der Ex-Baurat. Keine zehn Minuten benötigt er für seine Eingangs-Ausführung.

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"Das scheint mir etwas kurz geraten", meint Richter Mario Plein und beginnt, konkret nachzufragen. An viele der Aktenvermerke, Emails, Gesprächsnotizen, Presseberichte und Sitzungsprotokolle, die er dem Zeugen vorlegt, hat Dressler aber keine Erinnerung mehr. Andere nennt er "dummes Zeug" oder "unlogisch". Die Technoparty, immerhin eines der Leuchtturmprojekte der Kulturhauptstadt, wie Plein erwähnt, "das Bauvorhaben Loveparade", wie Dressler sagt, sei "bis zur Tragödie ein ganz normaler Vorgang" gewesen. Dressler: "Nichts wofür ich exklusive, besondere Wachsamkeit gehabt hätte."

Immer wieder verweist Dressler darauf, dass Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland den Ordnungs- und Rechtsdezernenten der Stadt ("auch ein CDU-Mann"), mit der Loveparade-Planung betraut habe, dieser auch die sogenannte Lenkungsgruppe leitete -- und nicht er, der Stadtbaurat mit erwiesener Expertise. "Die wollten das als politischen Erfolg für Schwarz-Grün verbuchen" sagt Dressler. Und er sei damals SPD-Mitglied gewesen. Er mache kein Hehl daraus, erklärt er einmal, dass ihn deswegen "in all den Monaten eine gewisse Pikiertheit begleitete".

Rechtmäßigkeit der Genehmigung zweifelt er bis heute nicht an

Die "Baugenehmigung" für den Veranstaltungsort am Güterbahnhof, der zur "Versammlungsstätte unter freiem Himmel" umgewidmet wurde, fiel allerdings in die Zuständigkeit der ihm zugeordneten Bauaufsichtsbehörde. Dass sie recht- und ordnungsgemäß erfolgte, zweifelt Dressler bis heute nicht an. In höchsten Tönen lobt er die Kompentenzen der Amtsleiterin. Überprüft hat er die Genehmigung niemals. Auch nicht nach dem Unglück, als am 24. Juli 2010 im Gedränge auf der Zugangsrampe 21 junge Menschen starben, über 650 verletzt wurden.

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Immer wieder betont er, es sei "ein grundlegendes Missverständnis", "ein fataler Irrtum", gewesen im Prozess, anzunehmen, er sei verantwortlich oder zuständig gewesen. Immer wieder verweist er auf einen handschriftlichen Vermerk, in dem er dies klar gestellt habe. "Meine berühmte Remonstration." Tatsächlich erstattete der Ex-Baurat nach der Einstellung des Verfahrens Anzeige gegen das Oberlandesgericht Düsseldorf: wegen Rechtsbeugung. Die Düsseldorfer Richter hatten die Eröffnung der Hauptverhandlung angeordnet. "Willkürlich" nannte Dressler diese Entscheidung und noch heute behauptet er: Er hätte niemals angeklagt werden dürfen. Seine Anzeige blieb erfolglos.

Fünf weitere ehemalige Angeklagte werden noch als Zeugen gehört

Dressler ist der erste der sechs ursprünglich angeklagten städtischen Mitarbeiter, der nun als Zeuge vernommen wurde. Zwei weitere Verhandlungstage sind dafür angesetzt. Die anderen fünf, darunter die Leiterin der Bauaufsicht, werden in den kommenden Wochen geladen. Ebenfalls als Zeugen. Verhandelt wird nur noch gegen drei Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent, unter anderem wegen fahrlässiger Tötung.