Gelsenkirchen/Essen. Ein Kind stirbt in einem Bad in Gelsenkirchen. Schaut man auf Regeln und Zahlen, sind Schwimmbäder der sicherste Ort, wenn man schwimmen will.
Nach dem Tod eines zweijährigen Kindes in einem Bad in Gelsenkirchen stellt sich die Frage: Wie sicher ist es eigentlich im Schwimmbad? Und die Antwort ist: Wenn man in Deutschland schwimmen gehen will, dann sind Schwimmbäder dafür der sicherste Ort. Das belegen die Zahlen der Deutschen-Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Danach sind im letzten Jahr 504 Menschen ertrunken, aber nur 29 in Schwimmbädern. Und das bei ungezählten Millionen Bad-Besuchen.
Weitaus mehr Menschen starben dort, wo es nur in Ausnahmen eine Aufsicht gibt. 233 in Seen und Teichen, 179 in Flüssen und Bächen, 25 in Häfen und Kanälen, 23 im Meer und schließlich 13 in privaten Schwimmbecken, Gräben usw.
„100-mal im Jahr muss einer springen“
„Unser Mitgefühl ist ganz stark bei den Kollegen in Gelsenkirchen“, sagt Timo Schirmer, der Betriebsleiter des „Aquaparks“ in Oberhausen: „Für einen Rettungsschwimmer ist das unheimlich bitter, hunderte Male gesprungen zu sein – und dann so ein Fall.“ Nach seinen Worten gibt es in einem Bad wie dem Aquapark „tausende Fälle im Jahr, dass die Kollegen zu Badegästen sagen, komm’ raus oder komm’ an den Rand. Und 100-mal muss einer springen“, sagt er.
Zur Aufsichtspflicht in Bädern gibt es „keine zahlenmäßigen Vorgaben, sondern nur dazu, was die können müssen“, sagt Michael Weilandt. Er ist der stellvertretende Geschäftsführer der „Deutschen Gesellschaft für Badewesen“ in Essen, die diese Richtlinien in Zusammenarbeit mit Betreibern, Versicherern und Schwimmmeistern erarbeitet hat.
Betreiber analysieren ihre Anlage und legen die Personalstärke fest
Danach müssen die Aufsichten gesund und mindestens 18 sein, geprüfte Retter und Ersthelfer. Ob aber zwei oder fünf da sind, wird nicht vorgeschrieben und nicht kontrolliert. „Das geht auch gar nicht“, sagt Weilandt: „Da kontrolliert die Stadt um zehn vor drei, nichts ist los, eine Aufsicht reicht, alles wäre gut – und dann kommen um drei die Crash-Kids, und Sie brauchen drei Aufsichten.“
Üblich ist, sagt Schirmer, dass die Bad-Betreiber eigene Risiko-Analysen machen und danach die Zahl der Aufsichten festlegen. Sie basieren auf Besucherzahlen und Besonderheiten wie etwa Rutschen, Strömungsanlagen oder Felslandschaften. Das Personal werde dann dieser Analyse entsprechend eingesetzt. Hinzu kämen in manchen Bädern Sicherheitskräfte, die Notfälle zumindest auch erkennen und Alarm schlagen können.
Aufsichtspflicht der Eltern gilt auch im Bad
Doch wenn jemand sterbe, ermittle sofort die Polizei und gucke auch in diese Planungen. „Wenn Sie dann als Betreiber für 5000 Badegäste zwei Schwimmmeister eingeplant haben, sind Sie voll in der Haftung.“ Die Aufsichtskräfte bekommen dann Probleme, wenn sie ihre Arbeit vernachlässigt haben. Schirmer: „Man darf das Becken nicht alleine lassen oder da sitzen und Zeitung lesen.“
Grundsätzlich gilt, dass gerade bei kleinen Kindern „Eltern in der Mitaufsichtspflicht sind“, so Weilandt: „Es gibt ja diese bitteren Urteile,das Kind ist tot und die Oma wird verurteilt.“ Und Schirmer weiß aus der Praxis im Aquapark: „Es gibt oft Fälle, dass Eltern mal nicht aufpassen, gehen mal eben aufs Klo, und das Kind sieht andere Kinder schwimmen und springt rein, auch wenn selbst nicht schwimmen kann.“