Ruhrgebiet. . Städte können zusehends Stellen für Bademeister und Rettungsschwimmer nicht mehr besetzen. Doch ohne Aufsicht gibt es keinen Badebetrieb.
Im Flachbau am Eingang brennt Licht, doch der helle Schein trügt mal wieder. „Das Hallenbad bleibt aufgrund von Dachschäden bis auf weiteres geschlossen“, steht auf dem einen enttäuschenden Ausdruck an verschlossener Glastür; auf dem anderen steht Zurückweisung Zwei: „Freibad Öffnungszeiten vom 1. Juli bis 31. August.“
Zu sehen ist niemand, doch, dort hinten auf dem sonnensatten Gelände mäht ein Mann die Liegewiesen, und eine Frau neben ihm stutzt die Hecke. In 30 Tagen könnten Badegäste kommen! Und was steht im Schaukasten? Ein einziger Aufkleber. „Rette Dein Kaff!“ Wohl nichts Offizielles.
Neun Wochen Sommer
In zwei der sechs Bochumer Freibäder, in den Vororten Höntrop und Werne, ist dieses Jahr nur knapp neun Wochen Sommer. Also: offen. Der Grund: Spardruck und Personalmangel.
Für die Saison fehlen mindestens noch zwei Rettungsschwimmer. „Der Markt ist leergefegt“, sagt Klaus Retsch, der das Sport- und Bäderamt leitet: „Auch andere Städte haben massive Probleme.“
Stimmt. Essen hat Mitte Mai aus Mangel an qualifizierten Kräften zwei Bäder nur mit Verspätung an den Start gebracht. In Oberhausener Freibädern würden Rettungsschwimmer vom Fleck weg eingestellt, kämen sie jetzt um die Ecke.
400 freie Stellen, Beginn „sofort“
Und Duisburg konnte schon 2016 nicht mit kompletter Besetzung fahren – und musste entscheiden: Mal blieb das eine oder andere Hallenbad zu, mal dieses oder jenes Freibad. Der jeweilige Blick aufs Wetter half enorm.
In der Internet-Jobbörse der Agentur für Arbeit sind 400 freie Stellen zu finden, für Rettungsschwimmer und vor allem für „Fachangestellte oder Geprüfte Meister für Bäderbetriebe“, also die, die man gemeinhin „Bademeister“ nennt.
Stellen in Münster, Dormagen, Witten, Stadtoldendorf, Lindau, Landau, Kalkar, Menden. Seite um Seite um Seite Stellen . . . Beginn? „Sofort.“ Was ist denn da los, Herr Harzheim?
„Oft gibt es auch nur Zeitverträge“
Peter Harzheim (61) ist seit 42 Jahren Bademeister. Derzeit in Finnentrop im Sauerland. Vor allem aber ist er ihr Präsident, Präsident des „Bundesverbandes Deutscher Schwimmmeister“ – ihr oberster Interessenvertreter.
Das Berufsbild sei der Öffentlichkeit nicht klar, sagt Harzheim, Kommunen sparten, Bademeister würden „viele Jahre schlecht bezahlt“ – macht in seinen Augen aktuell 2500 fehlende Fachkräfte in Deutschland. „Oft gibt es auch nur Zeitverträge, selbst bei Kommunen.“ Immerhin: Die Bezahlung sei in den letzten Jahren besser geworden, offensichtlich eine Reaktion auf den Mangel an Bewerbern.
„Chemiker, Techniker, Arzt, Animateur, Psychologe“
Bis dahin werden die Gemeinden sich durchschlagen. Ein Sommer zieht auf, in dem das eine oder andere Bad spontan geschlossen bleiben muss. Oder, wie schon geschehen, auch an einem Hitze-Tag nicht mehr spontan geöffnet werden kann.
Die Stadt Essen hat jetzt zwar alle Bäder offen, räumt aber eine „dünne Personaldecke“ ein: Man könne eigentlich noch zehn weitere Fachkräfte gebrauchen.
Bademeister, sagt ihr Präsident Peter Harzheim, seien „Chemiker, Techniker, Arzt, Animateur, Psychologe“ zugleich. „Aufsicht macht nur 20 Prozent der Arbeit aus.“ Aber „Ersthelfer“ seien sie natürlich auch.
Zwei bis drei lebensrettende Einsätze monatlich
Denn Gefahren lauern immer und überall. Timo Schirmer, der Badbetriebsleiter des Oberhausener Aquaparks, zählt zwei bis drei lebensrettende Einsätze monatlich, vielleicht 30 im Jahr. Der typische Fall: Kinder, die sich überschätzen.
Aber auch Erwachsene, die nicht schwimmen können und dennoch vom Drei-Meter-Brett springen. „Dass sie sich in ein Risiko begeben, ist den Leuten oft nicht klar“, sagt Schirmer. Er sucht vier Rettungsschwimmer.