Ruhrgebiet. . Die Imkervereine zählen immer mehr Mitglieder und Bienenvölker. Die Zahl stieg um ein Viertel in fünf Jahren. Das hat vor allem einen Grund.
Als Heike Brauckhoff in ihren ersten Imkerverein eintrat, da hat sie das Durchschnittsalter der Mitgliedschaft im Alleingang unter 70 Jahre gesenkt – die Herren waren damals nicht nur älter, sondern, man ahnt es schon, auch wenige.
Das hat sich gründlich geändert: Heute bei den „Ruhrstadt-Imkern“ sitzt die 56-Jährige einem jungen Verein vor, der im Jahr 30 bis 80 Neuzugänge zählt in Bochum und Umgebung. 230 sind sie jetzt.
Alle Leute wollen Imker werden.
Nahezu 19.500 Imker sind es jetzt in NRW
Das war jetzt übertrieben, aber nur ein ganz kleines bisschen: Die Zahl der Imker und der Bienenvölker ist in Nordrhein-Westfalen nämlich auf einen Höchststand geklettert. Jedenfalls, seit man die Bienen nicht mehr braucht, um Zucker zu bekommen.
Der Landesverband Rheinland zählt aktuell 10.403 Imker, der westfälisch-lippische 9052, zusammen bald 19.500 Imker – über 5000 mehr als vor fünf Jahren, und sie halten rund 127.000 Bienenvölker, noch ein Rekord. Bienen sterben? Honigbienen nicht. Summ, summ, summ.
„Was Sie schon immer über Bienen wissen wollten“
Heinz Depping (69) erlebt das jeden Monat, der Vorsitzende des „Bienenzuchtvereins Oberhausen.“ Dann hält er im ehemaligen, heute öffentlichen Gutshof „Haus Ripshorst“ wieder seinen Vortrag „Was Sie schon immer über Bienen wissen wollten.“ Früher waren nicht so viele Leute da, die etwas über Bienen wissen wollten.
Heute „kommen immer 20 bis 40 Menschen, und zwei bis drei bleiben hängen“, sagt Depping. Seinem Verein standen die Rippen hervor, er war abgemagert bis auf 20 Mitglieder. Heute sind sie 70.
„Jung-Imker“ bezeichnet jeden Anfänger
Warum fliegt gerade alles auf Bienen? „Das ist genau dasselbe, was die Leute in die Bioläden zieht und in die Unverpackt-Läden“, sagt Heike Brauckhoff, die Bochumerin: „Es ist eine Generation, die ein großes Umweltbewusstsein hat und sich das leisten kann.“
Das sind auch, aber nicht nur junge Leute: Das Wort „Jung-Imker“ gilt für jeden Anfänger, und sei er auch 80. Aber allen ist gemein, dass sie „in ihrem kleinen Rahmen etwas für die Natur tun wollen und gegen das Insektensterben“, sagt Brauckhoff.
„Die wollen Biodiversität und Nachhaltigkeit“
Dirk Franciszak beschreibt das ganz ähnlich. Der Vorsitzende des rheinischen Landesverbandes, zuständig von Wesel bis Mainz, spricht von einer „Super-Imkerschwemme“ und sagt: „Die wollen Biodiversität und Nachhaltigkeit haben und erst an zweiter Stelle den Honig. Der war früher am wichtigsten.“
Halte der Trend noch zwei oder drei Jahre an, dann „muss ich überlegen, ob man das überhaupt nebenberuflich und ehrenamtlich noch weiter machen kann“, so Franciszak. Das können heutzutage nicht viele Funktionäre mehr sagen von ihrem Verband.
Zum Einstieg werden etwa 1000 Euro fällig
Dabei ist der Einstieg in die Imkerei nicht billig: Auf etwa 1000 Euro Kosten kommt Norbert Pusch vom Landesverband Westfalen/Lippe für den Anfang. 150 bis 180 Euro für einen Bienenstock, dieselbe Summe für ein „gutes Volk“, 300 Euro für Wachsplatten, nochmal 300 Euro für Werkzeuge, Schutzmantel, Handschuhe.
Allerdings sind die Zugänge heute fließend: Wer mit dem Gedanken spielt ans Imkern, der muss nicht gleich Mitglied werden. Es gibt Infoabende und Eintagskurse, Schnuppern ist erlaubt; wer kein Stück Land hat, der kann seine Tiere zunächst auf einem sogenannten „Bienen-Campingplatz“ stationieren: Da stehen die Völker mehrerer Anfänger beisammen, und ein erfahrener Pate betreut sie und teilt sein Wissen. „Das ist in viele Vereine übergeschwappt“, sagt Brauckhoff.
Im Moment jedenfalls hält der Trend noch an. Die „Ruhrstadt-Imker“ wurden vier Jahre hintereinander ausgezeichnet als der Verein mit dem größten Zuwachs in NRW. Dieses Jahr aber reichte es nur noch für den zweiten Platz. Es überholten die Kollegen aus Witten-Herbede. Bei ihnen muss es zugehen: wie im Bienenstock.