Essen. . Mit einer Rekordzahl von 1150 Ausstellern aus 50 Ländern und 1400 Neuheiten hat am Donnerstag in Essen die Messe „Spiel ‘18“ begonnen.

„Hmmm“, macht der ältere Herr am Tisch in Halle 3, während er über seine Brille hinweg die Spieleanleitung studiert. Zwei Tische daneben sind sie schon ein ganzes Stück weiter, haben das Spielfeld ausgebreitet, Kessel und Zutatenbeutel verteilt. „Dann wollen wir mal sehen“, sagt Lea und wird zum „Quacksalber von Quedlinburg“. Wie so viele im Laufe des Tages auf der „Spiel ‘18“, der weltgrößten Messe für Gesellschaftsspiele in Essen. 1400 Neuheiten gibt es. Und wie immer gilt: „Ausprobieren ausdrücklich erwünscht.“

Man muss nur hinkommen zum Messegelände. Was zum Auftakt gestern gar nicht so einfach ist. Denn nach einer technischen Störung in einem Stellwerk der Ruhrbahn sind die Fahrpläne gehörig durcheinander gekommen und die Züge überfüllt. Vor Ort allerdings wird es nicht besser. So groß ist das Interesse, dass sich vor allen Kassen bis zu 100 Meter lange Schlangen bilden. „Ich habe das Gefühl, es wird jedes Jahr voller“, stöhnt Melanie (28) aus Oberhausen. Das Gefühl täuscht nicht. Bis Sonntag werden über 180.000 Besucher erwartet – wohl mehr als je zuvor.

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Verena Rattler (42) und ihr Mann Georg (45) aus der Nähe von Duisburg können das Interesse verstehen. Mindestens einmal in der Woche greifen sie zu Karten- oder Brettspielen. Mal mit den Kindern, mal mit Freunden. „Da wollen wir doch hier doch mal schauen, was es so Neues gibt.“

Zusammen spielen statt gegeneinander

Kein Einzelfall. Simon, seine Frau Julia und deren Freundin Jasmin sind schon früh am Morgen aus Hessen gekommen, um neue Spiele zu testen. Drei Tage wollen sie in der Stadt bleiben, „damit sich die Sache lohnt“. „Und wir gehen immer erst, wenn sie uns rausschmeißen“, sagt Simon lachend. Spätestens dann sind die großen Taschen, die sie mitgebracht haben, voll bis obenhin. „Vieles ist hier günstiger.“

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Natürlich gibt es Trends. Der anscheinend umstrittenste sind die sogenannten „Unique Games“. Das sind – vereinfacht gesagt – Spiele, bei denen sich Spielinhalte von Exemplar zu Exemplar leicht unterscheiden und so jede Ausgabe quasi einzigartig machen. Für viele Besucher ist das „Blödsinn“, für andere „ein interessanter Ansatz“. Die meisten aber können bisher gar nichts damit anfangen.

Beim „kooperativen Spielen“ ist das anders. Dabei tritt man nicht gegeneinander an, sondern bewältigt miteinander die Aufgaben des Spiels. „Das ist sehr beliebt“, bestätigt Frank Hoffmann vom Bochumer Spieleclub Hippodice. „Auch weil es sehr kommunikativ ist.“ Ein paar Stände weiter aber winkt Marco (32) ab. „Nichts für mich, ich brauche den Wettbewerb. Ich will gegen meine Mitspieler gewinnen.“ Dazu hat er in Essen viele Möglichkeiten und kann sogar auf Klassiker in leicht abgewandelten Versionen zurückgreifen. Bei „Monopoly – mogeln und mauscheln“ etwa ist Schummeln eine der Aufgaben im Spiel. Wer allerdings erwischt wird, kriegt mitgelieferte Handschellen angelegt. „Kommt meinem Naturell entgegen“, sagt Marco. Offenbar nicht nur seinem. Entwickelt wurde die neue Version laut Hersteller Hasbro, weil einer Studie zufolge ohnehin „fast die Hälfte aller Monopoly-Spieler zu mogeln versucht“.

In Kennerspiele muss man sich einarbeiten

Mittag ist es geworden und es geht nicht mehr viel in den breiten Gängen und an den vielen Tischen in den Hallen. Karten werden gelegt, Figuren gezogen und Regeln diskutiert. „Wenn ich den hierhin ziehe und du dann mit dem nachkommst ….was ist dann?“ Anleitungen, ist oft zu hören, würden immer umfangreicher. „In manches muss man sich richtig reinarbeiten“, findet Kirsten Schulz aus Dortmund. Die Branche hat auf die Kritik reagiert und schon vor einiger Zeit ein eigenes Genre dafür erfunden. Wird es komplizierter, spricht sie von „Kennerspielen“. Leerer werden die Tische dadurch nicht. Köpfe stecken zusammen und lesen Seite um Seite. „Hmmm…“