mülheim. . Für ein städtisches Bündnis gegen Salafismus wirbt Hasan Tuncer, Vorsitzender der Aleviten. Moscheevertreter haben bisher kein Interesse.
Hasan Tuncer, Vorsitzender der alevitischen Kultusgemeinde, hat ein städtisches Bündnis gegen Salafismus ins Leben gerufen.
Eine salafistische Szene hat Mülheim derzeit nach Einschätzung der Polizei nicht. „Dennoch ist Prävention wichtig“, ist sich Tuncer sicher. Ein städtisches Netzwerk soll Abhilfe schaffen. Vertreter von Schulen, Jugendeinrichtungen und auch dem Jugendstadtrat sollen nach Vorstellung des 28-Jährigen Teil des Bündnisses werden.
„Moscheevereine haben bisher kein Interesse gezeigt, aber ich kann über den Integrationsrat mit diesen in Kontakt kommen. Die meisten sind dort vertreten“, sagt Tuncer. Die Idee zu einem solchen Netzwerk hat beispielsweise Ahmed Gassa, Mitglied des Integrationsrates und der Arrahma-Moschee, überrascht. Er meint: „Ein solches Netzwerk ist nicht nötig. Wir haben keinen Salafismus in Mülheim. In unserer Moschee klären wir die Jugendlichen bereits ausreichend auf.“
Erwachsene und Jugendliche aufklären
Nach Tuncers Vorstellung sollen die Bündnismitglieder Erwachsene wie Jugendliche über Salafismus aufklären, Präventionsarbeit leisten, damit es zur Radikalisierung erst gar nicht komme. Die Vorsitzende des Integrationsrats, Emine Arslan, hält ein solches Netzwerk für sinnvoll. „So können Menschen mit einer Tendenz auf den rechten Weg gebracht werden.“
Tuncer selbst hat sich zum Botschafter für Toleranz und Demokratie des Projekts Aktiv fortbilden lassen. Die Gemeinschaft der Aleviten in Deutschland will mit solchen Schulungen 100 Menschen ausbilden, die wiederum ihr Wissen in ihrem Umfeld teilen. In fünf Wochenendschulungen hat Tuncer, der sich auch als Ratsherr engagiert, gelernt, vorbeugend mit Jugendlichen zu arbeiten. Die Europäische Union und das Bundesfamilienministerium fördern das Projekt.
In Mülheim leben nach Schätzung von Hasan Tuncer etwa
800 Aleviten. Manche identifizieren sich mit dem Islam, viele bezeichnen sich als eigenständige Glaubensgemeinschaft. Dennoch sieht sich Tuncer hier in der Pflicht. „Migration bringt auch Herausforderungen und diesen können wir gemeinsam gerecht werden.“
Kämpfende Männer sind „Löwen“
Salafisten sind Menschen, die entsprechend islamischer Sitten aus dem 7. Jahrhundert leben – und auch oft den Staat oder Mitmenschen mit Gewalt angreifen. Mit öffentlichen Koranverteilungen und Internetportalen wie „Die wahre Religion“ erregen sie deutschlandweit immer wieder Aufsehen.
Kämpfende Männer bezeichnen Salafisten als „Löwen“, Frauen, die ihrem Weltbild entsprechen, als „Prinzessinnen“. Damit wollen insbesondere Jugendliche anwerben. Der Verfassungsschutz spricht von der „dynamischsten islamistischen Bewegung“.
Gegen gewaltbereiten Salafismus gibt es seit einigen Monaten die Beratungsstelle Wegweiser, mit Sitz in Oberhausen. Wegweiser klärt Schulen und Mitarbeiter von Behörden dazu auf, welches Verhalten noch Ausdruck religiöser Gesinnung und noch kein Extremismus ist.
>>> INFO: Salafist in Mülheim: der Fall Nezet S.
Der Mülheimer Nezet S. hatte sich dem „Islamischen Staat“ in Syrien angeschlossen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte den damals 22-Jährigen zu zweieinhalb Jahren Haft. „Mittlerweile habe ich mich von der IS-Szene abgewendet“, erklärte Nezet S. vor Gericht.