Witten. . Zweieinhalb Jahre ist Tobi Rosswog ohne Geld herumgereist. Inzwischen wohnt er in einem Gemeinschaftshaus und teilt seine Habe.
Einen interessanten Mann hatte die Oikos Winter School der Universität Witten/Herdecke zu Gast: Tobi Rosswog, der durchs Land tingelt, um seine Version eines „geldfreien Lebens“ zu verkünden. Seit zweieinhalb Jahren lebt der 27-Jährige ohne persönlichen Besitz.
Rund 40 Gäste zwischen 20 und 60 Jahren lauschten gebannt seinen Worten. Tobi Rosswog machte sich stark für Umwelt und Nachhaltigkeit, gegen Wohlstandsballast und Konsumterror. Er wolle nicht länger „bei der Wachstumsparty dabei sein, wo Leistungsdruck und Selbstoptimierungswahn die Gastgeber“ seien und alles andere den Bach runtergehe. Denn die Ressourcen des Planeten Erde seien eigentlich erschöpft.
Studium abgebrochen, Geld verschenkt
Man müsse radikal etwas ändern. „Wenn das Fundament morsch ist, ist es müßig ins Dach zu investieren“, so seine bildhafte Argumentation. Er prangerte die globale soziale Ungerechtigkeit an und bezeichnete den Mangel als ein Konstrukt des Kapitalismus.
Dieser mache die Menschen zu Egoisten. Im „Hamsterrad der Selbstverwirklichung“ würden die belohnt, die andere ausbeuten. In seinen „geldfreien“ Jahren hat Tobias Rosswog sich verändert. „Befreit“, wie er betont. Als Minimalist wisse er heute, was er wirklich zum Leben braucht. Philosophisch fordert er die Zuhörer auf, sich zu fragen: Wer bin ich eigentlich?
Vor fünf Jahren begann der Umschwung in Rosswogs Leben, nach einem Vortrag zur Welternährungssituation. „Ich habe mein Studium abgebrochen, mein Geld verschenkt und mich auf den Weg gemacht.“ Sein jahrelanges Reisen sei eine wichtige Erfahrung gewesen, ohne Gedanken über Steuererklärungen und Karriereplanung.
Ganz ohne Geld geht es aber doch nicht
„Plötzlich war mehr Zeit da. Und diese freigewordene Zeit ist doch die Grundlage für Veränderungen“, erzählt er. „Wer genügsam ist, braucht diesen Überfluss nicht. Die Erde könnte zwei Milliarden Menschen mehr ernähren. „Wenn da nicht die 45 Kilo Lebensmittel wären, die täglich in einem Supermarkt in den Müll wandern.“
Tobi Rosswog lebt vegan und weitgehend geldfrei. Ganz ohne Geld ginge es auf Dauer allerdings nicht. Er braucht es für die Krankenversicherung und die Warmmiete. Aber er ist felsenfest überzeugt, dass man der Utopie „geldfreier zu leben“, in der Wirklichkeit bedenkenlos folgen kann.
>>> INFO: Klamotten, Bücher, Einkommen – alles wird geteilt
- Wie lebt man denn nun ohne Geld? Das erklärte Tobi Rosswog kürzlich in einem Spiegel-Interview. Sein gesamter Besitz passe in einen Umzugskarton. Zusammen mit Gleichgesinnten hat er in Mainz das „Liebermensch“-Haus gegründet. Für zehn Personen gibt es einen Gemeinschaftskleiderschrank. Die Hosen, Pullis, Shirts dürfen alle tragen. Nur für Unterhosen und Socken hat jeder ein eigenes Fach.
- Bücher stehen im Gemeinschaftsregal. Die Möbel und Küchengeräte haben sich die Bewohner vom Sperrmüll besorgt. Ein Supermarkt spendiert Lebensmittel, bei denen das Verfallsdatum vor Kurzem abgelaufen ist.
- Das Honorar für Rosswogs Vorträge geht auf das Gemeinschaftskonto. Der Aktivist trampt, übernachtet bei netten Leuten.