Ruhrgebiet. . Schon seit Jahren hat die Polizei gedroht, Gewalttäter aus Fankurven nicht mehr Auto fahren zu lassen. Nun rückt die Strafe näher.

Die Drohung schwebt seit Jahren im Raum, die Polizei hat sie schon mal in Braunschweig ausgesprochen, mal in Hannover und zuletzt in Kaiserslautern.

Dort verschickt sie am 29. Juli 2015 kurz vor 13 Uhr, kurz vor dem ersten Saisonspiel des 1. FC, zwei Twitter-Nachrichten: „Gewalttäter werden von uns konsequent an die Führerscheinstelle gemeldet, sodass Straftätern auch der Verlust des Führerscheins droht“, steht da. Und: „Sich zu vermummen, ist auch eine Straftat, genauso wie das Abbrennen von Pyrotechnik.“

Bild eines vermummten Polizisten

Unter den launigeren Antworten findet sich auch das Bild eines vermummten Polizisten. Was entschieden darauf hindeutet, dass die angesprochenen Fußballfans die Drohung nicht wirklich ernst nahmen. Denen war ja auch noch nie etwas gefolgt.

Doch damit ist es offenbar vorbei: Die Diskussion um Fahrverbote für Fußballrowdies läuft gerade an. „Als Thema kenne ich das, als Umsetzung ist es neu“, sagt Christian Helbich, der Sprecher der „Bundesarbeitsgemeinschaft Fanprojekte (BAG)“.

Vier können sich die MPU nicht leisten

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Begonnen hat die Umsetzung in Oberhausen. Dort hatte die Stadt schon vor anderthalb Jahren eine Gruppe Ultras von Rot-Weiß aufgefordert, sich der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU, auch bekannt als ,Idiotentest’) zu unterziehen. Die Begründung: Ihre Aggressivität, bewiesen beim Fußball, wecke Zweifel an ihrer Fähigkeit, ein Fahrzeug zu führen.

Nach langem Hin und Her endete das Ansinnen vor wenigen Wochen vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf: Die Vorsitzende Richterin ließ in einem Vergleich durchblicken, die Stadt könne tatsächlich so handeln. Nun haben vier Fans, die sich die fällige MPU finanziell nicht erlauben können, vorübergehend keinen Führerschein mehr. Die Ersten in Deutschland. Doch die Ersten werden nicht die Letzten sein.

„Zur Vermeidung gleichgelagerter Straftaten“

Pyrotechnik abbrennen und dafür nicht mehr fahren dürfen? Ultras haben dafür kein Verständnis.
Pyrotechnik abbrennen und dafür nicht mehr fahren dürfen? Ultras haben dafür kein Verständnis. © imago sport

So ließ Oberhausens Beigeordneter für Ordnung, Frank Motschull, auf Anfrage schriftlich mitteilen, die Stadt bewerte dieses Mittel „auch nach Rücksprache mit den örtlichen Polizeibehörden zur Vermeidung gleichgelagerter Straftaten als sinnhaft“. Und dabei bleibt es nicht: Die Innenminister reden über das Thema auf ihrer Konferenz nächste Woche in Leipzig – dort sitzen alle deutschen Länder mit am Tisch.

„Für die jungen Leute ist das eine Katastrophe“, sagt Christian Helbich, der Sprecher der Fanprojekte: „Eventuell kommen sie nicht zur Freundin oder zum Freund, nicht zur Berufsschule, nicht an die Uni, nicht auf die Arbeit. Ich habe Zweifel, ob das zu Einsicht führt.“

„Völlig überzogene Maßnahme“

In den einschlägigen Foren im Netz geht es jedenfalls schon kontrovers zu, und zwar mehrheitlich so: „Perverse und völlig überzogene Maßnahme.“ Oder auch: „Wegen Pyro den Führerschein wegnehmen lassen?!? Was hat das eine mit dem anderen zu tun?!? Bestimmt ist die Polizei pissig, dass Pyrozünder vor Gericht geringe Strafen bekommen.“

Ein anderer hat die Logik begriffen: „Nach dem Motto, wer sich nicht an die Stadionregeln hält, hält sich auch nicht an die Verkehrsordnung. Um dies zu widerlegen, muss der Betroffene dann erst mal schön zum Idiotentest.“

„Ist dies nur der Anfang?“

Und so stellt die Seite „faszination-fankurve“ die naheliegenden Fragen angesichts einer Ultra-Szene um Rot-Weiß Oberhausen, die ausgesprochen überschaubar ist: „Soll diese Maßnahme als Pilotprojekt in Oberhausen starten, da man hier vom geringsten Widerstand ausgeht? Ist dies nur der Anfang, und soll dies quantitativ als auch regional ausgeweitet werden?“ Alles deutet darauf hin: Ja.