Gelsenkirchen. In NRW arbeiten zunehmend ausländische Ärzte, weil deutsche Mediziner lieber patientenfern in der Forschung oder der Verwaltung arbeiten. Außerdem gehe ein Großteil nicht mehr ins Krankenhaus oder wandere ins Ausland aus, so die Krankenhausgesellschaft NRW.

Eleftherios Perrakis lächelt die werdende Mutter Michelle P. an. Und überprüft dann die Herztöne des Babys im Bauch der Mutter. Dazu nutzt der Arzt einen Wehenschreiber. Perrakis ist 36 Jahre alt und stammt ursprünglich aus Griechenland. Der um sich greifende Ärztemangel an deutschen Kliniken führte den Assistenzarzt aus Athen vor gut drei Jahren an das Gelsenkirchener Marien-Hospital. Dort arbeitet Perrakis im frisch renovierten Kreissaal.

Kollege berichtete vom Ärztemangel in Deutschland

«Als ich hierhin kam, waren meine Deutschkenntnisse nicht besonders gut», erinnert sich der Mediziner. Heute spricht der Assistenzarzt »fünf Sprachen« und sein Deutsch ist fast akzentfrei. Doch warum Deutschland? Ein Kollege hatte Perrakis vom Ärztemangel an deutschen Kliniken erzählt. Der Arzt machte sich auf die Reise und suchte sich eine kleine Wohnung in Düsseldorf.

«Viele Ärzte in NRW verlassen die Hochschulen, und die Arbeit am Patienten findet nicht mehr deren erste Priorität», sagt Bernd Zimmer. Er ist Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein. Nach seinen Angaben gehen viele Mediziner in Verwaltung oder Forschung und arbeiten dort patientenfern. «Zudem liegt die Abbrecherquote im Studium bei rund 20 Prozent.» Die Lücken füllen Mediziner aus dem Ausland.

Nach einer Statistik der Bundesärztekammer haben Ende Dezember 2008 insgesamt 21 784 ausländische Ärzte in Deutschland gearbeitet. Im Vergleich zum Vorjahr sei dies ein Plus von 6,6 Prozent, sagte Bundesärztekammersprecher Alexander Dückers. Von den 21 784 ausländischen Ärzten seien 10 984 aus EU-Ländern gekommen. Darunter seien 1708 Griechen gewesen; die Griechen machten die zweitgrößte Gruppe der ausländischen Ärzte nach Österreich mit 1802 Mediziner aus. 13 207 der 21 784 ausländischen Ärzte arbeiteten in Kliniken.

Deutsche Ärzte gehen nicht mehr ins Krankenhaus

«Zahlreiche deutsche Ärzte gehen nicht mehr ins Krankenhaus oder sie wandern ins Ausland aus», ergänzt die Referentin der Krankenhausgesellschaft NRW, Astrid Holler, weitere Ursachen des Problems. Auf der Perinatalstation des Marien-Hospitals in Gelsenkirchen ist davon nichts zu merken. Dort kommen täglich drei bis vier Kinder zur Welt. Am Vortag hatte der Athener Mediziner Perrakis «drei Kinder» geholt. Darauf ist er sichtlich stolz: «Ich bin zufrieden, wenn alles gut geht und Mutter und Kind gesund sind.»

Sein bereits als Kind geäußerter Wunsch, Frauenarzt zu werden, sorgte dabei in seiner Familie für Unverständnis: »Niemand hat mir das damals geglaubt.« Heimisch fühlt er sich in Düsseldorf, weil ihm der Rhein ein «klein wenig» das Meer ersetzt. Zwei Jahre dauert seine Ausbildung zum Facharzt noch. Danach will der Assistenzarzt gerne weiter in NRW arbeiten. Bis dahin pendelt Eleftherios Perrakis weiter täglich nach Gelsenkirchen - und lebt seinen Kindheitstraum. (ddp)