Düsseldorf. Seit Jahren gibt es Streit um die von Bayer geplante Kohlenmonoxid-Pipeline (CO) zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen, jetzt schließt der Konzern erstmals den Ausstieg aus dem Projekt nicht mehr aus.
Nach Informationen der WAZ gab es Signale aus der Leverkusener Konzernzentrale, das Projekt zu stoppen. Ein Bayer-Sprecher wollte dies weder bestätigen noch dementieren und reagierte ausweichend. „Wir prüfen alle möglichen Schritte eingehend", betonte er. Also auch einen Ausstieg? „Noch ist nichts entschieden."
Hintergrund: Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte am 26. Mai einen Eilantrag des Konzerns auf Inbetriebnahme wegen unzureichender Sicherheitsvorkehrungen abgelehnt. Damit hat die aufschiebende Wirkung von zwei Privatklagen gegen den Betrieb der 67 Kilometer langen unterirdischen Trasse weiterhin Bestand. Dieser Beschluss des Verwaltungsgerichts setzt Bayer offenbar arg zu: Die Verantwortlichen fürchten mehr denn je eine jahrelange gerichtliche Auseinandersetzung.
In baulicher Hinsicht können die Verantwortlichen von „Bayer Material Science” zwar weitgehend Vollzug melden: Die Rohre sind zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen zu fast 100 Prozent verlegt – Bayer könnte den Betrieb, der bereits für Ende 2007 vorgesehen war, kurzfristig aufnehmen. Wären da nicht die juristischen Gefechte, die genau dies seit Jahren verhindern.
Ein Ende der gerichtlichen Scharmützel ist nach dem jüngsten ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf nicht absehbar, so dass Bayer sogar über einen Ausstieg und alternative Standorte für die Kunststoffherstellung nachdenkt. Die belgische Hafenstadt Antwerpen steht bereit.
Am 21. März 2006 sah die Welt für Bayer noch anders aus. Einstimmig und ohne Debatte verabschiedete der NRW-Landtag die „Lex Bayer”, die wegen des überragenden öffentlichen Interesses die notwendigen Enteignungen entlang der 67 Kilometer langen Trasse ermöglichte.
Massiver Widerstand
Ein Jahr später gab die Bezirksregierung grünes Licht zum Bau – doch parallel dazu formierte sich ernsthafter Widerstand. In mehreren betroffenen Orten bildeten sich Bürgerinitiativen, es gab Protestaktionen gegen die ihrer Meinung nach unsichere Pipeline.
In jedem Fall ist Kohlenmonoxid ein tückisches Gemisch aus Kohlen- und Sauerstoff. Auf der einen Seite handelt es sich um ein Alltags-Gas: Es entweicht aus dem Auto-Auspuff. In hoher Konzentration kann es dagegen tödlich wirken, es ist zudem sehr schnell entzündlich. Die Chemieindustrie benötigt Kohlenmonoxid als Grundstoff zur Herstellung von Kunststoffen, die etwa in CDs und vielen anderen Produkten stecken.
Nachdem zwei Privatkläger mit Erfolg die Inbetriebnahme verhindert hatten, versicherte Bayer, alles daran zu setzen, die Sicherheit des Leitungssystems zu verbessern. Entsprechend groß war die Ernüchterung in der Bayer-Chefetage vor zwei Wochen, als die Düsseldorfer Richter feststellten, dass sich die Sicherheitslage „verschlechtert” habe. Bayer wolle auf ein oberflächennahes Warnband verzichten und habe zudem die Rohrwandstärke teilweise verringert.
Jetzt ist aber zunächst die Bezirksregierung Düsseldorf gefordert: Die Genehmigungsbehörde kann entweder ein Hauptsache-Verfahren beantragen oder den Planfeststellungs-Beschluss erneut nachbessern. Ein Bayer-Sprecher: „Wir können die Bedenken überhaupt nicht nachvollziehen.”