Ruhrgebiet. . Drei Bewerber wollen die Landesgartenschau 2020. Zwei davon liegen im Ruhrgebiet. Nächste Woche kommt die Kommission, um sie zu begutachten.
Wo der Rhein-Herne-Kanal sich auf eine Brücke zwängt, damit die Emscher ihn unterhalb kreuzen kann, da steht man vor Emscherbruch und Großbaustelle zugleich: Satt grün ist die Aussicht, leicht gewellt, doch haben sich Kräne und Rohre, Zäune und Container, Laster und Warnschilder ihrer bemächtigt. Hier befreit der Mensch die Emscher vom Abwasser und vom Betonbett, und plätschernd ist der Fluss auf einem guten Weg. Zu einer anderen Kreuzung: mit der Landesgartenschau 2020. Vielleicht.
Denn gleich drei Bewerber legen sich ins (Grün)Zeug, und nun reist eine Kommission nächste Woche durch Nordrhein-Westfalen, um einen letzten Blick auf sie zu werfen. Auf die Bewerbung von „Emscherland“, so nennen sie sich in dieser Sache selbst: Herne, Herten, Castrop-Rauxel und Recklinghausen gemeinsam mit dem Motto „Wasser, Wege, Wandel“. Auf die von Kamp-Lintfort („Kohle, Kloster, Campus“) und auf die von Bad Honnef.
Zwölf Stunden Präsentationen, hunderte Buskilometer
Ein Spaß ist das nicht: zwölf Stunden Präsentationen in überheizten Räumen, dazu hunderte Buskilometer mit zu wenig Sitzabstand. Und dann wirft Emscherland auch noch Auftritte von Kindern und Kleingärtnern in die Entscheidungsschlacht um die finale Sympathie – und Kamp-Lintfort einen Chor: „Wir wollen ein Meer von Blumen sehen, wir wollen gemeinsam was erleben, in Kamp-Lintfort auf der Gartenschau.“
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Denn Gartenschauen sind ja nicht nur Gartenschauen. Sie werden großzügig vom Land gefördert. Sie sind städteplanerische Hilfsmotoren, um dunkle Ecken einer Stadt voran zu bringen. Und sie sollen Gäste und Geld in die Stadt bringen und ihr Ansehen auf Dauer mehren.
So äußern sich die Konkurrenten in professioneller Zuversicht. „Wir sind gut im Rennen“, sagt Bürgermeister Christoph Landscheidt in Kamp-Lintfort. Tatsächlich ist die Laga schon im Stadtbild, mit Fahnen, mit Aufklebern und einem Förderverein der Bürger.
Emschergenossenschaft sieht "äußerst gute Chancen"
Andererseits spricht auch die Emschergenossenschaft von „äußerst guten Chancen“. Sie steht entschlossen an der Seite der Viererbande, weil die Wiedergeburt der Emscher als normaler Fluss ihr Werk ist. Zum Abschluss 2020 sollte sowieso größer gefeiert werden, also vermählte man das mit den zuvor eher vagen Ideen der Städte, eine Thema anzustreben.
Sie versprechen ein „grün-blaues Band“ auf 18 Kilometern entlang der Emscher mit neuen Wegenetzen; zentraler Ort wäre der Emscherbruch an der Stadtgrenze Recklinghausen/Castrop-Rauxel. Die Investition liegt bei mindestens 22 Millionen Euro, die höchste gedachte bei 50 – die weitgehend das Land zahlen würde und wo die Emschergenossenschaft noch etwas drauflegt. Kamp-Lintfort kalkuliert mit 16 Millionen und will seinen Wandel in den Mittelpunkt stellen: mit Kloster Kamp, mit dem gerade geschlossenen Bergwerk West und mit der neuen Hochschule Rhein-Waal. In der Abrechnung kann das gut gehen, muss aber nicht: Die letzten Landesgartenschauen machten teils sechsstellige Gewinne, teils Verluste in Millionenhöhe.
Keine Bahn, kein Zentrum: Beide Revierbewerber haben ein Problem
Freilich haben beide Ruhrgebietskandidaten auch ihren Klotz am Bein. Emscherland wird damit zu tun kriegen, dass die Bundesgartenschau 2015 in fünf brandenburgischen Orten weit unter den erwarteten Besucherzahlen blieb: Mitschuldig soll genau diese Verteilung auf verschiedene Orte gewesen sein. Und Kamp-Lintfort ist bisher noch Deutschlands drittgrößte Stadt ohne Bahnanschluss. Ganz schlecht für auswärtige Gäste! Da fürchtet manch einer die Hauptmann-von-Köpenick-Falle: ohne Gartenschau kein Bahnanschluss, ohne Bahnanschluss keine Gartenschau.