Essen. Der Landschaftsarchitekt Andreas Kipar über die Grüne Hauptstadt 2017, über die Zukunft des Städtebaus und die besondere Mentalität im Ruhrgebiet, die es zu überwinden gelte.

Für Andreas Kipar ist die Zukunft der Stadt grün. Nun, der Mann ist Landschaftsarchitekt. Wenn er so etwas sagt, dann mag ihm mancher unterstellen, da redet einer Pro domo – also ganz im eigenen Interesse. Doch Kipar ist einer, der Visionen entwirft und sich glücklich schätzen darf, diese auch umzusetzen – in Mailand, in Moskau und auch in Essen.

Die Verbindung innerstädtischer Grünzüge zwischen Ruhrtal und Emscher entlang von neuen Wegen zum Wasser, geht auf seine Idee zurück. 2017, wenn Essen sich Europas Grüne Hauptstadt nennen darf, sollen Besucher von nah und fern die Stadt auch auf diesen Wegen entdecken. Kipars Plädoyer fürs Grün ist also zum einen eine Zustandsbeschreibung, aber es ist auch ein Appell an die handelnden Akteure, noch mehr daraus zu machen.

Eine Etappe auf dem Weg zur Landesgartenschau

2017 ist für Essen und das Ruhrgebiet eine Chance. Davon ist Kipar überzeugt. Abermals stehen Stadt und Region im Schaufenster. Dass das Revier in puncto Grün etwas zu bieten hat, steht für den Landschaftsarchitekten außer Frage. Das gilt es zu zeigen. 2017 könnte nur eine Etappe sein auf dem Weg zur Landesgartenschau „Emscherland“ 2020, um die sich vier Kommunen der Emscherzone bewerben, und zur internationalen Gartenschau 2026. Doch Events sollen nur ein Mittel zum Zweck sein. Es geht um Stadtentwicklung. Und dafür werde „grüne Infrastruktur“ immer wichtiger, um die Vernetzung von Grün und Urbanität. Städte, die wachsen wie München oder Köln hätten das erkannt, betont Kipar und schlägt den ganz großen Bogen nach New York. Das Motto dort: „green & greater“. Es gehe um Lebensqualität, um das kulturelle Bedürfnis nach Natur, das sich auch dort befriedigen lässt, wo Menschen immer enger zusammenrücken.

Das Ruhrgebiet fällt einem da nicht gleich ein. Auch wenn Essens Bevölkerungszahl seit einigen Jahren wieder moderat wächst. Das mag sich auf Dauer ändern mit dem Zuzug von Flüchtlingen. Kipar warnt Stadtplanung und öffentlichen Wohnungsbau vor einfachen Antworten. „Warum probiert man nicht neue Wohnformen aus, zum Beispiel am Rhein-Herne-Kanal, wo man es nicht geschafft hat“, fragt der Landschaftsarchitekt in Anspielung an die Millionen schweren Träume einer Marina.

Essen aus der Ferne betrachten

Vielleicht muss man wie Kipar, der in Gelsenkirchen-Buer aufgewachsen ist, in Essen studiert hat und in Mailand lebt, die eigene Heimat aus der Ferne betrachten, um ihr Potenzial zu erkennen. Essen habe gezeigt, wie es geht, sagt Kipar und verweist auf das Uni-Viertel am Berliner Platz. Mit dem Bau einer Grünanlage war die Stadt dort auch finanziell in Vorleistung gegangen, private Investoren zogen nach. Längst hätten Geldgeber erkannt, dass Grün ein Wert an sich sei, der die eigene Investition noch wertvoller macht. Stadtplanung gelte es darauf auszurichten, auch über die Stadtgrenzen hinaus. Bekanntlich ist das nicht leicht im Ruhrgebiet, das für vieles steht nur nicht für Innovationsfreude. Allen, die so denken, gibt Kipar folgenden Rat: „Wir müssen endlich wegkommen von dieser Mentalität, die da lautet: Wir haben es so schwer.“