Brüssel. . Mehr als 17 Stunden haben sie gerungen und gestritten. Fast wären beim Krisengipfel in der Nacht zu Montag alle Mühen um Griechenland gescheitert.
Es war ein harter Kampf über 17 Stunden. In der Nacht zu Montag standen die Gipfel-Gespräche mehrfach auf Messers Schneide, immer wieder drohten Delegationen damit, sofort abzureisen. „Um sechs Uhr morgens sagten alle: Es geht nicht, wir brechen ab“, berichtet ein Teilnehmer über die Gespräche im kleinen Kreis zwischen Deutschen, Franzosen und Griechen. EU-Gipfelchef Donald Tusk habe an diesem Punkt aber klargemacht, dass es keine Alternative gebe – zumal ein Scheitern die Börsen abrutschen lassen würde, die schon bald öffnen sollten. Tusk habe seine Worte sorgfältig gewählt: „Wir bleiben in diesem Raum, bis wir uns geeinigt haben.“ Und so blieben alle. Und verhandelten weiter. Bis der Kompromiss geschafft war.
Aber nach 17 Stunden war selbst die eiserne Kanzlerin nicht mehr in Bestform. Einen Scherz rang sich Angela Merkel doch noch ab, als sie – Sakko hell, Augenringe dunkel – am Morgen im Gipfel-Hauptquartier Bericht erstattete. Frage eines Journalisten: „Muss man nicht sagen, dass Griechenland hier behandelt wird wie Deutschland im Versailler Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg?“ Antwort: „An historischen Vergleichen beteilige ich mich nicht – insbesondere wenn ich sie nicht selber aufgestellt habe.“
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Der Vergleich, den sie selber anstellte, war ein anderer: „Minsk“. In der weißrussischen Hauptstadt hatte Merkel im Februar an der Seite des französischen Präsidenten François Hollande einen nächtlichen Verhandlungsmarathon mit den Herren Wladimir Putin (Russland) und Viktor Poroschenko (Ukraine) durchgestanden. Das hat die Christdemokratin aus Berlin und den Sozialisten aus Paris menschlich zusammengeschweißt. Doch diese Verbindung hatte beim Griechenland-Showdown eine strapaziöse Bewährungsprobe zu bestehen.
Rekord von Nizza verfehlt
Wie umgehen mit Alexis Tsipras? Da waren sich Deutsche und Franzosen nicht einig. Der griechische Premier hatte von seinem Volk und der großen Mehrheit des Parlaments den Auftrag, den drohenden Grexit abzuwenden. Gleichzeitig sollte er Stolz und Würde der Hellenen behaupten. Doch beides zusammen – das funktionierte nicht. Hollande sorgt sich eher um die Würde, Merkel mehr um Gegenleistungen für die erbetene Hilfe aus dem Nottopf ESM, immerhin 86 Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren.
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So wurden es „harte Verhandlungen mit durchaus harten Bedingungen“ (Merkel). Viel fehlte nicht, und der Rekord, aufgestellt in Nizza im Jahr 2000, wäre eingestellt worden: 18 Stunden hatten sie damals ununterbrochen getagt. Unterbrechungen gab es diesmal schon, allerdings nicht für Merkel und Hollande, die eigentlichen Regisseure dieses Gipfels. Gleich dreimal musste die große Runde eine Auszeit nehmen, um eine Separat-Besprechung des deutsch-französischen Tandems mit Tsipras und dem Gipfelvorsitzenden Donald Tusk zu ermöglichen.
Zwei Forderungen vor allem waren es, mit denen sich die Griechen partout nicht abfinden wollten: Der Internationale Währungsfonds (IWF), so wollten es die Partner, muss auch an einem neuen Programm als Geld- und Ratgeber beteiligt sein. Tsipras sträubte sich, der IWF ist daheim als besonders rücksichtslose Sparaufsicht verschrieen. Der zweite Knackpunkt betraf eine Art Auktionshaus für das Tafelsilber der griechischen Staatskasse. Weil die Privatisierung dort kaum vorangekommen ist, wollen die Gläubiger jetzt die Sache selbst in die Hand nehmen: Ein Treuhandfonds soll Häfen, Autobahnen, Flughäfen und anderes öffentliches Eigentum verkaufen.
Hollande, der Vermittler
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Als darüber schließlich Einvernehmen bestand, war die Runde schon nicht mehr vollständig. Sloweniens Premier Miro Cerar hatte um sieben Uhr das Feld geräumt. Der niederländische Amtskollege Mark Rutte bekam die slowenische Stimme anvertraut.
Am Ende präsentiert sich Hollande als erfolgreicher Vermittler: Er habe sich dem Grexit widersetzt, obwohl es in Deutschland so viel Druck in diese Richtung gab: „Es lag in Frankreichs Interesse, Griechenland im Euro zu halten, aber auch Europa voranzubringen und einen Kompromiss mit Deutschland zu finden.“