Brüssel. . Die Euro-Finanzminister konnten sich bislang nicht einigen, ob sie Griechenland neue Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket in Höhe von 74 Milliarden Euro anbieten oder nicht. Für ein Entgegenkommen sprach sich unter anderem der italienische Premier Matteo Renzi aus.

Beim Ringen um Griechenlands Verbleib in der Eurozone sind die Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland offen zutage getreten. Vor Beginn des weithin als entscheidend eingestuften Sondergipfels in Brüssel zeigten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande unterschiedliche Bereitschaft, mit Athen über ein neues Hilfsprogramm zu verhandeln: Hollande warnte vor den Folgen eines Grexit, Merkel betonte das verloren gegangene Vertrauen in die griechische Regierung.

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Bislang hatten Berlin und Paris ihre unterschiedlichen politischen Instinkte und Interessen in der Griechenfrage stets auf eine Linie gebracht. Diesmal blieben die Differenzen unübersehbar. „Es geht darum, ob Griechenland in der Eurozone bleibt. Aber es geht auch um Europa“, sagte Hollande vor Beginn des Gipfels.

Merkel: Keine Einigung um jeden Preis

Merkel verwies darauf, dass es keine einhellige Empfehlung der Euro-Finanzminister gebe, jetzt Verhandlungen über ein neues Hilfspaket für Griechenland zu beginnen. Eine Einigung um jeden Preis komme für die Bundesrepublik nicht infrage. „Die wichtigste Währung ist verloren gegangen, und das ist das Vertrauen und die Verlässlichkeit.“

Für ein Entgegenkommen ge­genüber den Griechen sprachen sich auch der italienische Premier Matteo Renzi und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz aus. Beide gehören wie Hollande zur Parteienfamilie der europäischen Sozialdemokraten. „Italien wird alles tun, den Griechen die Hand zu reichen“, versicherte Renzi. Schulz warnte, beim Treffen am Sonntagabend handle es sich nicht um ei­nen beliebigen weiteren Gipfel. Diesmal müssten die Teilnehmer „über die Zukunft Europas entscheiden“. Eine Einigung noch am Sonntag sei zwingend geboten.

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Die schon am Vortag begonnene Sitzung der Euro-Finanzminister verlief erneut überaus zäh. Strittig blieb vor allem, wieweit die griechischen Reformzusagen schon taugen, um Verhandlungen über ein dreijähriges Hilfsprogramm unter dem Schutzschirm des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu ermöglichen. Nach Darstellung des finnischen Finanzministers Alexander Stubb ist davon nur eine Minderheit der 19 Euro-Länder überzeugt.

Schäuble schlägt Fünfjahres-Grexit vor

Mit einer besonders harten Position („bei weitem nicht ausreichend“, „die Zahlen sind furchtbar schlecht“) trat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf. Dessen Haus hatte zuvor ein Papier mit zwei Optionen in Umlauf gebracht. Danach müssten die Griechen zusätzlich zu weiteren Reformen für 50 Milliarden Euro Staatsbesitz verkaufen, um ihre Schulden zu drücken. Alternativ sollten sie eine mindestens fünf Jahre lange Auszeit von der Eurozone nehmen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen und die Schulden erträglich zu machen. Das Konzept wurde auf dem Treffen offenbar gar nicht erörtert, sorgte aber dennoch für Aufregung bei den Partnern.

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Unter den beiden bisherigen Programmen hat Griechenland rund 240 Milliarden Euro Kredithilfe bekommen. Ein drittes Programm müsste nach Einschätzung der Gläubiger-Institutionen rund 74 Milliarden Euro schwer sein, vermutlich zuzüglich einer Brückenfinanzierung, damit die Staatskasse in Athen ihre laufenden Ausgaben tätigen und Rückzahlungsverpflichtungen erfüllen kann.

"Niemand blockiert ei­nen Deal"

Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir, gegenüber den Griechen mindestens so ungnädig wie sein deutscher Kollege Schäuble, sagte vor der zweiten Etappe der Beratungen in der Eurogruppe, er halte einen Deal noch am Sonntag für ausgeschlossen. Eine abschließende Vereinbarung stand allerdings streng genommen auch nicht zur Debatte, wie Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan klarstellte: „Es geht nicht darum, einen Deal abzuschließen, sondern Verhandlungen einzuleiten.“

Der Finne Stubb schließlich dementierte Berichte, sein Land sei entschlossen, einen Deal zu verhindern und einen Grexit zu erzwingen. „Niemand blockiert ei­nen Deal … aber was die Griechen an Verpflichtungen vorgelegt haben, ist zu diesem Zeitpunkt schlicht nicht hinreichend.“