Berlin/Essen. Ein Attentat wie das in Paris kann nach Ansicht der Sicherheitsbehörden auch in Deutschland geschehen - unter anderem wegen der Hilfe für die Kurden
Muss sich auch Deutschland auf die Rache islamistischer Terroristen einstellen? Am Donnerstag wollen Bund und Länder über die Sicherheitslage reden, kündigte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) an.
Ein Attentat wie in Paris, offenbar von Islamisten verübt, kann nach Einschätzung der deutschen Sicherheitsbehörden im Prinzip auch hierzulande jederzeit geschehen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte: „Die Lage ist ernst, es gibt Grund zur Sorge und zur Vorsorge, aber nicht zur Panik.“ Dass in Berlin nicht längst wie in anderen Staaten die Terrorwarnstufe erhöht wurde, liegt allein daran, dass hierzulande ein solches Warnsystem nicht existiert.
Wut der Dschihadisten auf Deutschland ist groß
Die Wut der Dschihadisten auf Deutschland dürfte groß sein. Binnen zwölf Monaten haben die Sicherheitsbehörden die Fahndung nach mutmaßlichen Unterstützern massiv ausgeweitet. Zum Jahresende führte die Bundesanwaltschaft 46 Verfahren mit 83 Beschuldigten. 2013 waren um diese Zeit gerade fünf Verfahren mit acht Beschuldigten anhängig. Das ist eine Verzehnfachung der Bemühungen, gewalttätige Islamisten zu fassen. „Aller Voraussicht nach ist der Scheitelpunkt dieser Entwicklung noch nicht erreicht“, kündigt der Generalbundesanwalt an.
Hintergrund sind die Konflikte in Syrien und Irak und der Krieg, den der „Islamische Staat“ dort auch mit Hilfe deutscher „Ausgereister“ führt. Polizei und Justiz gehen von mittlerweile 550 meist jungen Dschihadisten aus, die aus Berlin, Norddeutschland und vor allem NRW nach Syrien gefahren oder auch schon wieder zurückgekehrt sind. Ein erster Rückkehrer wurde zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Fünfzehn Unterstützer sind in U-Haft. Die Bundesanwaltschaft droht damit, Syrien-Fahrer auch wegen Völkerrechts-Verbrechen anzuklagen, wenn ihnen diese nachzuweisen sind. Verbrechen gegen das Völkerrecht werden wesentlich härter bestraft als die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung.
Waffenlieferungen an Kurden
Spätestens durch die Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak ist Deutschland nach BKA-Analyse verstärkt ins Visier der Islamisten geraten, wobei die Terrormiliz IS die Aktionen gar nicht selbst organisieren muss. Die größte Gefahr geht laut Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz von Einzeltätern oder Kleinstgruppen aus – Fanatiker, die ohne Struktur und Organisation handeln und deshalb für die Sicherheitsbehörden besonders schwer zu erfassen sind.
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Während Kanzlerin Angela Merkel (CDU) von einem „niederträchtigen Anschlag“ sprach, warnte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi auch vor einem Erstarken der anti-islamischen Pegida-Bewegung angesichts des Terrors: „Niemand sollte den Terroranschlag instrumentalisieren, um neuen Hass zu säen. In dieser Stunde müssen alle zusammenstehen, um gegen Hass und Gewalt aufzustehen.“