Essen. Von der bleiernen Zeit mit Schreibmaschine zur multimedialen Produktion: Eine kurze Geschichte der Zeitungstechnik von 1948 bis zur Gegenwart.

Es gab mal eine Zeit, in der Telefone Wählscheiben hatten. In der nicht mal Commander McLane vom Raumschiff Orion „dieses Internet“ prophezeit hätte. Wackere Redakteure hackten ihre Texte auf Papier, mittels kiloschwerer Schreibmaschinen (für junge Leser: das war so eine Art Tastatur, die direkt drucken konnte). Berufe wie Maschinensetzer, Metteure, Stereotypeure oder Klischee-Ätzer waren unverzichtbar, bevor sie als Kollateralschaden des technischen Fortschritts verschwanden wie Dinosaurier nach dem großen Meteoriteneinschlag.

Die bleierne Zeit

Bis Anfang der 1970er-Jahre herrschte sie bei der WAZ. Zu Beginn oft im Handsatz wie in den Tagen des seligen Johannes Gutenberg. Zunehmend mit Setzmaschinen wie der berühmten Linotype: Für jeden vom Setzer getippten Buchstaben spuckte sie eine Matrize (Gussform) aus und reihte diese zu Zeilen aneinander. Die fertige Zeile wurde mit flüssigem Metall ausgegossen: Es entstand die namensgebende „line of types“. Für ganze Seiten kombinierte man die Zeilenblöcke zu Druckstöcken, das Blei wurde nach dem Druckvorgang wieder eingeschmolzen.

Der Autor Frank Grieger (54) ist seit 27 Jahren WAZ-Angestellter. Seit 2017 leitet er im Anzeigenbereich die Abteilung Sonderthemen NRW.
Der Autor Frank Grieger (54) ist seit 27 Jahren WAZ-Angestellter. Seit 2017 leitet er im Anzeigenbereich die Abteilung Sonderthemen NRW.

Derweil produzierte die „Klischeeanstalt“ aus Bildern Druckformen: Vom Originalfoto wurde ein Negativ hergestellt und durch eine Rasterplatte in Punkte aufgelöst: je dunkler die Partie des Originalbildes, umso mehr Punkte. Das Ganze wurde auf eine Zinkplatte mit lichtempfindlicher Schicht kopiert. Nach dem Aushärten konnten die empfindlicheren Zwischenräume mit Salpetersäure weggeätzt werden. Übrig blieben die später druckenden Rasterpunkte (natürlich in schwarz, von Farbe war längst noch keine Rede ).

Gut 5.000 Zeichen pro Stunde konnten in den 1950er-Jahren gesetzt werden, für industrielle Zeitungsproduktion zu wenig. So führte die WAZ 1962 Teletypesetting ein: Schreibkräfte wandelten an Perforatorgeräten Texte in Lochstreifen um, mit denen die Setzmaschinen gesteuert wurden (ein Vorläufer der Computerprogrammierung). Mit diversen Weiterentwicklungen stieg die Leistung bis auf 3.600 Zeilen pro Stunde, dann war die Kapazität des Bleis ausgereizt.

Der Weg ins Licht

Ab etwa 1970 hieß der letzte Schrei: Fotosatz. Dabei wurde ein Lichtstrahl durch Negativvorlagen auf lichtempfindliches Fotopapier oder Film geleitet. Allerdings musste für den Hochdruck auf der Rotation nach wie vor ein dreidimensionaler Druckstock her, der in der so genannten Chemigraphie in Magnesium geätzt wurde.

1976 hielten Elektronik und Lichtsatz Einzug bei der WAZ. Der Plan: Jeder Redakteur sollte seine Texte über eine „Video-Schreibmaschine“ in einen zentralen Rechner befördern. Spaltenweise könnten Textfahnen ausgegeben und im Klebesatz – mitsamt den gerasterten Bildvorlagen - zu Seiten zusammengebaut und belichtet werden. Die Vision wurde Wirklichkeit. 1979 erschien die letzte redaktionelle Seite im Bleisatz.

Blick hinter die Kulissen: So entsteht die WAZ

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    Anfang der 1990er-Jahre hielt der Ganzseitenumbruch Einzug bei der WAZ: Mit dem Multicom-System konnte man nun am Bildschirm eine ganze Seite layouten und geschlossen ausgeben, bald sogar mit integrierten Bildern.

    Sie sei so schwarz wie die Kohle im Revier, hatten Spötter der WAZ einst unterstellt. Nun wurde die Zeitung immer luftiger, bunter, besser lesbar.

    Storys und Service auf allen Kanälen

    Einen weiteren Meilenstein bildete 2009 die Einführung des Redaktionssystems Méthode von Eidosmedia: Mit Fotofreistellern und Infografiken ermöglicht es, zeitgemäßes Storytelling auch optisch in ein ansprechendes Gewand zu kleiden. Und das längst nicht nur im Print, sondern cross- und multimedial: 70 Jahre, nachdem die erste WAZ erschien, gedruckt in Bochum fast noch wie zu Gutenbergs Zeiten. Aus heutiger Sicht mag man lächeln über jene graue Vorzeit der Zeitungstechnik, die so antiquiert erscheint wie Dampfloks oder Zeppeline. Doch 70 Jahre WAZ, das bedeutet auch: 70 Jahre technische Innovation, die das Medium in seiner modernen Form erst möglich gemacht hat.

    Übermittlung per Funk oder Telefonkabel 

    Hellschreiber Fax und E-Mail? Davon konnte in den 1940er- und 50er-Jahren natürlich noch lange keine Rede sein.

    Stattdessen gab es auch bei der WAZ „Hellschreiber“, benannt nach Erfinder Rudolf Hell. Bei dieser Art des Fernschreibers, die unter anderem Presseagenturen nutzten, wurden Schriftzeichen in ein Raster von Bildpunkten zerlegt, per Funk oder Telefonkabel an ein Empfangsgerät übertragen und dort am laufenden Meter auf schmalen Papierstreifen in Reinschrift ausgedruckt. Schreibkräfte übertrugen sie auf lesbare Manuskripte.

    Rohrpost 1961 wurde das WAZ-Druckhaus an der Schederhofstraße eingeweiht. Mit einer technischen Sensation: Eine unterirdische Rohrpost verband Redaktion und Druckerei. In den Rohrpost-Büchsen, die per Druckluft auf die Reise gingen, wurden Druckfahnen oder Repro-Filme verschickt - fast so flott wie beim Beamen auf der Enterprise. Erst mit komplett vollzogener Digitalisierung lösten Datenkabel nach Jahrzehnten die Rohrpost ab.

    Datenspeicher
    Ende der 1970er-Jahre waren die mächtigsten Wechselplattenspeicher des damaligen Atex-Systems kaum kleiner als Pkw-Reifen. Sie hatten eine Kapazität von damals unfassbaren 30 Megabyte.
    Fotos: WAZ-Bildarchiv

    Die Datasette
    Anfang der 1980er-Jahre liefen bei der WAZ verschiedene Redaktionssysteme parallel. Eines davon (von der Herstellerfirma Harris, im Bild: der frühere Chefredakteur Ralf Lehmann) verwendete als Datenträger eine Art Kompakt-Cassette, ähnlich wie bei alten Diktiergeräten, nur größer und schwerer. Das Vertrackte: Nach jedem Text musste per Funktionstaste ein Abschluss-Befehl gesetzt werden. Vergaß der Redakteur das, ertönten vom Nachbarschreibtisch spitze Schreie: Der oder die vorhergehenden Texte waren unwiederbringlich futsch...

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