Kleve. Monsteras & Co.: Moritz Gruber aus Kleve sammelt und verkauft exotische Pflanzen – mit großem Erfolg. Wieso der „Urban Jungle“ ein Trend ist.
Moritz Gruber lebt im Dschungel. Die Temperatur liegt bei 24,3 Grad, die Luftfeuchtigkeit bei 56 Prozent, „wobei ich die schon extra für euch runtergedreht habe“, sagt er, „sonst sind es eher 65 Prozent.“ Denn wer ihn besucht, muss nicht etwa nach Südamerika oder Südostasien reisen, sondern kann ganz einfach seine Klever Wohnung betreten… und sofort kommen tropische Gefühle auf. Überall, wirklich überall – sogar im Badezimmer – stehen Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen. Und was für welche! „Urban Jungle“ nennt sich der Trend, der mehr als die „Wiederentdeckung der Zimmerpflanzen“ ist und den der 37-Jährige mit viel Herzblut lebt.
An seine allererste Pflanze kann sich der Klever noch erinnern, na klar, und sogar zeigen! Hier, in einer Ecke seiner Küche, steht die Efeutute, nix Besonderes, aber für ihn doch ein Schatz. „Die habe ich von meiner Mutter geschenkt bekommen, als ich zwölf Jahre alt war“, sagt er. „Von da an war die Pflanze für mich wichtiger als alles andere.“ Plötzlich verstand er, wieso seine Mutter so gern mit der Gießkanne durch das Haus lief, denn nun kümmerte auch er sich hingebungsvoll ums Grün. Darüber hinaus durchlöcherte er seine Mutter mit Fragen: Welche Pflanze ist das? Und das? Und das? „Wenn meine Freunde im Bus auf der Nintendo spielten, schaute ich raus und war begeistert von der Natur.“
Ableger von Pflanzen
Allerdings wurde Moritz Gruber nicht etwa Gärtner, wie seine Erzählungen vermuten lassen, sondern Schreiner. Und doch, ganz ohne Pflanzen ging’s bei ihm nie, auch wenn er sich die nächsten Jahre nur nach Feierabend um sie kümmern konnte. Im Internet fand er immer neue, immer exotischere Exemplare. Dann, er kann auch noch das genaue Datum raussuchen, am 14. April 2019, kaufte er eine Rarität, mit der gewissermaßen alles begann. „Das ist eine Monstera Thai Constellation“, erklärt er und zeigt auf den ersten Pflanzen-Post in seinem Instagram-Profil. Ein weißes Muster ziert die grünen Blätter, verwandelt sie dadurch in ein kleines Kunstwerk. „Die habe ich von jemandem aus Schweden gekauft.“
112 Dollar hat der 37-Jährige dafür bezahlt, was zwar viel Geld ist, „aber damals waren solche Pflanzen 2000 bis 2500 Euro wert“, sagt er. Damit hatte er also ein echtes Schnäppchen gemacht. Und das Beste: „Die kannst du schnell vermehren.“ Er holt mal eben einen frischen Ableger eines anderen Exemplars. „Man muss das Blatt unterhalb der Luftwurzel und dem austreibenden Auge abschneiden, damit sich neue Wurzeln bilden können.“ Wie genau ein solcher Prozess funktioniert und welche Pflege später wichtig ist, all das hat er vorab in zahlreichen Bücher gelesen – und dann selbst in seinem grünen Wohnzimmer einfach ausprobiert.
Tipps vom Experten
Dadurch weiß Moritz Gruber, dass gerade Monsteras nicht zu viel Wasser mögen, weil die prachtvollen Blätter sonst braune Stellen bekommen, die er dann abschneiden muss. Oder dass all die schlauen Mittelchen aus dem Baumarkt nicht gegen fiese Schädlinge helfen. „Bei mir kommt nur Regenwasser an die Pflanzen“, betont er. Und falls doch mal Thripse & Co. auftauchen? „Lege ich Säckchen mit Raubmilben in die Pflanzen“, antwortet er. Das klappt immer! Und noch etwas ist ganz wichtig: „Ich rede mit den Pflanzen!“ Aber keine Sorge, nicht weil er denkt, dass sie ihn verstehen würden, „sondern weil da die Leidenschaft aus mir spricht.“
Tatsächlich, die ist deutlich zu spüren, wenn der Klever von seinem Hobby spricht, das eher durch ein Unglück zu seinem Beruf geworden ist. Als er sich 2020 auf einer Baustelle verletzte und er ein halbes Jahr, mitten in der Pandemie, krank geschrieben wurde, hatte er auf einmal viel mehr Zeit für seine Pflanzen… und eine Idee: Eigentlich könnte er doch ein, zwei, drei Exemplare bei Ebay verkaufen. Und schnell war klar: Die Nachfrage ist groß, sogar so groß, dass er seine seltenen Monsteras noch schneller vermehren müsste. Nun wachsen Pflanzen natürlich in einem Gewächshaus besser als in einem Wohnzimmer. Also fuhr er, dessen Stiefvater Niederländer ist, einfach mal über die Grenze und klopfte an einem Gewächshaus an.
Monsteras für 35 Euro
„In Holland arbeiten die Leute nicht gegeneinander, sondern miteinander“, erklärt Moritz Gruber. Das kam ihm zugute, denn schnell fand er jemanden, bei dem er seine Lieblinge unterstellen durfte. Mehr noch, er gibt sein Expertenwissen weiter und im Gegenzug erhält er immer mal wieder Pflanzen. Doch zum entscheidenden Schritt in die Selbstständigkeit musste ihn erst noch jemand ermuntern… „Als meine Mutter im Sterbebett lag, sage sie zu mir: Du musst das machen, was dich glücklich macht.“ Und weil das nun mal Pflanzen sind, kündigte er schließlich seinen Job als Schreiner. Große Ansprüche hatte er nie, „wenn ich meine Wohnung davon bezahlen kann, ist alles gut“, doch dann kam alles anders.
Nach drei Tagen verkaufte der Klever seinen ersten Topf – für 12.000 Euro. „Den ich für 3000 Euro angekauft hatte“, erzählt er noch immer etwas ungläubig. Doch Interessierte müssen nicht immer so tief ins Portemonnaie greifen, „zu mir kommen auch Studenten, die eine Monstera für 35 Euro kaufen“. Mittlerweile verschickt er aber auch Pflanzen überall nach Europa. Ständig kommen neue Anfragen, obwohl er keine eigene Website hat und nur Fotos auf Instagram postet. „Meine Bekanntheit ist durch die Decke gegangen“, sagt er. Doch viel wichtiger ist ihm, dass er genügend Zeit hat – für sich, seinen Hund und natürlich für seine vielen, vielen Pflanzen. „Hier kann ich meine Gedanken sortieren und Energie sammeln“, sagt er. Ja, wenn er sich in seinem Urban Jungle so umschaut, dann ist er einfach glücklich.
>>> Das grüne Profil
Moritz Gruber hat keine eigene Website, sondern ist nur bei Instagram unter „moesgreen“ zu finden. Darüber kommuniziert er mit Interessierten, die eine Pflanze bei ihm kaufen möchten.
Übrigens, wenn nach dem Kauf noch Fragen aufkommen, gibt er immer gern Tipps zur Pflege.