Duisburg-Baerl. Über 1000 neue Bäume hat RVR Ruhr Grün im Baerler Busch in Duisburg gepflanzt. Einen von ihnen werden wir ein Jahr lang begleiten.
Klein, dünn und etwas verloren steht er auf dem matschigen Boden. Sein mickriges Äußeres (Pardon, nicht böse gemeint!) lässt allerdings noch nicht so recht darauf schließen, mit wem wir es hier eigentlich zu tun haben. Mit einer Eiche? Einer Linde? Oder doch einem Wildapfel? Nur eines ist schon jetzt sicher: Diesen frisch gepflanzten, eher unscheinbaren Baum verlieren wir so schnell nicht mehr aus den Augen! Ein ganzes Jahr lang kommen wir immer mal wieder bei ihm im Baerler Busch vorbei, um nachzuschauen, wie er wächst und gedeiht.
Ein grünes Kleid wird ihm sicher gut stehen, aktuell kommt er ja noch eher nackt daher. Kein Wunder, Sören Bernds vom RVR Ruhr Grün hat ihn gerade erst in ein rundes Loch gesteckt und die Wurzeln mit Erde bedeckt. Lange dauert das Einpflanzen bei ihm nicht, gut zwei Tage hat er für die rund 1125 neuen Bäume im Baerler Busch gebraucht. Ordentlich in Reih und Glied stehen sie am Ende da, eher wie in einer Baumschule als in einem Wald. „Man muss sich den Bestand in hundert Jahren vorstellen“, erklärt Förster Johannes Kemper. Denn nicht jede der Jungpflanzen wird überleben.
Über 1000 neue Bäume im Baerler Busch
Wird der Sommer beispielsweise zu heiß und zu trocken, müssen sich die Bäume einer wahren Belastungsprobe stellen. Doch auch andere Pflanzen wie die Brombeere und der Adlerfarn machen es ihnen nicht gerade leicht. Sie wuchern, verdunkeln den Boden. Und lassen dadurch den Bäumen keinen Raum, kein Licht zum Wachsen. Zumindest in diesem Fall aber kann der Förster eingreifen, indem er das unliebsame Gebüsch in den ersten Jahren regelmäßig zurückschneidet. Das gehörte übrigens auch zur Vorarbeit für die Neupflanzung im Baerler Busch.
Denn wo nun über 1000 junge Bäume stehen, befand sich 20 Jahre lang eine 2500 Quadratmeter große Kalamitätsfläche. Was genau das ist, kann Carla Paul erklären. Die 27-Jährige ist Försterin und für die Öffentlichkeitsarbeit beim RVR Ruhr Grün zuständig. „Kalamitätsflächen sind Freiflächen, auf denen es mal Waldbestände gab, die aber zum Beispiel von einem Sturm oder dem Borkenkäfer komplett zerstört wurden.“ Wieso die Bäume im Baerler Busch einst abgestorben sind, lässt sich nicht mehr so leicht rekonstruieren. Damals gehörte die Fläche noch nicht dem Regionalverband Ruhr (RVR).
Keine Chance dem Borkenkäfer!
Ebenso offen bleibt die Frage, wieso erst jetzt eine Wiederaufforstung stattfindet. Entscheidend aber sei doch, betont Paul, dass es nun endlich so weit ist! „Wir wollen und müssen die Freiflächen neu bepflanzen.“ Dass im Baerler Busch gleich drei verschiedene Baumarten heranwachsen sollen, hat übrigens einen bestimmten Grund, wie sie erklärt: „So ermöglichen wir eine größere Risikostreuung.“ Vor allem reine Fichtenwälder, wie es sie früher häufiger gab, sind gefährdet. Stehen in einem Wald dagegen verschiedene Baumarten, schaffen es Insekten wie der Borkenkäfer nicht mehr, alles zu zerstören.
„Alle Maßnahmen führen wir auf Grundlage unserer fachlichen Ausbildung durch“, betont Paul. Sie selbst hat den Masterstudiengang „Urbanes Baum- und Waldmanagement“ abgeschlossen, anschließend noch ihr Staatsexamen für den gehobenen Dienst als Försterin absolviert. Und dennoch kochen die Emotionen immer wieder hoch, wenn es um die Maßnahmen des RVR Ruhr Grün im Baerler Busch geht. So hat sich im Jahr 2019 die Bürgerinitiative „Der Baerler Busch ist bedroht“ gegründet, um gegen die aus ihrer Sicht zu intensive Bewirtschaftung des Erholungswaldes zu protestieren.
Bürgerinitiative „Der Baerler Busch ist bedroht!“
„Die Sorgen und Ängste kann ich nachvollziehen“, sagt Paul. Transparenz und Kommunikation seien deshalb besonders wichtig. Gleichzeitig sei es natürlich auch ein gutes Zeichen, wenn sich so viele Bürgerinnen und Bürger für das Wohlergehen eines Waldes interessieren und engagieren. „Der Wald ist extrem wichtig für uns als Gesellschaft“, hält sie fest. Er produziert Sauerstoff, speichert Kohlenstoff, säubert Trinkwasser, spendet Schatten… die Liste ist lang. Ein Punkt aber darf darauf ganz sicher nicht fehlen: „Hier im Baerler Busch liegt der Schwerpunkt auf dem Erholungswert.“
Wie zum Beweis läuft in diesem Moment ein Hundebesitzer den Waldweg entlang, während wir unseren kleinen, unscheinbaren Niederrheinbaum (so taufen wir ihn) betrachten. Den Standort gilt es jetzt genaustens einzuprägen. Im hinteren Drittel, eher mittig, ein paar Fuß entfernt von... Ach, wir finden dich schon wieder, lieber Niederrheinbaum!
>>> Aktuelle Maßnahmen im Baerler Busch
Zurzeit finden Pflege- und Durchforstungsarbeiten im Baerler Busch statt. Die Maßnahmen richten sich nach dem 15-Punkte-Plan zur „klimagerechten und ökologischen Entwicklung des Baerler Busches“, erarbeitet von einem Arbeitskreis.
Die Bürgerinitiative „Baerler Busch ist bedroht“ übt Kritik und spricht von „Abholzungen“. Sie fordert, dass der RVR die Maßnahmen im Wald fünf Jahre ruhen lässt, „damit dieser Gelegenheit hat, seine Anpassungsstrategien an die veränderten Bedingungen zu entwickeln.“
Der RVR betont dagegen, dass die Maßnahmen unter Berücksichtigung der Schutz-, Erholungs- und Nutzfunktion des Waldes stattfinden. Vereinzelte Waldwege südlich des Mispelkampshofes mussten gesperrt werden. Der RVR bittet Waldbesucherinnen und -besucher, auf andere Wege auszuweichen.