Bochum. . Inzwischen passieren Jahrhundertregen dem Ruhrgebiet jedes Jahr. Mehrere! Auf einer Tagung in Bochum berieten Wasserwirtschaftler und Wassertforscher, wie man die Städte regenfest macht. Und sie legten eine Reihe schillernder Ideen auf den Tisch: Zum Beispiel, Parkplätze und Fußballplätze geordnet zu fluten, um die Wassermassen zwischenzuspeichern.

Erst kam das Rauschen, dann kam das Wasser, dann blieb die Furcht. Am Samstag vor dem WM-Finale griff sich ein Sturzbach Teile der Diederichstraße in Dortmund-Marten, und als er ablief, hinterließ er nasse Wände, feuchte Keller, zerstörte Möbel und verstörte Menschen. „Katastrophe, Katastrophe“, sagt Josef B.: „Man fühlt sich hilflos, wenn so starker Regen kommt, das ist pure Panik.“

Doch was für Familie B. und ihre Nachbarn ein Weltereignis war, ist für das Ruhrgebiet nur noch eine Fußnote unter vielen. Wolkenbruch, Sturzregen, Sintflut? Heute hier und morgen da, ein einziger feuchter Albtraum.

Allein Herne zählt in den letzten fünf Jahren acht Jahrhundertregen. „Die Zahl wird weiter zunehmen“, sagt Jochen Stemplewski, der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft. Wasserwirtschaftler und Wasserforscher trafen sich am Mittwoch in Bochum zu der Frage: Was tun? Wie kriegen wir das Ruhrgebiet regenfest?

Wohnen in Kellern verbieten

Und dann packten sie viele schillernde Ideen aus. Man könnte: Bordsteine nicht mehr absenken, sondern erhöhen, damit sie wieder als Rinnsteine dienen. Häuser zehn Zentimeter über der Erdoberfläche bauen. Wohnen in Kellern verbieten.

Starkregen flutet Straßen

Mitglider der Feuerwehr rudern in Hamm mit einem Ruderboot über eine überschwemmte Straße.
Mitglider der Feuerwehr rudern in Hamm mit einem Ruderboot über eine überschwemmte Straße. © dpa
Ein Ruderboot steht in Hamm auf einer überschwemmten Straße.
Ein Ruderboot steht in Hamm auf einer überschwemmten Straße. © dpa
Mitglieder der Feuerwehr rudern mit einem Ruderboot über eine überschwemmte Straße.
Mitglieder der Feuerwehr rudern mit einem Ruderboot über eine überschwemmte Straße. © dpa
Die Feuerwehr bringt eine Anwohnerin in Hamm mit einem Ruderboot über die überschwemmte Straße zu ihrem Haus.
Die Feuerwehr bringt eine Anwohnerin in Hamm mit einem Ruderboot über die überschwemmte Straße zu ihrem Haus. © dpa
Ein Anwohner geht über die überschwemmte Straße zu seinem Haus.
Ein Anwohner geht über die überschwemmte Straße zu seinem Haus. © dpa
Ein Auto steht in Hamm auf einer überschwemmten Straße.
Ein Auto steht in Hamm auf einer überschwemmten Straße. © dpa
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Wasserdichte Fenster und Türen einbauen, empfohlen wird auch, sie zu schließen. „Vieles lässt sich im Sowieso-Betrieb lösen“, sagt der Wasserforscher Jens Hasse aus Aachen: „Wenn wir jetzt daran arbeiten, können wir in zehn, fünfzehn Jahren einen großen Schritt weiter sein.“

Spielplätze und Fußballplätze kontrolliert absaufen lassen

Dreizehn „Starkregen“ zählen Emschergenossenschaft und Lippeverband seit 2008 in ihrem Einzugsgebiet, teils gingen sie über mehreren Städten nieder, teils nur im Teil eines Stadtteils: Aber schlimme Folgen hinterließen sie immer. „Alles weg! Da kriegen Sie das Heulen“, sagt Doris Sternberg aus Bergkamen nach einer solchen Nacht.

„Ich weiß nicht, wie ich das überstehen soll“, sagt ein Dortmunder Gebrauchtwagenhändler, der sieben Autos abschreiben musste; und „Ich habe nächtelang nicht mehr geschlafen“ eine Essenerin mit Platane im kaputten Dach.

Größere Kanäle seien nur selten die Lösung, sagen die Fachleute in Bochum: zu teuer, zu wenig Platz. Auen erweitern, natürlich, das wäre ein Fortschritt. Doch weil die Innenstädte des Ruhrgebiets nur in den seltensten Fällen einer Auenlandschaft gleichen: die Wassermassen in Grünanlagen lenken, wo sie zwischengespeichert blieben bis zu einem kontrollierten Abfluss. Man könne dafür natürlich auch Spiel-, Park- und Fußballplätze nehmen.

Die Lage muss sehr ernst sein.

„Das Schadenspotenzial wäre aber sicher geringer als bei einem wilden Abfließen“, sagt Stemplewski. Freilich führt der Vorschlag vom Hundertsten ins Tausendste: Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es für Kinder, wenn ihr Spielplatz zur Talsperre wird? Und wenn das Wasser Spielgerät kaputt macht: Wer zahlt?

Fließwegekarten zeigen das Risiko für jedes einzelne Grundstück an

Derzeit sprechen sie mit Dortmund und Dinslaken darüber, Fließwegekarten anzulegen, wie es sie schon gibt für Unna und Teile von Bochum. Solche Karten zeigen bis hinunter zum einzelnen Grundstück an, wer was bei wieviel Regen zu erwarten hat.

Die Unnaer Karte etwa ergab, dass bei einer Flut eine zentrale Unterführung in der Innenstadt umstandslos absaufen würde. Seitdem baut Unna dort an einem Pumpsystem – denn ohne die Unterführung wäre auch noch die Feuerwehr lahmgelegt, wenn es schüttet.