Ruhrgebiet. “Menschen im Revier“ heißt unser Foto-Blog: Unsere Begegnungen mit unseren Mitmenschen zeigen wir auf der Seite menschenimrevier.de.

Der Eisverkäufer in Bochum lächelt freundlich unter dem Schirm seiner weißen Kappe. Und wenn man ihn nicht nur nach zwei Kugeln Schoko im Hörnchen fragt, sondern danach, wo er herkommt, erfährt man, dass der Mann in Brasilien als Manager in der Pharma-Industrie gearbeitet hat. Und dass er jede Woche weint. Wir haben ihn gefragt, und ein Foto von ihm gemacht, für unser neues Foto-Blog „Menschen im Revier“: Im Internet zeigen wir unsere Begegnungen auf der Seite menschenimrevier.de.

Mit seiner Frau ist der Brasilianer vor sechs Monaten nach Deutschland gekommen ist, um ein besseres Leben zu suchen. Ihren 13 Jahre alten Sohn haben die beiden vorerst bei der Familie in der Heimat zurücklassen müssen. Er soll nachkommen, wenn sie das bessere Leben gefunden haben. Die Trennung ist sehr schwer für das Paar: „Wir weinen jede Woche.“ All das erzählt der Mann, und inzwischen ist sein Lächeln etwas gequält, aber nicht ohne Hoffnung.

„Warum sind Sie nach Deutschland gekommen?“
„Um ein besseres Leben zu führen. Die Lebensqualität in Brasilien ist sehr schlecht. Ich war dort Key-Account-Manager in der Pharma-Industrie, und trotzdem.... Meine Frau ist Krankenschwester mit zwei Universitätsabschlüssen. Sie versucht gerade, die hier anerkennen zu lassen. Wir haben einen Sohn, der lebt zurzeit bei meinem Vater in Brasilien.“
„Wie alt ist Ihr Sohn?“
„13.“
„Die Trennung muss sehr schwer sein für Sie.“
„Ja. Wir weinen jede Woche.“
„Warum sind Sie nach Deutschland gekommen?“ „Um ein besseres Leben zu führen. Die Lebensqualität in Brasilien ist sehr schlecht. Ich war dort Key-Account-Manager in der Pharma-Industrie, und trotzdem.... Meine Frau ist Krankenschwester mit zwei Universitätsabschlüssen. Sie versucht gerade, die hier anerkennen zu lassen. Wir haben einen Sohn, der lebt zurzeit bei meinem Vater in Brasilien.“ „Wie alt ist Ihr Sohn?“ „13.“ „Die Trennung muss sehr schwer sein für Sie.“ „Ja. Wir weinen jede Woche.“ © Monika Idems

Menschen sieht sich jeder gerne an. Und Menschen machen neugierig. Wenn da nur nicht diese höfliche Zurückhaltung wäre, die Hemmungen, die einen oft daran hindern, einfach mal fremde Leute anzusprechen. Bei „Menschen im Revier“ gucken wir ein bisschen genauer hin, als man das üblicherweise bei Fremden tut, und fragen nach – im Vorbeigehen auf der Straße, im Park, im Geschäft. Weil jeder Mensch interessant ist. Inspiriert hat uns das Foto-Blog "Humans of New York" des amerikanischen Fotografen Brandon Stanton.

Menschen im Revier haben viel zu erzählen

"Wenn Sie einer größeren Gruppe von Menschen einen Rat geben könnten, welcher wäre das?" "In der Schule schön aufpassen, Abitur machen und Geld mit dem Kopf machen." © Monika Idems

Wer mit Menschen im Revier spricht, kann viel erfahren. Manche sind bereit, mit Fremden ganz private Dinge zu teilen: Der junge Mann in Bochum-Wattenscheid zum Beispiel, der vom glücklichsten Moment in seinem Leben spricht, dem Antrag an seine Ex-Verlobte. Ex-Verlobte? So kommen wir zum traurigsten Moment – der Auflösung der Verlobung an seinem 30. Geburtstag und dem plötzlichen Tod seiner Oma am Tag danach. Dürfen wird das schreiben? „Ja“, sagt er beruhigend, „ist schon eine Weile her, jetzt ist es wieder gut.“

"Was ist das Schönste daran, ein Kind zu bekommen?" Er:" Es ist das Größte. Ein Wunder." Sie: "Es ist das pure Glück. Es erhellt jeden Tag, macht jeden Tag schöner." © Monika Idems

Manche geben mit staubtrockenen Ruhrpott-Witz Lebenstipps: Wie der Polier mit den aufwändig tätowierten Armen auf der Baustelle in Duisburg. Der rät (jungen) Menschen, in der Schule gut aufzupassen, Abitur zu machen und ihr Geld mit dem Kopf zu verdienen. Oder der Markthändler, der mit einem schiefen Grinsen erklärt, warum er seinen Job mag: „Wenn Sie zu Hause nix zu lachen haben, haben Sie hier was.“

Manche sprechen über ihre Sorgen, wie die selbstständig tätige Frau, die zusehen muss, dass sie genug Geld verdient. Oder die Duisburgerin, die mit Tränen in den dunklen Augen von ihrer Depression erzählt. Und andere lassen uns an ihrem Glück teilhaben, wie die junge Mutter, die von ihrem Kind sagt: „Es erhellt jeden Tag.“ (moi)