Krefeld. Die Polizei in Krefeld hatte bei der Suche nach der Mutter eines getöteten Babys im Südpark bisher keinen Erfolg. Nun soll ein Massengentest neue Erkenntnisse bringen. Die Abgabe einer Speichelprobe ist freiwillig. Doch wer sie verweigert, muss mit Konsequenzen rechnen.
Krefelderinnen im gebärfähigen Alter könnten bald Besuch von der Polizei bekommen. Der Grund: Bei der Suche nach der Mutter eines getöteten Säuglings tappt die Polizei weiter im Dunkeln. Auch die Auswertung von 60 Hinweisen aus der Bevölkerung brachte keinen Erfolg. Nun hat der zuständige Richter einen Massengentest angeordnet.
Das Neugeborene war am 5. März in einem Waldgebiet am Krefelder Südpark in einem Müllbeutel gefunden worden. Dem kleinen Mädchen wurden Feuchttücher in den Mund gepresst. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Leichnam nur wenige Tage, maximal zwei Wochen, am Fundort gelegen hat. Die Obduktion der Babyleiche ergab, dass das Kind nach der Geburt gelebt hatte. Zugleich fand man bei der Untersuchung des toten Säuglings DNA der Mutter.
Wann und wo soll der Massengentest beginnen?
Die Aktion soll Ende der Woche zunächst im Umkreis des Leichen-Fundortes an der Stahlwerkstraße in Krefeld starten. In welchen Stadtteilen die Polizisten ausrücken, wird aus ermittlungstaktischen Gründen nicht verraten.
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Wie läuft die Polizei-Aktion ab?
Die Beamten klingeln an der Haustür. Mit einem Wattestäbchen wird dann eine Speichelprobe aus dem Mund der Frauen entnommen. Treffen die Polizisten eine Betroffene nicht zuhause an, hinterlassen sie eine Mitteilung im Briefkasten, um einen Termin zu vereinbaren.
Kann eine Frau die Abgabe der Speichelprobe verweigern?
Der DNA-Test ist grundsätzlich freiwillig. Frauen, die ihn ablehnten, seien nicht automatisch verdächtig, versichert die Polizei Krefeld. "Es werden jedoch weitere Ermittlungen, insbesondere im Umfeld der Frau durchgeführt, um einen Tatverdacht sicher ausschließen zu können", heißt es weiter.
Werden auch Minderjährige in die Tests mit einbezogen?
Auch junge Mädchen werden im Massengentest erfasst – allerdings nur, wenn ein Erziehungsberechtigter zustimmt.
Was passiert mit den Daten?
Die Probe wird anonym an das Landeskriminalamt gesendet. Dort wird sie mit den DNA-Spuren am Tatort verglichen. Liege kein Treffer vor, werde die Probe unverzüglich vernichtet, versichert die Polizei. Es findet demnach kein Abgleich mit der DNA-Datenbank der Polizei statt.
Was sagen Kritiker zu solchen Massengentests?
Die Gegner von Massengentests führen häufig ins Feld, dass bei einem solchen Vorgehen die Unschuldsvermutung missachtet werde. Demnach muss grundsätzlich nicht der Verdächtige seine Unschuld belegen, die Ermittler müssen diesem vielmehr seine Schuld nachweisen. Bei Massengentests werde die Beweislast jedoch unzulässig umgekehrt, so die Kritiker.
Die aktuelle Anordnung in Krefeld wird von der Piratenpartei im NRW-Landtag scharf kritisiert. Der Abgeordnete Dietmar Schulz spricht von einem „an mangelnder Weitsicht kaum zu überbietenden Justizirrsinn“. Zunächst müsste nämlich die Empfängnis- und Gebärfähigkeit tausender Betroffener festgestellt werden. „Alleine das Unterbleiben dieser Feststellung führt zu einer Situation von Generalverdacht, der deutlich die Verfassungsmäßigkeit dieser Maßnahme in Frage stellen lässt“, klagt Schulz.
Zudem werde „eine wahllose Verletzung von Kindeswohl“ billigend in Kauf genommen, da auch Minderjährige ins Visier der Fahnder geraten. Auch zweifelt der Pirat an, dass der Kostenaufwand des Massentests im Verhältnis zum Nutzen für die Fahndung steht.
Die Polizei in Krefeld bittet weiter um Hinweise unter 02151/ 634 0. Es ist eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt. (meb)