Krefeld/Essen. . Ein Hauptschulleiter ist in Krefeld für die Nachfolge als Rektor eines Gymnasiums vorgeschlagen worden. Das sorgt nun für einen Rechtsstreit. Hintergrund ist ein NRW-Erlass. Der Verband VBE NRW meint dazu: “Von der Erfahrung von Hauptschulleitern können Gymnasien nur profitieren“.

Hauptschulen sind ein Auslaufmodell. Zwischen 2003 und 2012 wurden in NRW 160 Hauptschulen geschlossen. Und der Trend geht weiter. Das NRW-Schulministerium zieht daraus Konsequenzen und hat im Juni vergangenen Jahres in einem Erlass herausgehoben, dass sich Hauptschulleiter auch auf Rektoren-Posten in Gymnasien bewerben sollen. Das sorgt jetzt für einen Rechtsstreit in Krefeld.

Konkret geht es um die Nachbesetzung der Rektorenstelle am Fichte-Gymnasium in der Krefelder Innenstadt. Die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf hat der dortigen Schulkonferenz als Nachfolger einen Hauptschulleiter vorgeschlagen. Dagegen klagt nun der bisherige stellvertretende Schulleiter des Gymnasiums vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf.

VBE erwartet weiter Klagen wegen Schulleiter-Stellen

"Ich möchte wissen, worin mein Qualifikations-Nachteil liegt", erklärt der stellvertretende Schulleiter auf Anfrage. Er hatte sich ebenfalls um die Stelle beworben. Aus seiner Sicht fehlten einem Hauptschulleiter vielerlei Erfahrungen, die für eine Gymnasialleiter-Stelle vorteilhaft seien. Dazu zähle etwa den Vorsitz in Abitur-Prüfungskommission und -Ausschuss und Unterrichtserfahrung in der gymnasialen Oberstufe.

Beim Verband Bildung und Erziehung NRW (VBE) erwartet Justitiar Martin Kieslinger, dass sich derartige Klagen vor Gericht noch häufen werden: "Weil weiterhin Haupt- und Realschulen in NRW geschlossen werden". Hauptschulen gehören dem "Laufbahnrecht" nach zum "gehobenen Dienst", Gymnasien aber zum "höheren Dienst" und sind entsprechend besser dotiert. Das berge Konfliktstoff.

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Elitäre Gräben zwischen den Schulformen

Zudem wird nach wie vor von elitären Gräben zwischen den Schulformen berichtet. Das Problem: Leitungspersonal kann nicht einfach zur normalen Lehrkraft zurückgestuft werden, sondern hat Anspruch auf eine weitere Verwendung in Führungspositionen - je nach Qualifikation aus dem Lehramts-Studium auch in höheren "Laufbahnen".

Laut NRW-Schulministerium hat mit diesem Schuljahr für 139 Haupt- und Realschulen in NRW die letzte Schulphase begonnen. Sie werden abgewickelt, nehmen keine neuen Jahrgänge mehr auf. Demgegenüber waren im vergangenen Sommer 72 neue Sekundar- und Gesamtschulen an den Start gegangen. Die Folge: Leitungsstellen werden knapp, wenn man im Schulministerium auch vorrechnet, "dass an den neuen Schulformen die Leitungsebene breiter ist".

Gymnasium kann von Hauptschulleiter nur profitieren

Dass etwa Hauptschulleiter neue Perspektiven an Gymnasien finden sollen, ist für VBE-Landeschef Udo Beckmann "ein erster Schritt in die richtige Richtung, um die Zukunft von Hauptschulleitern und -lehrkräften an anderen Schulformen zu sichern." Einem Gymnasium könne es zudem "nur gut tun, wenn es von der langjährigen Erfahrung eines Hauptschulleiters profitieren kann", meint Beckmann.

Auch beim Deutschen Beamtenbund NRW hat der stellvertretenden Vorsitzende Andreas Bartsch "rechtlich keine Bedenken" dagegen, dass das Land Hürden bei der Nachbesetzung unter den Schulformen abbaut. So sei es nach wie vor Voraussetzung, dass Bewerber bereits im Studium die Qualifikationen für Unterricht in Sekundarstufe I und II erworben haben; im Krefelder Rechtsstreit sei das der Fall. Laut VBE-Justitiar Martin Kieslinger haben viele Hauptschulleiter beide Qualifikationen, sind also formal auch für höhere Schulformen qualifiziert.

Die Nachbesetzung der Schulleiterstelle am Fichte-Gymnasium in Krefeld liegt vorerst auf Eis. Ursprünglich war der 1. Februar vorgesehen. Im NRW-Schulministerium sieht man in dem Rechtsstreit "eine normale Konkurrenzklage". Ähnliche Klagen seien, sagt ein Sprecher, im Ministerium bisher nicht bekannt. Bei der Schulleitungsvereinigung NRW stellt man unterdessen die Systemfrage: Durch den Wegfall traditioneller Schulformen müsse das bisherige zweigeteilte Laufbahn-Modell bei Beförderungen modernisiert werden. Dabei gehe es zum Beispiel um die Frage, wieso ein Realschulleiter im Vergleich mit dem Leiter eines gleichgroßen Gymnasiums in einer niedrigeren Besoldungsstufe ist.