Essen. . Polizisten fühlen sich im Dienst zunehmend bedrängt. Nach einer von NRW-Innenminister Jäger vorgestellten Studie schilderten knapp 80 Prozent der Polizisten mit Bürgerkontakten Gewalterfahrung im Einsatz: „Verletzen, Bespucken und Beleidigen ist inzwischen eine Art Volkssport“ geworden.
Mehr als die Hälfte der Polizeibeamten wird mindestens einmal im Jahr getreten, geschlagen, bespuckt oder mit Gegenständen attackiert. Eine neue Studie belegt, dass Angriffe bis hin zu Attacken mit Fäusten und Messern reichen. „Das ist oft erschreckender Alltag für Polizisten“, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Sogar 80 Prozent der Beamten in Wachdienst, Bereitschaftspolizei und Hundestaffeln waren 2011 von Gewalt betroffen. Auf der Innenministerkonferenz am Freitag in Osnabrück steht das Thema auf der Tagesordnung.
Im Polizei-Trainingszentrum Holte-Stukenbrock räumte Jäger ein, dass der Arbeitsalltag der Polizisten sogar noch gefährlicher und stressiger ist, „als die nackten Zahlen es vermuten lassen“. 2012 seien in NRW 5892 Vorfälle registriert worden, bei denen es zu Straftaten gegen Polizisten gekommen ist. Über 1800 Beamte wurden im Einsatz verletzt – davon 15 Polizisten so schwer, dass sie mehrere Tage oder Wochen dienstunfähig waren. Der NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, kritisierte, dass sich betroffene Beamte oft von Behörden allein gelassen fühlten. Fast 80 Prozent der angegriffenen Polizisten verzichteten auf eine strafrechtliche Verfolgung der Angreifer, weil sie diese für aussichtslos hielten oder sogar dienstliche Nachteile befürchteten, sagte Plickert.
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CDU-Innenexperte Peter Biesenbach forderte eine Mindeststrafe für Angriffe auf Polizeibeamte im Strafgesetzbuch. Biesenbach appellierte an Rot-Grün, einen entsprechenden Antrag im Bundesrat zu unterstützen. „Wer täglich seine Knochen für unseren Rechtsstaat hinhält, verdient den besonderen Schutz durch das Strafrecht.“
Opfer leiden oft unter Schlafstörung und Reizbarkeit
In der Umfrage zum Thema „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ des Kieler Psychologen Thomas Bliesener wird berichtet, dass 40 Prozent der Polizisten, die einem Angriff ausgesetzt waren, unter erhöhter Schlafstörung und Reizbarkeit litten. Jeder Fünfte musste nach dem Vorfall ärztlich versorgt werden. Knapp zehn Prozent wurden in Folge des Angriffs krankgeschrieben. Dabei gab es Knochenbrüche, innere Blutungen und Augenverletzungen.
Nach dem Vorbild des modernen Trainingszentrums Holte-Stukenbrock will NRW in den nächsten Jahren landesweit neue Ausbildungszentren zum Konflikt-Training einrichten. In der Befragung von knapp 18 500 Polizisten in NRW wurde nach Angaben Jägers deutlich, dass das „Verletzen, Bespucken und Beleidigen von Polizeibeamten inzwischen eine Art Volkssport“ geworden ist. Immer häufiger mischten sich auch unbeteiligte Personen in polizeiliche Maßnahmen ein, klagte Jäger.