Am Niederrhein. . Lilly (5) freut sich riesig auf ihren ersten Schultag. Ihre Familie hat sich auf diesen Tag vorbereitet. Für die Eltern ist’s auch beim dritten Kind noch spannend.

Ist die Kleine nicht eben zum ersten Mal durch den langen Kindergarten-Flur zur Bärengruppe getapst? Gerade noch haben die Erzieherinnen zum Abschied „Kinder werden groß, man hat sie lieb und lässt sie los…“ gesungen. Und nun sitzt sie an ihrem weiß-lasierten Schreibtisch, über sich im Regal Gruppenbilder aus dem Kindergarten und eine Pinwand, auf der eine pinke Postkarte einmal klarstellt „Ich bin nicht zickig! (Du machst nur nicht das, was ich will...)“

Am Donnerstag ist Lillys erster Schultag. „Endlich“, findet das I-Dötzchen, das sich riesig darauf freut, rechnen zu lernen. Endlich? Für Mutter Sabine ist Lilly das letzte von drei Kindern, das eingeschult wird.

Kaffeetafel bei Oma und Opa

„Manchmal denkst du, wo ist die Zeit geblieben?“ Für mehr als einen kurzen, rückblickenden Seufzer ist keine Zeit, so ein Schulbeginn will geplant und gut vorbereitet sein. Außerdem hat Lillys Familie, zu der auch ihre Brüder Niklas (15) und Finn-Henri (7) und Papa Frank gehören, viel zu viel Spaß daran, den großen Tag mit ihrem Nesthäkchen gebührend zu feiern.

Der beginnt mit einem Gottesdienst um 9 Uhr, anschließend lernt Lilly ihre Klasse kennen, während die Eltern in der Friedensreich-Hundertwasser-Schule in Neukirchen-Vluyn mit Kaffee und Kuchen bewirtet werden. Später werden Großeltern und Paten zum Mittagessen ausgeführt, die Kaffeetafel wartet dann bei Sabines Eltern. Und da sind die kleinen Feinheiten, die Mutter Sabine mit viel Liebe zum Detail vorbereitet hat: die Teelichter mit aufgedrucktem Lilly-Bild und dem Schriftzug „Hurra, ich bin ein Schulkind!“ Oder die Schultüte, die eine Freundin mit Lillys Namen versehen hat.

Lilly malt an ihrem Schreibtisch gerade einen blauen Himmel. Die Fünfjährige bleibt bei dem ganzen Trubel so gelassen wie jemand der genau weiß, dass der Sinn des Lebens darin besteht, neugierig, jung, und erwartungsvoll zu sein. Sollen sich doch andere kümmern und sorgen. Eltern zum Beispiel. Letzteres können die besonders gut, da sie wissen, dass nach der Förderung im Kindergarten nun neue Anforderungen an ihr Kind gestellt werden.

Davor sind auch Lillys Eltern nicht gefeit. Wird sie gut zurecht kommen? Wie wird sie sich fühlen? sind Fragen, die Frank Stockhorst gern vorab beantwortet hätte. „Das war für mich beim ersten Kind so und hat sich beim dritten überhaupt nicht geändert“, sagt auch Sabine Stockhorst-Bodenstein.

Lilly und ihr ältester Bruder Niklas haben am gleichen Tag Geburtstag. Niklas wird am 25. September 16, Lilly wird sechs Jahre alt. Als Niklas eingeschult wurde, galt der 30. Juni als Stichtag für die Einschulung. Er blieb also ein Jahr länger im Kindergarten.

Lillys Stichtag ist der 30. September. Sie wird mit fünf Jahren eingeschult. Glücklicherweise, sagt Sabine Stockhorst-Bodenstein, war es für beide die richtige Entscheidung. Wer Niklas heute nach der Schule fragt, erhält ein breites Grinsen und den kessen Kommentar „...besser draußen bleiben“. Dabei will der Realschüler es dann aber doch nicht belassen und schiebt hinterher, dass die Grundschule „schon ganz o.k.“ gewesen sei.

An die eigene Schulzeit denken

Wenn sie sich doch einmal zu viele Gedanken über Kinder und Schule macht, denkt die Hebamme Sabine Stockhorst-Bodenstein an einen Satz, mit dem sie auch die Paare in ihren Geburtsvorbereitungskursen für die Zeit zu dritt rüstet.

Wer meint, sein Kind sei nicht klug genug, soll sich einfach mal an die eigene Schulzeit samt Zeugnissen erinnern. „Rechtschreibung war früher nicht mein Ding“, gibt Mutter Sabine gerne zu. Frank Stockhorst erinnert sich daran, dass er nicht immer das gemacht hat, was Aufgabenstellung war. Als in seiner Klasse Puppen gewickelt und gepudert werden sollten, hat Lillys Papa die Puderdose genommen und es auf die Schreibtische schneien lassen.

Lillys Bild ist fertig. Eine Sonne mit langen Wimpern scheint auf lachende Blumen. Lilly rennt in den Garten und hüpft mit ihrem Bruder Finn auf dem Trampolin. Der Schreibtisch hat ausgedient. Bis Donnerstag.