Köln. . 2012 bekam Manuela Stutzer ihre Kündigung - die Schlecker-Läden machten dicht. Zahllose Bewerbungen folgten, alle blieben erfolglos. Dann kam ihr die Idee, sich selbstständig zu machen. Gesagt, getan. Nun hat sie in Köln sogar schon einen zweiten Laden eröffnet.

Man nannte sie die „Schlecker-Frauen“ und der Begriff hatte durchaus Chancen, zum Unwort des Jahres 2012 gekürt zu werden. Er stand für Pleite, Verlust und Arbeitslosigkeit, für ein hoffnungsloses Heer von Frauen in den Fünfzigern.

Eine von ihnen war die Kölnerin Manuela Stutzer. Eine Frau, die sich nicht unterkriegen ließ und in einer früheren Schlecker-Filiale ihre eigene Drogerie eröffnete. Aus einer wurden nun zwei. Die Geschichte einer unfreiwilligen Unternehmerin.

Um es vorwegzunehmen: Da steht keine, die jetzt arbeiten lässt. Keine, die strahlend ihre Bilanzen präsentiert. Manuela Stutzer ist mehr denn je eine hart arbeitende Frau. „Früher“, sagt sie, wenn sie über ihre Zeit bei Schlecker spricht, „ging ich arbeiten, und das Geld kam. Als Selbstständige muss man immer da sein, neue Ideen haben, nach vorne gucken“. Zehn Monate gibt es ihre Drogerie „Em und Es“ inzwischen. Zehn Monate, in denen Feierabend, Wochenende und Urlaub nicht mehr ernsthaft mit ihrer Realität zu tun haben.

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Ein Tante-Emma-Laden im besten Sinne

Ihr kleiner Laden an der Chorbuschstraße in Köln-Esch hat sich in dieser Zeit entwickelt. Man sieht es sofort. Die Regale sind voller geworden, haben das Provisorische der ersten Tage verloren. Es gibt neue Kühlschränke mit Getränken, Spielsachen für Kleinkinder und Vier-Minuten-Terrinen für die schnelle Mahlzeit zwischendurch.

Esch, dieser immer noch dörflich wirkende Stadtteil im Norden der Großstadt, das hatte die 50-Jährige richtig erkannt, brauchte so etwas wie einen Schlecker. Die Menschen, die hier leben, sind meist älter, die Wege in die Einkaufszentren weit.

Ein Tante-Emma-Laden im besten Sinne also. Einer, in dem die Kundinnen mit Namen begrüßt werden und manch einer sogar mit freundschaftlicher Umarmung. Staunend waren sie in den ersten Tagen zu Manuela Stutzer und ihrem Geschäftspartner Addi Mahlberg (63) gekommen, hatten gelobt, „wie hell, wie freundlich und sauber“ doch alles geworden sei. Und bis heute sind sie froh, „mal eben um die Ecke die nötigen Dinge des Alltags zu bekommen“, sagt Mahlberg.

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Auch einen Online-Shop gibt es jetzt

Auch Mahlbergs Frau verlor im Frühjahr 2012 ihren Job bei Schlecker. Nachdem Manuela Stutzer vergeblich Hilfe beim Arbeitsamt gesucht hatte, nachdem sie auf unzählige Bewerbungen oft nicht einmal eine Antwort erhielt, machten sich die beiden zusammen selbstständig. Doch die Übernahme der Schlecker-Filiale war nur ein erster Schritt. Inzwischen haben sie einen Online-Shop gegründet und einen weiteren Laden in einem Johanniter-Altenheim.

„Dort gibt es viele Apartments, in denen sich ältere Menschen noch selbst versorgen. Die fanden unsere Idee sofort supertoll“, sagt Manuela Stutzer. Eigentlich wollten sie dort ihr übliches Sortiment anbieten. Doch auch die Nachfrage nach Obst, Brot, Eiern ist groß, der Weg zum Supermarkt zu unbequem. Also liefern Stutzer und Mahlberg auf Bestellung. Und längst steht die Anfrage der Johanniter im Raum, ob man sich Ähnliches in zwei weiteren Häusern vorstellen könne.

Gründung mit Erspartem statt mit Förderung

Das alles klingt nach einer Erfolgsgeschichte, ist auch eine. Aber eine, die ganz offensichtlich Kraft kostet. „Es läuft!“, sagt Manuela Stutzer. „Aber es könnte besser sein.“ Schlaflose Nächte hat sie viele gehabt, schließlich ist das Unternehmen ohne Gründer-Kredit finanziert. 55.000 Euro Erspartes haben Stutzer und Mahlberg in ihre Zukunft investiert. Denn eine andere bot sich ihnen nicht.

Also heißt es, langfristig zu denken, optimistisch zu bleiben. Eben weitermachen. Handzettel mit Angeboten in die Briefkästen der Nachbarn werfen, vielleicht das Auto mit Werbung bekleben und, und, und. Manuela Stutzer: „Früher, bei Schlecker, schloss man abends einfach ab.“ Dennoch, bereut hat sie ihre Entscheidung nie.